An der Schwelle des Todes |
Episodennummer: 5x02 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 28. Januar 1998 Erstausstrahlung D: 14. November 1998 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: David Eagle Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Ross Kettle als Ruell, Akiko Ann Morison als Med Tech u.a. Kurzinhalt: Nachdem er an jenem Brivari genippt hat, den Zack eigentlich gerade konfiszieren wollte, bricht Londo zusammen. Vir ist davon überzeugt, dass er vergiftet wurde, doch Doktor Franklin kann trotz des seltsamen Timings des Vorfalls keine Anzeichen dafür erkennen. Vielmehr hat Londo einen Herzinfarkt erlitten, der just das größere seiner beiden Herzen betraf. Ein neues, künstliches Organ ist von Centauri Prime bereits auf dem Weg zur Station, wird jedoch erst in zwei Tagen eintreffen. Doktor Franklin tut alles, was in seiner Macht steht, um den Botschafter und vermeintlich zukünftigen Imperator der Centauri am Leben zu erhalten, doch es kommt der Punkt, an dem es an Londo selbst ist, zu kämpfen. Dieser erlebt im Koma eine Vision, in der er dazu gezwungen ist, sich seinen Taten, und seinen damit einhergehenden Schuldgefühlen zu stellen. Sein Gewissen wird dabei von G'Kar verkörpert. Nur, wenn er es schafft, diesem in die Augen zu sehen, hat er eine Chance, zu überleben. Währenddessen erfährt Delenn, dass Lennier den Entschluss gefasst hat, eine Ausbildung als Ranger anzutreten. Ihr Noch-Attaché bereitet sich daher darauf vor, die Station zu verlassen und nach Minbar zurückzukehren… Denkwürdige Zitate: "Like we say on Earth, three's a crowd." "On Minbar, three is sacred." "I don't think I'm quite ready to handle that one, Delenn." (Delenns böser Blick auf diesen Spruch ist einfach zu köstlich.) "I have dreamed my own death for twenty years, you know? Perhaps it is better to die now. If only to spite fate." (Londo in seinem Traum zu Delenn.) "We're all dying, Londo. Twenty years, fifty years, a hundred years… doesn't matter. What matters is what we do while we're waiting around. How we live out the seconds in-between." (Diese schöne Aussage von Sheridan lässt mich immer an ähnliche Worte von Gandalf zurückdenken.) "You're wrong, Mollari. Whether it was me, or my world, whether it was a total stranger or your worst enemy, you were a witness. It doesn't matter if they'd stop, it doesn't matter if they'd listen, you had an obligation to speak out!" (G'Kar bringt die Grundaussage der Episode auf den Punkt.) "You want to believe you've changed. You want to feel better about yourself. You're not sorry for what you did, you're just sorry you got caught." (G'Kars Vorwurf an Londo in dessen Traum.) Review: Die fünfte Staffel von "Babylon 5" ist bei manchen Fans nicht sonderlich hoch angesehen. Es gibt sogar einige, die sie bei ihren neuerlichen Sichtungen – mit Ausnahme von "Der Weg ins Licht" – generell auslassen. Über die Probleme, vor denen JMS dabei stand, und die sich vor allem auf die erste Hälfte der Staffel nicht gerade positiv auswirkten, bin ich ja bereits im Review zum Season-Auftakt "Der Attentäter" eingegangen. Und auch wenn ich selbst einzelne Folgen und Entwicklungen aus der Staffel ebenfalls recht kritisch sehe, so bin ich insgesamt trotzdem froh, dass wir sie bekommen haben, da wir sonst auf zahlreiche wirklich tolle und wichtige Episoden verzichten müssten. "An der Schwelle des Todes" zähle ich hier dazu. Denn in der vierten Staffel, wo sich JMS hetzen musste, um den Bürgerkrieg rund um die Erde fertig zu erzählen, war keine Zeit mehr, um sich Londos Rehabilitation zu widmen. Diese Episode steht hingegen nun genau in deren Zeichen. JMS hat immer wieder erwähnt, dass Entscheidungen und deren Konsequenzen eine der wichtigsten Thematiken von "Babylon 5" waren – und "An der Schwelle des Todes" ist diesbezüglich ein entscheidendes Puzzlestück. Dass JMS hier als Grundlage eine Art Komatraum – oder wie immer man es nennen will – dient, mögen manche als zweckmäßig empfinden. Ich finde es jedoch überaus effektiv, da es uns erlaubt, quasi einen Ausflug in sein Inneres zu unternehmen, und in seine tiefsten, verborgenen Gedanken und Gefühle. Was dabei vor allem besticht, ist die Inszenierung der betreffenden Traumsequenzen. Natürlich ist das mit der leicht geneigten Kamera ein recht billiger und einfacher Trick, um zu symbolisieren, dass etwas nicht 100%ig in Ordnung ist, und den betreffenden Szenen eine gewisse Surrealität zu verleihen. Ich fand es aber sehr effektiv, und irgendwie auch clever, wie einem dies auf so schlichte Art und Weise vermittelt wurde. Aber auch andere Kameraspielereien wie den scheinbar auf Londo zuschwebenden Vir (wobei man zugegebenermaßen nicht allzu genau hinschauen darf, weil einem sonst auffällt, dass er trippelt), woraufhin sich die Kamera um 90° dreht und uns offenbart, dass beide in Wahrheit stehen, hatten es mir angetan. Am beeindruckendsten war aber zweifellos jene Szene, wo wir sehen, wie Vir durch den vollen Zocalo geht, den Lift betritt, die Kamera sich neigt, Londo hervortritt, und er in den nun völlig verlassenen Zocalo zurückgeht – und das alles in einer Einstellung ohne Schnitt. Aber auch inhaltlich waren Londos Traumsequenzen überwiegend sehr gelungen. Londo muss sich hier seinen früheren Taten stellen, wobei mir besonders gut gefällt, dass es weniger um das geht, was er getan hat, als was, was er nicht getan hat. Nämlich, nichts gesagt zu haben, als Refa mit der Flotte loszog, um Narn zu bombardieren, oder als Cartagia G'Kar ausgepeitscht hat. Noch mehr als um das Übel, welches wir selbst anrichten, geht es um jenes Übel, dass wir durch unser Stillschweigen dulden und damit unwidersprochen zulassen. Traurig eigentlich, dass diese Aussage heutzutage zeitgemäßer wirkt, als vor knapp 20 Jahren. Mein einziger Kritikpunkt an der Londo-Handlung ist die Szene, wo er quasi in G'Kars Schuhe schlüpft, und an seiner statt ausgepeitscht wird. Andreas Katsulas spielte den G'Kar-Cartagia zwar genüsslich, aber hier wurde mir der (Mit-)täter zu sehr zum Opfer. Das fand ich von der Symbolik her nicht ganz so gelungen. Davon abgesehen war alles rund um seine Vision aber sehr gut, sowohl inhaltlich, als auch darstellerisch (Peter Jurasik zeigt hier wirklich eine phantastische Leistung) und eben vor allem inszenatorisch. In der Nebenhandlung bereitet sich Lennier darauf vor, die Station zu verlassen. Dieser komplette Handlungsstrang lebt in erster Linie von Lenniers unausgesprochener Liebe gegenüber Delenn, die dennoch für alle spürbar und offensichtlich ist. Etwas überrascht hat mich dabei allerdings schon, dass mittlerweile selbst Delenn und sogar Sheridan darüber Bescheid zu wissen scheinen. Wann genau ist das passiert? Mir persönlich wäre dies neu, ich dachte bislang eigentlich, dass Delenn seinen Gefühlen gegenüber blind wäre. Zudem war ich persönlich nie der größte Fan von Lennier, weshalb mich sein (vorläufiger) Abschied hier auch nicht so wirklich traf. Wie es mir an den Szenen zwischen den beiden, insbesondere bei der Verabschiedung, generell an emotionaler Wirkung mangelte. Das Highlight dieses Handlungsstrangs war für mich jedenfalls vielmehr die gemeinsame Szene zwischen Lennier und Vir, in der man die Offenbarung aus "Ein Pakt mit dem Teufel", dass sich die beiden scheinbar regelmäßig getroffen haben, um sich gegenseitig ihr Leid zu klagen, wieder aufgreift. Die Szene war einerseits sehr amüsant, schlug dann jedoch ins dramatische über – und bot bei ihrer Umarmung genau jene Emotionalität, die mir im Vergleich dazu bei Lennier & Delenn fehlte. Fazit: "An der Schwelle des Todes" ist vor allem für Londos Entwicklung bzw. Rehabilitation enorm wichtig. Seine Vision während er im Koma liegt zwingt ihn dazu, sich seinen Taten zu stellen, und führt schließlich dazu, dass er G'Kar um Vergebung bittet – ein ungemein bedeutsamer Moment. Darüber hinaus waren die betreffenden Szenen wieder einmal phantastisch geschauspielert, und zudem sehr gut inszeniert. Vor allem jener Moment, wo wir direkt von der Realität in Londos Traumwelt überwechseln, ohne Schnitt, und sich binnen Sekunden der Bazar leert, war sehr beeindruckend. Aber auch davon abgesehen hat "An der Schwelle des Todes" ein paar innovative Kamera-Spielereien und imposante Bilder und Einstellungen zu bieten. Einzig, dass Londo so unmittelbar in G'Kars Rolle schlüpft und an seiner statt ausgepeitscht wird, hat mich von der Symbolik her nicht 100%ig überzeugt. Davon abgesehen war die Haupthandlung aber sehr gelungen, und vor allem auch ein elementares Puzzlestück aus Londos Figurenentwicklung. Im Vergleich dazu fällt alles rund um Lenniers Entscheidung, nach Minbar zu gehen, eher ab. Positiv fand ich vor allem seine gemeinsame Szene mit Vir, sowie die ganzen unausgesprochenen Gefühle, die zwischen ihm und Delenn im Raum schweben. Davon abgesehen fehlte es dieser B-Story aber etwas an emotionaler Wirkung. Insgesamt aber ist "An der Schwelle des Todes" eine tolle Charakterfolge mit vielen guten Momenten. Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "An der Schwelle des Todes" im SpacePub! Vom Skript zur Folge: Im Drehbuch stritt sich Londo zu Beginn statt mit Zack noch mit einem unbenannten "Customs Guard". Interessant ist zudem ein kurzer Austausch zwischen Vir und Lennier, in dem ersterer erwähnt, dass ihm Delenns Attaché nachdem er nach Minbar beordert wurde geholfen hat, und ihm auch die notwendigen Kontakte verschaffte um Narn retten zu können. Dafür fehlt im Drehbuch noch ihre freundschaftliche Umarmung beim Abschied. Bereits enthalten ist jedoch bereits die Regieanweisung, dass Virs Abgang und Londos Gang zum Bazar – dann in der Traumwelt – in einer Einstellung erfolgen soll. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" Stimmen zur Episode: Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire" Kommentare von JMS Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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