Beasts of the Southern Wild |
Bezauberndes, lebensbejahendes Independent-Kino
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Montag, 24 Dezember 2012 |
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Kurzinhalt: Die sechsjährige Hushpuppy lebt mit ihrem Vater im "Bathtub". Während sich die meisten Menschen in von Staudämmen geschützte Städte zurückgezogen haben, um die durch das Schmelzen der Eiskappen drohende Flutwelle zu überstehen, denken die Bewohner des Mississippi-Deltas gar nicht daran, ihr zu Hause zu verlassen. Den durch Überschwemmung drohenden "Weltuntergang" ständig vor Augen, bietet man dem Schicksal die Stirn. Doch für Hushpuppy ziehen dunkle Wolken auf: Ihr Vater ist schwer krank; schon bald wird sie ganz auf sich allein gestellt sein. Den drohenden Tod ihres Vaters vor Augen, macht sie sich auf die Suche nach ihrer verschollenen Mutter, die sie bei einem Licht am Horizont wähnt. Dabei muss sie lernen, sich ihren Ängsten zu stellen, und es zuletzt gar mit Bestien aus grauer Vorzeit aufnehmen… Review: ![]() Ich bin mir sicher, dass wir uns alle an Ereignisse aus unserer Kindheit erinnern können, wo wir – leider – eine oder mehrere dieser Eigenschaften zur Schau gestellt haben. Wo wir uns anderen gegenüber unfair, stur und uneinsichtig verhalten haben, wir unseren Willen unbedingt durchsetzen wollten, und wir mit unseren Worten oder Taten andere verletzt haben. In Filmen sieht man diese Seite der Kindheit – wobei ich nicht behaupten will, dass diese Eigenschaften nur auf Kinder beschränkt wären – so gut wie nie. Schon allein der Mut, eine wirklich realistische und glaubwürdige Kinderfigur auf die Leinwand zu bringen, zeichnet "Beasts of the Southern Wild" aus, und lässt ihn als wohltuende Ausnahme von der Regel hervorstechen. Hushpuppy ist für mich die plausibelste und ehrlichste Kinderfigur seit einer Ewigkeit, wenn nicht vielleicht sogar aller Zeiten. Sowohl Regisseur und Drehbuchautor Benh Zeitlin als auch die junge Darstellerin Quvenzhané Wallis scheuen sich nicht davor, das volle Spektrum des Kind-seins auszuschöpfen, und dabei eben auch die weniger schönen Aspekte nicht auszusparen. Wobei die Kindheit natürlich nicht nur solche negative Eigenschaften hervorbringt, sondern sich an Kindern auch viel Positives finden lässt. Ihre Neugier. Ihre Weltoffenheit. Ihr Optimismus. Sie sehen die Welt mit anderen, unschuldigeren, unvorbelasteten und hoffnungsfrohen Augen. Auch ist ihre Welt eine viel phantasievollere, voller Magie und Wunder. Jedenfalls handelt es sich bei Hushpuppy um eine Figur, die gerade aufgrund der Ehrlichkeit in ihrer Darstellung für mich von Anfang an eine große Faszination ausgeübt hat, und mich in ihren Bann zog. Und doch ist ihr Handeln, aus der beschränkten (und noch einmal: Ich meine das nicht negativ und/oder abwertend) Sichtweise eines Kindes, absolut verständlich und nachvollziehbar. ![]() Auch die Handlung ist wunderbar. "Beasts of the Southern Wild" erzählt eine Geschichte, wie wir sie so bislang noch nicht kennen, und vermischt verschiedenste Elemente, wie die drohende Apokalypse, die Bewohner im Bathtub, die schwere Krankheit von Hushpuppys Vater, wie sie lernen muss schnell und früh erwachsen zu werden, die drohende Gefahr durch die titelspendenden Bestien, und natürlich auch die Suche nach ihrer Mutter, zu einer faszinierenden, packenden und zauberhaften Reise. Dabei erleben wir die Ereignisse steht aus Hushpuppys Sicht, und damit quasi mit ihren Augen. Der gelungene Voice Over-Kommentar lässt uns zudem an ihren Gedanken und Empfindungen teilhaben, und sorgt dafür, dass wir sie besser kennenlernen und uns stärker mit ihr verbunden fühlen. Zugegeben, nach der tollen Introsequenz mag sich die Handlung ein wenig Zeit lassen, um in Schwung zu kommen. Aber vor allem die letzte halbe Stunde war einfach nur phantastisch, und präsentierte zwei wundervolle Szenen, die ich zu den besten (magischen) Momenten des heurigen Kinojahres zähle. (Achtung, Spoiler!) Einerseits das Aufeinandertreffen mit jener Frau, die gut und gerne Hushpuppys Mutter sein könnte – ob sie es wirklich ist, wird jedoch offen gelassen, und bleibt der Interpretation des Zuschauers überlassen. Und andererseits natürlich die Konfrontation mit den titelspendenden Bestien aus grauer Vorzeit. Auch hier bleibt es dem Zuschauer überlassen, das Gesehene frei zu interpretieren. Für mich persönlich habe ich es eher ausgeschlossen, dass diese Biester aus jahrhundertelanger Gefangenschaft im Eis aufgetaut und just zum Bathtub gereist sind, dennoch kann man die Ereignisse durchaus "wortwörtlich" verstehen, wenn man dies will. Sieht man darin – so wie ich – eine Metapher, lässt sich diese ebenfalls auf vielfältige Art und Weise interpretieren. (Spoiler Ende) Auch dies zähle ich zu den ganz großen Stärken des Films. ![]() Fazit: Erfrischend. Das ist das erste Wort, dass mir zu "Beasts of the Southern Wild" eingefallen ist. In einer Zeit, in der man manchmal das Gefühl hat, man muss Originalität im Kinoprogramm mit der Lupe suchen, bringt Benh Zeitlin frischen Wind ins Genre der… ja in welches Genre eigentlich? In Wahrheit lässt sich sein Erstling nicht in typische Genre-Konventionen zwängen. Er ist Drama, Komödie, Coming of Age-Story, Fantasy und Dystopie in einem. Und vor allem eines: Herzerwärmend. Hushpuppy ist nicht nur die ehrlichste und glaubwürdigste Kindheits-Figur, die uns die Filmwelt seit Ewigkeiten beschert hat, sondern auch eine ungemein sympathische Protagonistin, die die Herzen von Kinobesuchern aus der ganzen Welt im vergangenen Jahr völlig zu Recht im Sturm erobert hat. Benh Zeitlin hat hier auf Anhieb ein phantastisches (im wahrsten Sinne des Wortes) Meisterwerk geschaffen, das mich so verzaubern konnte, wie wenig andere Filme im heurigen Jahr. Wenn nur die Wackelkamera nicht wäre, könnte ich "Beasts of the Southern Wild" die Höchstwertung angedeihen lassen. Eine dringende Sehempfehlung, wenn nicht gar -befehl, gibt es aber auch so. Vor allem jene, welche die ewig gleichen Sequels, Blockbuster etc. beklagen und sich ständig beschweren, dass es im Kino nichts originelles mehr spielt, dürfen sich dieses zauberhafte filmische Märchen nicht entgehen lassen. Wertung:9 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2012 MFA Filmdistribution)
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