Der Attentäter |
Episodennummer: 5x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 21. Januar 1998 Erstausstrahlung D: 07. November 1998 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: Janet Greek Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Robin Atkin Downes als Byron, Joshua Cox als Lt. Corwin, Anthony Crivello als John Clemens, Timothy Eyster als Simon, Mauricio Mendoza als Ranger u.a. Kurzinhalt: Nachdem Susan Ivanova Babylon 5 den Rücken gekehrt hat, übernimmt Captain Elizabeth Lochley das Kommando über die Raumstation. Mit ihrem forschen Auftreten eckt sie schon bald bei der einen oder anderen Person an, und vor allem Michael Garibaldi scheint ihr nicht über den Weg zu trauen. Lochleys erste große Herausforderung steht unmittelbar bevor, nämlich: Sicherstellen, dass John Sheridans Angelobung als Präsident der Interstellaren Allianz reibungslos verläuft. Schon bald verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass es ein Attentäter auf ihn abgesehen hat, und die Angelobungszeremonie dafür verwenden könnte, um sein Werk zu vollenden. Sheridan möchte sich jedoch von diesen Drohungen nicht abschrecken lassen, und zur Überraschung aller stimmt Lochley ihm zu. Neben dem Attentäter und Lochley gibt es aber noch einen weiteren prominenten Neuankömmling auf der Station: Byron, der eine Gruppe abtrünniger Telepathen anführt, und Captain Lochley um Erlaubnis ersucht, auf Babylon 5 eine Kolonie zu gründen. Einer seiner Anhänger, Simon, schnappt dann schließlich zufällig die Pläne des Attentäters auf, und versucht, das Leben von President John Sheridan zu retten… Denkwürdige Zitate: "With all due respect, there's a lot that doesn't fit into a report." "Then the report is incomplete." (Lochleys Logik wäre selbst eines Spock würdig.) "Around here, we don't have to look for trouble. On B5, trouble comes looking for us." (Corwin versucht, den neuen Captain zu warnen.) "We live for the one. We die for the one." "Well, one out of two ain't bad." (Johns schnippischer Kommentar, bevor er den Ranger erschießt.) "On my world, we have learned that in inauguration is simply a signal to assassins that a new target has been set up on the firing range." (Londo über die anstehende Angelobung von President John Sheridan.) Review: Bei der fünften Staffel stand "Babylon 5"-Schöpfer JMS für einigen größeren Herausforderungen. So ging er während der vierten Staffel ja eigentlich davon aus, dass diese auch die letzte sein würde, weshalb er wesentliche Handlungsstränge dort abgeschlossen hat. Statt also wie ursprünglich geplant nach "Das Verhör" – und damit in voller Fahrt – in die letzte Season zu starten, mit dem hochdramatischen Abschluss des Erd-Bürgerkrieges, galt es nun stattdessen, nach der Vollbremsung am Ende von Season 4 den Motor erst wieder in Gang und die Handlung in Fahrt zu bringen. Ein weiteres Problem, dass gerade auch dabei sicherlich alles andere als hilfreich war, ist auch, dass JMS während eines Convention-Besuchs genau zwischen den Staffeln all seine Notizen für Season 5 (die er extra aufgrund des mit der unerwarteten Verlängerung einhergehenden großen Zeitdrucks mit hatte, um auch während der Reise weiterzuarbeiten) verloren hat. Genauer gesagt, diese wurden vom Zimmermädchen weggeworfen. Insofern musste er nun, unter großem Zeitdruck, so rasch als möglich wieder seinen Weg in die Staffel finden. Und das dritte und letzte große Unglück war dann der Ausstieg von Claudia Christian. Letzterer bedeutete nicht nur, dass die fünfte Staffel einen großen dramatischen Handlungsstrang verlor, der gerade auch die erste Hälfte von Season 5 deutlich aufwerten hätte können (ohne zu viel verraten zu wollen, hätte sich eigentlich Ivanova in Byron verlieben und sich nach dem Verlust von Marcus Hals über Kopf in eine Affäre mit ihm stürzen sollen; was den Ausgang der Byron-Geschichte gleich um einiges tragischer gemacht hätte, wäre doch Ivanova als Stationskommandantin dazu gezwungen gewesen, den Mann den sie am meisten hasst – Bester – auf jenen Mann den sie zu lieben gelernt hat – Byron – zu hetzen). Sondern auch, dass damit nun fünf vor zwölf noch eine neue Figur vorgestellt und etabliert werden musste, um die durch Ivanovas Abgang entstandene Lücke zu füllen. Was gerade auch bei einer solch beliebten Figur zugegebenermaßen wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt war – wobei es sich JMS meines Erachtens durch die Art und Weise, wie er die Figur angelegt hat, auch noch einmal zusätzlich (und unnötig) schwer gemacht hat. Denn bei ihrem ersten Auftritt wirkt Lochley nicht einfach nur forsch und entschlossen, sondern doch recht unsympathisch. Gerade auch so Kommentare, wie dass eine hektische Station ein Zeichen für eine schlecht geführte Station sei – womit sie die Arbeit ihrer Vorgänger abwertet – tragen jetzt nicht unbedingt dazu bei, dass man sie als Zuschauer rasch ins Herz schließen würde. Auch damit, dass die uns bekannten und von uns geschätzten Figuren auf sie auch eher zurückhaltend bis ablehnend agieren, hat er sich in meinen Augen keinen Gefallen getan (auch wenn er selbst das anders sehen mag, siehe "Kommentare von JMS"). An Tracy Scoggins liegt es zweifellos nicht, die macht ihre Sache ausgezeichnet. Und in Wahrheit hätte es natürlich jede Figur schwer gehabt, in Ivanovas Fußstapfen zu treten. Dennoch, ihr sehr aggressives und rechthaberisches Auftreten macht mir den Übergang irgendwie immer ganz besonders schwer. Vor allem aber erforderte ihr Einstieg, dass man sich eben auch mit ihr auseinandersetzt und sie vorstellt – was die ohnehin mit Ende der vierten Staffel ins Stocken geratene Handlung nun zusätzlich aufhält. Generell finde ich, dass man JMS rückwirkend betrachtet durchaus anmerkt, dass er gerade auch zu Beginn der fünften Staffel so gestrauchelt ist wie seit dem Start der Serie nicht mehr. Der Attentäter-Plot ist doch eher einfallslos, und erinnert zudem etwas zu sehr an zwei ähnliche Geschichten aus früheren Staffeln, nämlich den Bombenleger aus "Bombenterror" und die Anschläge aus "Ein neuer Anfang". Auf mich persönlich machte gerade auch die Attentäter-Story schon fast einen hilflosen Eindruck, so als wäre JMS in dieser Situation halt ganz einfach nichts Besseres eingefallen. Unter diesem Gesichtspunkt schlägt sich die Story dann genau genommen nicht einmal so schlecht, wobei vor allem das Finale mit der Starfury (und Garibaldi, der sich ohne Raumanzug in eine ebensolche gesetzt hat) gefallen weiß. Davon abgesehen war dieser Teil der Handlung aber zu gewöhnlich, und konnte zudem auch nie so recht Spannung entfalten. Kritisch sehe ich auch alles rund um Byron, der mir damals bei der Erstsichtung schon von Anfang an unsympathisch war. Fast noch schlimmer fand ich hier allerdings Simon; weniger ihn als Figur, als die sehr klischeehafte Story. Natürlich stolpert just er auf einen wichtigen Hinweis zum bevorstehenden Anschlag, und gibt dann schließlich sein Leben, um Sheridan zu retten. Mir war das zu aufgesetzt. Dennoch hat die Episode auch ihre guten Seiten und Momente. So gefiel mir z.B. jene Szene, als Byron alle Geräusche ausblendet, als er sich mit Lochley unterhält. Das war ein wirklich cooler Effekt. Auch alles rund um G'Kar und seine Rede für die Angelobung weiß zu gefallen. Wie er von Sheridan für eben diese Aufgabe rekrutiert wird, sich mit Feuereifer auf diese stürzt, nur um am Ende mitzuerleben, wie ihm gleich zwei Mal durch den Attentäter ein Strich durch die Rechnung gemacht wird – und er Sheridan schließlich in einer wenig eleganten und/oder eloquenten Zeremonie angelobt ("Do you want to be President?" "Yes." "Put your hand on the book and say 'I do'." "I do." "Fine, done. Let's eat."). Generell hatten es mir die Interaktionen zwischen den etablierten Figuren hier wieder einmal angetan, wie z.B. zwischen Michael und Zack. Aber auch Garibaldi und Lochley bekommen ein paar nette Wortgefechte spendiert. Zuletzt noch ein paar Worte zum neuen Intro. Der erste Teil, wo die wichtigsten Ereignisse aus den ersten vier Jahren aufgerollt werden, gefällt mir ja eigentlich noch ganz gut. Generell ist die Sequenz nett zusammengeschnitten und designed. Und ich kann grundsätzlich auch den Wunsch verstehen, den Quasi-Neustart (oder die Wiederbelebung) der Serie auch akustisch durch ein neues musikalisches Thema zu signalisieren. Leider aber finde ich persönlich es schwächer als das frühere Hauptthema der Serie, und generell ist mir persönlich der Unterschied – nach vier Variationen des gleichen Stücks – zu eklatant; fast könnte man sich in einer völlig neuen Serie wähnen. Letztendlich ist das Intro zu Season 5 somit leider mein unliebstes. Fazit: Der Einstieg in die fünfte Staffel gestaltet sich überaus holprig. "Der Attentäter" leidet noch am stärksten darunter, dass die wichtigsten Handlungsstränge zum Ende der vierten Staffel abgeschlossen wurden, da JMS damals noch dachte, es sei die letzte. Dementsprechend muss die Handlung nach dieser Vollbremsung nun erst wieder in Fahrt gebracht werden. Dass es zudem mit Lochley eine neue Figur eingeführt werden muss hilft dabei auch nicht gerade, und verhindert zusätzlich, dass die Handlung so richtig in Schwung kommt. Zumal Lochley gerade auch bei ihrem ersten Auftritt noch sehr energisch auftritt, und dabei nicht unbedingt immer sonderlich sympathisch rüberkommt. Auch den ersten Auftritt von Byron sehe ich eher kritisch, konnte ich doch auch damals schon mit der Figur praktisch von Anfang an nicht wirklich etwas anfangen. Vor allem aber ist der zentrale Attentäter-Plot sehr einfallslos und unoriginell, nicht zuletzt, da wir selbst bei "Babylon 5" so etwas mittlerweile schon des Öfteren hatten. Die netten Interaktionen zwischen den Veteranen sowie der eine oder andere nette Moment zwischendurch mögen zwar, zusammen mit dem dann wieder gelungenen Finale im Beobachtungsdeck, einen gröberen Absturz verhindern. Dennoch ist "Der Attentäter" insgesamt ein sehr durchwachsener Start in die letzte Staffel – was dann allerdings genau genommen auch irgendwie wieder ganz passend ist. Wertung: 2 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "Der Attentäter" im SpacePub! Hintergründe der Produktion: Über Claudia Christians Ausstieg ranken sich Mythen und Legenden. JMS selbst hat Kosh in "Babylon 5" mal die passenden Worte in den Mund gelegt: Verstehen ist ein dreischneidiges Schwert. Deine Seite. Die Seite der Anderen. Und die Wahrheit." Fragt man JMS, ist sie ausgestiegen, bzw. hat ihren Vertrag für die vierte Staffel nicht verlängert, Claudia Christian selbst hat vor allem damals hingegen immer wieder behauptet, gefeuert worden zu sein. Die Wahrheit liegt wohl, wie so oft, irgendwo dazwischen; letztendlich dürfte es sich aber aus einer Verkettung von Missverständnissen und unglücklichen Umständen gehandelt haben. Möglichst kurz zusammengefasst: Da "Babylon 5" ab der fünften Staffel von TNT ausgestrahlt wurde, mussten die Verträge neu verhandelt werden. Die Klauseln der Darsteller sah dabei vor, dass jede Gehaltserhöhung von einem an alle anderen weitergegeben werden muss. Claudia Christians Agent verlangte nun für sie eine eben solche Gehaltserhöhung, zu der TNT nicht bereit war. Die Deadline zur Unterschrift fiel genau mit einer Convention zusammen, weshalb JMS nicht persönlich vor Ort war, um noch schlichtend einzugreifen. Letztendlich verpasste Claudia Christian die Deadline, und TNT waren nicht bereit, nachzuverhandeln. Und so musste die fünfte Staffel leider ohne Captain Susan Ivanova auskommen. Vom Skript zur Folge: Im Drehbuch reden Delenn und Sheridan in einer Art und Weise über Lochley, als wäre sie eher nur eine kurzfristige Vertretung, bis Ivanova zurückkehrt. Scheinbar hatte JMS also beim Erstentwurf des Drehbuchs noch die Hoffnung, dass man sich mit Claudia Christian zumindest auf ein paar Gastauftritte einigen könnte. Zudem meint Sheridan hier noch zu Lochley "Nett, sie kennenzulernen" – ihre persönliche Vergangenheit miteinander war zu diesem Zeitpunkt also scheinbar noch nicht ausgearbeitet. Davon abgesehen sind mir keine nennenswerten Unterschiede aufgefallen. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" Stimmen zur Episode: Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire" Kommentare von JMS Die Krux an der Sache: In Ivanovas Abwesenheit, gab es eigentlich keinen Grund mehr, diese Geschichte zu erzählen, oder wenn man sie schon erzählen musste, dann zumindest nicht auf diese Art und Weise. Ich hätte einen großen, starken, einschüchternden Kerl hineinbringen können der ein stärkeres Gefühl von Gefahr verströmt hätte, was wiederum Lyta stärker angesprochen und ihn als Anführer des Widerstands glaubwürdiger gemacht hätte. Oder ich hätte die Geschichte auch komplett streichen können. Aber nachdem ich Ivanova und die Notizen für die fünfte Staffel verloren hatte, und nachdem das so ziemlich der einzige Handlungsstrang war den ich am Ende des vierten Jahres ziemlich genau in meinem Kopf hatte, klammerte ich mich an diese Geschichte wie ein Ertrinkender an einen Grashalm. Das erste Drehbuch musste unverzüglich geschrieben werden, damit wir den Casting-Prozess starten konnten, und nachdem diese Serie von Ereignissen mal in Gang gebracht wurde, musste ich ihnen bis zu ihrem Ende folgen. Da wir nun aber mit Lochley auch eine neue Figur vorstellen mussten, was es erforderte, ihre Geschichte parallel zu jener von Byron und Lyta zu erzählen, bedeutete dies auch, diese Story länger auszudehnen als ursprünglich geplant. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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