Dungeons & Dragons |
oder: Anleitung zur cineastischen Unzufriedenheit
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Donnerstag, 08 Dezember 2011 |
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Kurzinhalt: Königin Savina möchte in ihrem Reich Izmer weitreichende Reformen durchsetzen: Die Trennung der Gesellschaft in eine adelige Oberschicht aus Zauberern und den Gewöhnlichen, die fast wie Sklaven behandelt werden, soll der Vergangenheit angehören. Dass der Rat der Magier darüber alles andere als erfreut ist, versteht sich wohl von selbst. Einer von ihnen, der dunkle Zauberer Profion, schickt sich an, die Königin von ihrem Thron zu stürzen. Doch diese verfügt über eine mächtige Armee aus Drachen. Um diese zu besiegen, versucht Profion seinerseits, einen mächtigen Stab zu zaubern, mit dem er die Kontrolle über die Drachen übernehmen kann. Als er damit keinen Erfolg hat, richtet sich seine Aufmerksamkeit auf eine alte Karte, aus der der Aufenthaltsort jenes Zauberstabes hervorgehen soll, mit der man die mächtigen roten Drachen rufen und kontrollieren kann. Die junge Zauberin Marina kann – mit zwei Dieben in Schlepptau, die in die Schule der Magie eingebrochen sind – gerade noch so mit der Karte entkommen, ehe sie Profions Schergen in die Hände fällt. Doch diese machen nun gnadenlos Jagd auf sie. Die Gemeinschaft, der sich kurz darauf auch ein Zwerg und eine Elfe anschließen, versucht nun um jeden Preis, den Stab vor Profions Handlangern in die Hände zu bekommen, und so das Königreich zu retten. Review: Ich weiß, bei so einem katastrophalen Machwerk wie "Dungeons & Dragons" würde man sich am liebsten angewidert abwenden, doch ich sage euch, liebe Leser: Schaut ihn euch an. Schaut ganz genau hin! Denn das ist die Art von Filmen, die man den nach Fantasy-Unterhaltung lechzenden Film-Fans, nachdem man sie in den 90ern praktisch hat verhungern lassen, vorgesetzt hat, ehe "Harry Potter" und "Herr der Ringe" angeflogen und –geritten kamen, um uns alle zu erlösen. Erst wenn man "Dungeons & Dragons" gesehen hat, kann man diese beiden Filmreihen erst so richtig schätzen und ihre Leistung anerkennen, und versteht erst, in welcher Krise sich der Fantasy-Film Anfang des neuen Jahrtausends befand. Und auch wenn ich vielen der zahlreichen Nachahmern gegenüber, die versucht haben, insbesondere am "Herr der Ringe"-Erfolg mitzunaschen, eher kritisch eingestellt bin, so waren doch die meisten von ihnen wesentlich besser als das, was man uns unmittelbar vor der Ankunft des Zauberlehrlings sowie des Rings der Macht geboten hat. Das möglicherweise deprimierendste an "Dungeons & Dragons" ist, dass Regisseur und Produzent Courtney Solomon fast 10 Jahre für diesen Film gekämpft hat. Könnt ihr euch das vorstellen? Fast ein ganzes Jahrzehnt eures Lebens in einen Film zu investieren, nur damit dann so etwas dabei herauskommt? Wie traurig. Deshalb möchte ich auch kurz mit dem einzigen positiven Aspekt beginnen, den ich vorzubringen habe: Der Schwertkampf gegen Ende hin war durchaus gut inszeniert, und vor allem der Einfall mit dem Blitzen etc. – da es sich um Zauberschwerter handelte – hat mir gefallen. Ja, es war natürlich in Wahrheit nur eine Abwandlung der Lichtsäbel aus "Star Wars", aber he, es war zumindest hübsch anzusehen, und bot für eine knappe Minute gute Unterhaltung. Beides kann man vom Rest des Films ja leider nicht behaupten. "Dungeons & Dragons" ist wieder einmal einer jener Filme, wo ich gar nicht weiß, wo ich mit meiner Kritik anfangen soll. Nun, da ich ein Mann bin und wir ja bekanntermaßen zuerst auf die Äußerlichkeiten achten, beginnen wir mal bei der Optik. Die visuellen Effekte reichen von schlecht bis unter aller Kritik. Vor allem die Drachen sehen einfach nur grauenhaft aus. Sicherlich die schlechtesten CGI-Kreaturen seit dem "Affen" aus "Lost in Space". Auch die Kostüme können nicht wirklich überzeugen, und reichen von gut geklaut (Königin Savina, die abwechselnd an Amidala aus "Star Wars Episode I – Die dunkel Bedrohung" und Mordred aus "Excalibur" erinnert) über schlecht designt (so ziemlich der Rest bis auf…) bis hin zu überaus peinlich (…Zwerg Elwood, insbesondere aber die "Brust"-Rüstung der Elfe). Das Drehbuch schafft etwas, was ich bis zu "Dungeons & Dragons" nicht für möglich gehalten hätte: Eine langweilige Geschichte über Drachen zu erzählen! Angesichts des Level-artigen Aufbaus könnte man fast meinen, der Film würde auf einem Computerspiel basieren. Man springt von Ort zu Ort und erlebt Mini-Abenteuer, die kein stimmiges Ganzes ergeben wollen. Ein weiterer großer Schwachpunkt sind die Figuren. Ridley Freeborn ist einer der langweiligsten und unauffälligsten Helden der Filmgeschichte, der so ziemlich alle Klischees in sich vereint, und trotzdem keinen Eindruck hinterlässt. Immerhin ist er, im Gegensatz zu seinem "Sidekick" Snails, nicht derart nervtötend, dass man ihm schon nach einer halben Filmminute einen schnellen Tod wünschen würde. Ernsthaft, ich bin ja so einiges gewöhnt, aber Snails ist für mich definitiv einer der nervigsten und unerträglichsten Helden-Kumpanen der Filmgeschichte – wie Ruby Rhod (aus "Das fünfte Element") auf Speed. Na ja, wenigstens konnte er im Gegensatz zu allen anderen Figuren einen Eindruck bei mir hinterlassen – wenn's auch ein katastrophaler war. Keiner der Figuren wird eine überzeugende Motivation mit auf dem Weg gegeben, alle finden sich mehr oder weniger zufällig in der Handlung wieder, wie beliebig zusammengewürfelte Figuren in einem Rollenspiel (uuups). Nur das in jedes "Dungeons & Dragons"-Rollenspiel-Szenario zweifelsohne mehr Überlegungsarbeit und Mühe hineingeflossen ist, als in dieses Drehbuch. Auch die Inszenierung ist einfach nur grauenhaft. Völlig überzogen, und ohne jegliches Gefühl für Spannungsaufbau oder gar so etwas wie Atmosphäre. Absoluter Tiefpunkt ist definitiv (Achtung, Spoiler! – Sofern man bei so einem Film überhaupt etwas verderben kann) der Tod von Snails, der nicht nur deshalb nicht berühren konnte, weil ich die Figur nicht ausstehen konnte; (Spoiler Ende) spätestens bei Ridley's grauenhaftem "Neeeeeeeeeiiiiiiiiiiinnnn" kann man sich ein Lachen – und das bitte schön beim emotionalen Höhepunkt des Films! – einfach nicht verkneifen. Dagegen ist Darth Vader's Urschrei aus "Star Wars Episode III – Die Rache der Sith" ja geradezu dezent. Zuletzt müssen auch noch die Schauspieler in die Pflicht genommen werden. Lieber Jeremy Irons… was zum Teufel hast du dir nur dabei gedacht, dich für so einen Mist verpflichten zu lassen? Nun gut, du bist wahrlich nicht der einzige angesehene Schauspieler, der sich in einem grottigen Film wiederfindet, aber bei manchen davon kann man wenigstens ihre Beweggründe nachvollziehen. Nicholas Cage braucht ja bekanntlich das Geld, und kann daher bei seiner Rollenauswahl nicht allzu wählerisch sein. Andere haben zumindest eine gute Ausrede parat, wie Michael Caine, der bei "Der weiße Hai IV – Die Abrechnung" seinen Urlaub auf den Bahamas genossen hat. Doch was ist mir dir? Welches dunkle Geheimnis kann denn gar so schrecklich sein, dass dich Courtney Solomon zu diesem Auftritt erpressen konnte? Na ja, immerhin hast du es ihm mit einer völlig überzogenen Performance, die an einer Parodie grenzt, ansatzweise wieder heimgezahlt. Allerdings… auch wenn Jeremy Irons hier so schlecht geschauspielert hat, dass man ihm am liebsten seinen Oscar wegnehmen und einschmelzen lassen würde, aber… er hat zumindest geschauspielert! Von den meisten anderen hier kann man das nicht behaupten. Justin Whalin ist einer der uncharismatischsten Helden der Filmgeschichte, Zoe McLellan bringt außer ihrem Aussehen nichts in die Rolle ein, und Marlon Wayans macht eine Rolle, die auf dem Papier wohl schon schlimm genug war, mit seiner nervtötenden Spielweise noch einmal um einiges unerträglicher. Kristen Wilson scheint der Ansicht zu sein, ihre Elfenohren machen die ganze Arbeit für sie, und Bruce Payne versucht verzweifelt, gegen seinen blauen Lippenstift anzukommen – vergeblich. Die einzigen, die dieses Debakel zumindest ansatzweise unbeschadet überstehen, sind Lee Arenberg (auch wenn seine Rolle als Zwerg unglaublich eindimensional ist) und Thora Birch (der man diesen Fehltritt so kurz nach ihrem Auftritt in Sam Mendes Meisterwerk "American Beauty" noch halbwegs verzeihen kann). Fazit: "Dungeons & Dragons" ist der beste Beweis dafür, dass gute Absichten allein einfach nicht genug sind. Courtney Solomon mag jahrelang für dieses Filmprojekt gekämpft haben – im Endeffekt wäre es aber für alle Beteiligten – und auch uns Filmkonsumenten – besser gewesen, wenn er gescheitert wäre. Denn auch wenn er als Produzent – angesichts der Tatsache, dass er es doch tatsächlich geschafft hat, für dieses Drehbuch Investoren und willige SchauspielerInnen gefunden zu haben – durchaus einiges an Talent besitzen dürfte, als Regisseur erweist er sich leider als absolute Fehlbesetzung. "Dungeons & Dragons" fehlt es an jeglicher inszenatorischer Qualität. Null Atmosphäre, ebenso viel (oder wenig) Spannung, und einige unfreiwillig komische Szene, die sich mit den besten schlechtesten Filmmomenten aller Zeiten messen können. Und bei einem Film über Drachen kein einziges imposantes Bild auf die Leinwand zaubern zu können, ist auch ein besonderes Armutszeugnis. Nicht, dass die Schauspieler viel besser wären. In gewisser Weise hat es vielleicht sogar jene noch am besten erwischt, die nicht weiter auffallen – weder positiv noch negativ. Auch wenn es bedauerlich ist, dass dies vor allem für Hauptdarsteller Justin Whalin, der einen der farblosesten, langweiligsten und uncharismatischsten Helden aller Zeiten mimt, sowie die Frau an seiner Seite Zoe McLellan gilt. Jeremy Irons wiederum spielt so, als hätte er mit Nicholas Cage eine Wette laufen, wer das übertriebenere Overacting zur Schau stellen kann (Nic liegt übrigens dank "Face/Off" immer noch in Führung). Einzig Lee Arenberg und Thora Birch überstehen dieses filmische Desaster halbwegs unversehrt und mit intakter Würde. Die Effekte reichen von schlecht bis indiskutabel, und auch bei den Sets, der Austtattung und insbesondere den Kostümen hat man sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert – wobei vor allem die Elfen-Rüstung mit eingebauten Brüsten zum cineastischen Fremdschämen einlädt. Der letzte Nagel im filmischen Sarg ist dann das Drehbuch, dass es gänzlich an Struktur und Spannungsaufbau vermissen lässt, und stattdessen wie ein Sammelsurium verschiedenster Ideen wirkt, die lust- und sinnlos zusammengewürfelt wurden. Dabei schafft man das Kunststück, sowohl zu banal als auch teilweise zu unverständlich zu sein. Leute mit hoher Trash-Toleranz könnten aus "Dungeons & Dragons" – vor allem, wenn viele Freunde und noch mehr Alkohol im Spiel sind – wohl einiges an Unterhaltungswert beziehen. In erster Linie dient er aber wohl als filmisches Mahnmal dafür, das auch der Weg zur cineastischen Hölle manchmal mit guten Absichten gepflastert ist. Wertung:1 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © New Line Cinema)
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