Star Trek: Die verlorenen Jahre
Was nach der ersten Fünfjahresmission geschehen ist Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 09 Dezember 2013
 
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Titel: "Star Trek: Die verlorenen Jahre"
Originaltitel: "Star Trek: The Lost Years"
Bewertung:
Autorin: J.M. Dillard
Übersetzung: Andreas Brandhorts
Umfang: 400 Seiten
Verlag: Heyne
Veröffentlicht: 1992 (D) bzw. 1989 (USA)
ISBN: 978-3-45305-389-2
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Nach dem Ende der ersten Fünfjahresmission unter dem Kommando von James T. Kirk kehrt die U.S.S. Enterprise zur Erde zurück, wo sie einer mindestens einjährigen Umrüstung unterzogen wird. Nach einem sechsmonatigen Urlaub zerstreut sich die Crew dann schließlich auf viele verschiedene Orte und Posten. Spock, davon enttäuscht dass Kirk die Beförderung zum Admiral angenommen hat – hätte er es doch vorgezogen, auch weiterhin als sein erster Offizier tätig zu sein und mit ihm die Erforschung des Weltalls fortzusetzen – hat eine Lehrstelle an der vulkanischen Akademie angenommen. McCoy ist in seinem Urlaub auf den Planeten Yonada zurückgekehrt, wo er jedoch eine Enttäuschung erleben musste. Während er überlegt wohin er sich als nächstes begeben will, beschließt er Spock auf Vulkan einen Besuch abzustatten. Und James T. Kirk hat sich von Flottenadmiral Nogura davon überzeugen lassen, die Beförderung zum Admiral zu akzeptieren. Dafür wartet auf ihn statt eines Schreibtischjobs vielmehr eine neue, interessante Herausforderung, soll er doch zusammen mit Admiral Ciana eine neu gegründete diplomatische Abteilung leiten, die akute diplomatische Missionen im gesamten Gebiet der Föderation übernimmt. Doch noch während der Vorbereitungen ihrer ersten Mission werden Botschafter Sarek und Lt. Uhura entführt. Während Kirk und Ciana in Verhandlungen mit den Djanai treten, kommt es auch auf dem Vulkan zu einem Zwischenfall, als ein Vulkanier das Katra eines Rebellen aus der Zeit von Surak befreit…

Review: Heutzutage sind Romane, welche die aus den Serien und Filmen bekannten Geschichten weitererzählen und damit die Kontinuität des "Star Trek"-Universums erweitern, ja gang und gebe. Vor allem in den letzten Jahren sind sie zum Standard geworden, und gibt es im Gegensatz eigentlich kaum mehr unabhängige Geschichten. In den Frühzeiten der literarischen "Star Trek"-Unterhaltung war es jedoch genau umgekehrt. Ursprünglich erzählten die Romane und Comics von den Serien losgelöste Geschichten – so als wären es einfach weitere, unabhängige Episoden. "Die verlorenen Jahre" war einer der ersten Versuche, innerhalb der literarischen "Star Trek"-Welt Lücken zwischen den Serien und Filmen zu schließen. So ist der Roman der erste Teil einer Trilogie, die sich mit der Zeit zwischen dem Ende der ersten Fünfjahresmission der U.S.S. Enterprise unter dem Kommando von Captain James T. Kirk und dem ersten Leinwandabenteuer "Star Trek – Der Film" befasst. Als Autorin wurde J.M. Dillard ausgewählt, die sowohl als auch danach zahlreiche Romane zur Serie sowie auch die Romanfassungen einiger Filme geschrieben hat. "Die verlorenen Jahre" hat mich allerdings trotz – oder vielmehr wegen – des vorhandenen Potentials doch eher enttäuscht.

Das begann schon auf den ersten Seiten. Die Beschreibung der Rückkehr der Enterprise, und insbesondere die Interaktionen zwischen den Figuren, fand ich irgendwie wenig überzeugend. Eine Schwäche, die sich in weiterer Folge noch verstärken sollte. Vor allem Spock, der wie eine beleidigte Leberwurst auf Kirks Entscheidung reagiert, stieß mir hier sauer auf. Kirks Entscheidung selbst war hingegen durchaus nachvollziehbar. Etwas schade fand ich auch den großen Zeitsprung nach ca. einem Drittel des Romans. Das halbe Jahr Urlaub – inklusive McCoys Erlebnissen auf Yonada – wird völlig übersprungen, und uns nur in kurzen Rückblenden bzw. in den Erzählungen bzw. Gedanken von den Figuren ansatzweise geschildert. Etwas schräg fand ich auch, Riley plötzlich praktisch als Sekretär von Admiral Kirk zu sehen. Danach teilt sich die Handlung im Wesentlichen in zwei Stränge, die dann zum Ende hin wieder zusammengeführt werden – was ich wiederum auch sehr konstruiert und unglaubwürdig fand. Immerhin ist die Galaxie groß; dass es den Vulkanier just auf diese Basis der Romulaner verschlägt, war mir ein etwas zu großer Zufall.

Die Handlung rund um die Entführung von Sarek und Uhura, sowie die Verhandlungen mit den Djanai konnte mir insgesamt an "Die verlorenen Jahre" noch am besten gefallen. Umso kritischer sehe ich aber leider alles rund um den Vulkanier, der das Katra von Zakal stiehlt. All dies war mir irgendwie für "Star Trek" sehr untypisch und wollte für mich nicht so recht hineinpassen. Dass die Vulkanier sein Katra überhaupt bewahren würden, warum Sekar ihn befreien sollte, vor allem aber Katras Fähigkeiten, allein mit Gedankenkraft zu töten oder auch einen Sandsturm in einem Raumschiff auszulösen. Das war mir viel zu phantastisch, als dass ich das noch hätte ernst nehmen können. Den großen Vogel der Galaxis schoss aber Dwens Weissagung ab. Als sie ihre Tarotkarten gelegt hat, musste ich kurz nochmal auf den Umschlag schauen und mich vergewissern, ob ich eh noch bei "Star Trek" bin, oder vielleicht zwischendurch versehentlich das Buch gewechselt hätte. Nun mal ehrlich… das wollte mir zu "Star Trek" einfach überhaupt nicht passen; da hatte ich unweigerlich das wohlbekannte Bild des facepalmenden Picards im Kopf. Mir war das jedenfalls entschieden zu dämlich.

Überhaupt muss ich Dwen leider zu den Schwächen des Romans zählen, erinnerte mich ihre Figur doch an Fanfiction, genauer gesagt die "Mary Sue"-Strömung, in der eine bislang unbekannte Figur mit den bekannten Helden in Kontakt tritt, und oftmals auch mit einem von ihnen romantisch involviert ist. Bei "Die verlorenen Jahre" geht J.M. Dillard sogar noch einen Schritt weiter und lässt Dwen am Ende alle retten. Spätestens hier konnte ich mich des Eindrucks, der Roman wäre eher von einem Fangirl als einer gestandenen Autorin verfasst worden, nicht mehr erwehren. Ich kann zwar den Gedanken dahinter anerkennen – waren starke weibliche Figuren die essentiell zum Plot beitrugen anno dazumal bei "Star Trek" noch eher Mangelware. Aber ganz ehrlich, so übers Ziel hinausschießen hätte sie auch wieder nicht müssen. Immerhin ist "Die verlorenen Jahre" kompetent geschrieben, und bewegt sich die Handlung recht flott voran, so dass immerhin – wenn ich mich auch das eine oder andere Mal während des Lesens ärgern musste – wenigstens nie Langeweile aufkam. Daran, dass ich mit der hier erzählten Geschichte nicht wirklich viel anfangen konnte, ändert das aber natürlich auch nichts.

Fazit: Von "Die verlorenen Jahre" hatte ich mir viel versprochen – und wurde überwiegend doch enttäuscht. Vieles an der Interaktion zwischen Kirk, Spock und McCoy schien mir konstruiert und unglaubwürdig zu sein. Während die Handlung rund um die Djanai noch halbwegs überzeugt hat, fand ich alles rund um das Katra von Zakal sehr "Star Trek"-untypisch. Dass die Vulkanier früher über derart starke telepathische verfügt haben sollen, dass sie andere Menschen allein mit ihren Gedanken töten konnten und selbst im Innern eines Raumschiffs wie aus dem nichts einen Sandsturm erscheinen lassen können, wirkte auf mich sehr unglaubwürdig. Zumal sich J.M. Dillard hier mit seinen gesteigerten Fähigkeiten in eine Sackgasse schreibt, mit der sie sich dann wiederum nur mit einem nicht minder konstruiert wirkenden Gegenpol herausmanövrieren kann. Eben dieser Gegenpol lautet Dwen, und ist die offensichtlichste Verwendung des "Mary Sue"-Prinzip dass mir bislang abseits der Fanfiction untergekommen ist. Und spätestens wenn sie mit ihren präkognitiven Fähigkeiten anfängt und beginnt, Spock und McCoy Tarotkarten zu legen, wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Immerhin ist "Die verlorenen Jahre" soweit ganz ordentlich geschrieben. Auch kam nie Langeweile auf, und es gab zwischendurch immer wieder auf gelungene Momente. Im Gesamtpaket hat mich dieser erste Teil einer Trilogie aber leider nur bedingt überzeugt.
Christian Siegel

Bewertung: 2/5 Punkten


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