Silver Linings
RomCom mit außergewöhnlichen Elementen Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 22 Februar 2013
 
Oscar-SPECiAL

Silver Linings
(Silver Linings Playbook, USA 2012)
 
Silver Linings
Bewertung:
Studio/Verleih: Mirage Enterprises/Senator Filmverleih
Regie: David O. Russell
Produzenten: U.a. Bruce Cohen, Donna Gigliotti & Jonathan Gordon
Drehbuch: David O. Russell, nach dem Roman von Matthew Quick
Filmmusik: Danny Elfman
Kamera: Masanobu Takayanagi
Schnitt: Jay Cassidy & Crispin Struthers
Genre: Komödie/Romanze/Drama
Kinostart Deutschland: 03. Januar 2013
Kinostart USA: 16. November 2012
Laufzeit: 122 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: Soundtrack, Romanvorlage
Mit: Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Jackie Weaver, Chris Tucker, Anupam Kher, Julia Stiles, John Ortiz, Shea Whigham, Brea Bee u.a.


Kurzinhalt: Pat ist manisch-depressiv. Nachdem er jenen Mann, der mit seiner Frau eine Affäre hatte, krankenhausreif geschlagen hat, wurde er in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert, nun darf er diese wieder Verlassen – wenn auch gegen den Rat seiner Ärzte. Er zieht ins Haus seiner Eltern zurück, und geht regelmäßig zur Therapie, um seine Aggressionen unter Kontrolle zu bekommen. Er möchte Nikki unbedingt beweisen, dass er sich geändert hat, und gemeinsam mit ihr ein neues Leben beginnen. Diese hat jedoch nach dem Vorfall eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt, laut der er sich ihr nicht nähern und auch keinen Kontakt zu ihr aufnehmen darf. Als er seinen besten Freund und dessen Frau besucht, und dort ihre jüngere Schwester Tiffany kennenlernt, scheint sich für ihn aber doch noch eine Möglichkeit zu ergeben, mit Nikki in Kontakt zu treten. Tiffany bietet ihm an, Briefe von ihm an seine Frau weiterleiten, dafür müsse er jedoch auch etwas für sie tun: Pat soll zusammen mit ihr an einem Tanzwettbewerb teilnehmen…

Review: Tiffany schlägt Pat einen Handel vor: Hilfst du mir, helfe ich dir."Silver Linings" gelang es als erstem Film seit "Reds" 1981, Oscar-Nominierungen in allen vier Darsteller-Kategorien auf sich zu verbuchen – und das meines Erachtens durchaus zu Recht, spiegeln die Nominierungen doch damit treffend wieder, wo die größte Stärke des Films liegt. Bradley Cooper zeigt nicht einfach nur die bisher beste Leistung seiner Schauspiel-Karriere, sondern eine Performance, die ich ihm offen gestanden nicht zugetraut hätte. Vermutlich auch deshalb gelingt es ihm, besonders positiv aufzufallen. Jennifer Lawrence hat es da schon schwerer – nach ihren phantastischen Leistungen in "Winter's Bone", "Die Tribute von Panem" usw., wo sie sich als eines der vielversprechendsten Jungtalente Hollywoods offenbarte, erwartet man von ihr nichts anderes mehr, als eine großartige Performance – einer Erwartungshaltung, der sie jedoch zum wiederholten Mal absolut gerecht wird. Tiffany unterscheidet sich dabei teilweise stark von ihren bisherigen Rollen, und beweist somit ihre Wandlungsfähigkeit.

Doch es sind nicht nur die Hauptdarsteller – auch in den Nebenrollen findet sich das eine oder andere Highlight. Robert De Niro, der zuletzt allzu oft durch seine Filme schlafzuwandeln schien, zeigt in "Silver Linings" seine beste Leistung seit Jahren, und auch Jacki Weaver kann – wenn ihre Rolle auch nicht ganz so groß und/oder auffällig ist – gefallen. Besonders überrascht war ich aber von Chris Tucker, der in den 15 Jahren zuvor nur in den drei "Rush Hour"-Filmen zu sehen war, und hier ebenfalls zu gefallen weiß. Auch von der Besetzung und den schauspielerischen Leistungen abgesehen hebt sich "Silver Linings" durchaus vom üblichen Einheitsbrei bzw. der Genre-Durchschnittskost ab. Dies verdankt er in erster Linie den beiden Hauptfiguren, die deutlich problemgebeutelter sind, als man das von Protagonisten dieses Genres gewohnt ist. Den ganzen Film über kämpft Pat darum, seine psychische Krankheit – und damit auch sein Leben – wieder in den Griff zu bekommen. Dabei scheut David O. Russell auch nicht davor zurück, uns an dem einen oder anderen Rückschlag teilhaben zu lassen, und uns die Auswirkungen einer manisch-depressiven Krankheit zu zeigen. Vor allem eine Szene auf dem Dachboden des Elternhauses empfand ich als überraschend drastisch. Und trotz dieser Szenen gelingt es David O. Russell und Bradley Cooper, uns Pat sympathisch zu machen, so dass wir mit ihm mitfiebern. Und auch wenn sie lange Zeit über wie die deutlich stabilere Figur der beiden wirkt, hat auch Tiffany einiges zu überwinden. Jedenfalls legt "Silver Linings" den Hauptfiguren deutlich größere Steine auf dem Weg zu einem möglichen Happy End auf den Weg, als man das innerhalb des Genres gewohnt ist. Doch wie wir alle wissen: Je schwieriger die Aufgabe, desto befriedigender deren Bewältigung. Und so ist das Ende dann auch gerade wegen der Probleme die es zu überwinden galt besonders berührend, erfüllend und erhebend.

Pat's Eltern sind zu Beginn von Tiffany nicht unbedingt begeistert.Womit wir allerdings bei einem wesentlichen Punkt wären, der dafür sorgt, dass ich "Silver Linings" nicht ganz so in höchsten Tönen loben kann wie andere. Denn trotz der problemgebeutelten Figuren ist und bleibt der Film in erster Linie eine romantische Komödie – mit allem, was damit einhergeht. Bedeutet auch: Von Anfang an ist klar, wie die Geschichte ausgehen wird. Von wegen "Ich helfe dir dabei, deine Frau zurückzugewinnen" – gerade auch dieses Plotkonstrukt halte ich innerhalb des Genres für etwas verbraucht. Dass ich "Silver Linings" nicht ganz in den Genre-Olymp heben kann, und aus den letzten Jahren z.B. "In Search of a Midnight Kiss" und/oder "Forgetting Sarah Marshall" als deutlich stärker einschätzen würde, liegt auch daran, dass der Film zwar durchaus originell sein mag und über einige innerhalb des Genres außergewöhnliche Elemente verfügt – sich jedoch meines Erachtens beim Unterhaltungswert dafür die eine oder andere Schwäche offenbart. Kurz gesagt: Ich fand "Silver Linings" insgesamt nicht witzig genug, als dass mich der Film durchgängig hätte gut unterhalten können.

Der letzte wesentliche Kritikpunkt ist aber Tiffanys Verhalten, welches im Film eigentlich nie näher thematisiert wird. So schließt sie mit Pat einen Pakt – hält sich dann aber nicht daran. Für mich wirkt es so, als würde sie aus rein egoistischen Motiven handeln, als ginge es ihr nur darum, an diesem Tanzwettbewerb teilnehmen zu können. Wenn sie dafür Pat ausnutzen muss, soll es halt so sein. Gerade auch angesichts seiner emotionalen Instabilität halte ich ihr Verhalten für fahrlässig. Von der Tatsache, dass sie Pats Vater nicht nur nicht davon abhält, sondern ihn richtiggehend dazu anstiftet, mit einer Wette die den Tanzwettbewerb mit einschließt sein ganzes Vermögen aufs Spiel zu setzen, ganz zu schweigen. Was wäre wohl passiert, wenn sie das Ziel nicht erreicht hätten? Hier wirkt Tiffany ungemein egoistisch. Und nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Mein Problem ist nicht ihr Verhalten an sich. Ich schaue z.B. gerade die vielgepriesene HBO-Serie "Girls", und die strotzt auch nicht gerade vor Figuren, die sich leicht ins Herz schließen lassen, sondern leisten sich vielmehr eine persönliche Schwäche nach der anderen. Was mich an "Silver Linings" aber so stört ist, dass Tiffanys Verhalten zu keinem Zeitpunkt thematisiert wird. Dadurch wirkt es auf mich fast so, als würde David O. Russell darauf hoffen, dem Zuschauer würde Tiffanys rücksichtsloses Verhalten nicht weiter auffallen – da sie ansonsten droht, sämtliche Sympathien bei uns zu verspielen. Wenn man ein einziges Mal ihre Beweggründe für ihr Handeln thematisiert und kritisch hinterfragt hätte, wäre dieser Kritikpunkt ausgeräumt gewesen. Aber so fand ich es einfach nur seltsam, störend und nicht nachvollziehbar, dass niemand zu bemerken scheint, wie egoistisch Tiffany hier agiert – und dabei das psychische und finanzielle Wohlergehen einer ohnehin schon problemgebeutelten Familie aufs Spiel setzt. Jedenfalls wünschte ich, man wäre mit dieser Problematik anders umgegangen.

Fazit: Bradley Cooper und Jennifer Lawrence tragen mit ihren tollen schauspielerischen Leistungen den Film."Silver Linings" ist eine überdurchschnittliche und überwiegend gelungene romantische Komödie, die vor allem dank jener Elemente überzeugt, die sich vom Genre-Einheitsbrei abheben. Hier ist vor allem der manisch-depressive Pat zu nennen, dessen psychische Probleme nicht beschönigt werden. Auch Tiffany ist eine problemgebeutelte Figur. Aufgrund ihrer Schwierigkeiten, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, fiebert man doch stärker mit, als das bei romantischen Komödien sonst üblich ist; sie scheinen sich aufgrund der Hindernisse, die sie überwinden müssen, um glücklich zu werden, das Happy End mehr zu verdienen als so manch andere. Was vor allem auch besticht, sind die schauspielerischen Leistungen. Jennifer Lawrence ist erneut grandios, vor allem aber war es Bradley Cooper, der mich mit einer bestechenden Leistung, die ich ihm so nicht zugetraut hätte, positiv überrascht hat. Auch unter den Nebendarstellern finden sich einige Highlights, allen voran Robert De Niro. Dass ich "Silver Linings" trotz dieser Stärken nicht ganz in den Genre-Olymp heben kann, liegt daran, dass es für eine romantische Komödie für meinen Geschmack etwas zu wenig zu lachen gibt, sowie an der Tatsache, dass Tiffanys manipulatives Verhalten nie thematisiert wird. Davon abgesehen hebt er sich aber angenehm und wohltuend von der Masse der romantischen Komödien ab.

Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2013 Senator Filmverleih)


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Weiterführende Links:
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