Verlassen |
Episodennummer: 2x06 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 09.11.2005 Erstausstrahlung D: 09.10.2006 (Free-TV, Pro7) Drehbuch: Elizabeth Sarnoff Regie: Adam Davidson Hauptdarsteller: Adewale Akinnuoye-Agbaje als Mr. Eko, Naveen Andrews als Sayid Jarrah, Emilie de Ravin als Claire Littleton, Matthew Fox als Jack Shephard, Jorge Garcia als Hugo „Hurley“ Reyes, Maggie Grace als Shannon Rutherford, Josh Holloway als James „Sawyer“ Ford, Malcolm David Kelley als Walt Lloyd, Daniel Dae Kim als Jin-Soo Kwon, Yunjin Kim als Sun-Hwa Kwon, Evangeline Lilly als Kate Austen, Dominic Monaghan als Charlie Pace, Terry O‘Quinn als John Locke, Harold Perrineau Jr. als Michael Dawson, Michelle Rodriguez als Ana Lucia Cortez, Cynthia Watros als Libby Gastdarsteller: L. Scott Caldwell als Rose Nadler, Sam Anderson als Bernard Nadler, Kimberly Joseph als Cindy Chandler, Ian Somerhalder als Boone Kurzinhalt: Nach einer romantischen Nacht mit Sayid sieht Shannon plötzlich wieder Walt, der mitten in ihrem Zelt steht. Erneut gibt er nur unverständliches von sich, um kurz darauf wieder zu verschwinden. Völlig verstört erzählt sie Sayid von ihrer Begegnung, doch dieser will ihr partout nicht glauben. Enttäuscht zieht sie sich nach einem kurzen Besuch an Boone's Grab in den Wald zurück, um Walt zu suchen. Währenddessen befinden sich Ana-Lucia und die Gruppe der anderen Überlebenden immer noch auf dem mühsamen Weg quer über die Insel, um sich Jack und Co. anzuschließen. Doch der verletzte Sawyer hindert die Gruppe zunehmend daran, vorwärts zu kommen - während die Anderen bedrohlich näher rücken. Kurz bevor sie das Camp erreichen kommt es schließlich zu einer schicksalhaften Begegnung… Die Flashbacks zeigen uns, wie Shannon vom Tod ihres (leiblichen) Vaters erfährt, und danach der Konflikt mit ihrer Stiefmutter zunehmend eskaliert… Review: Mit Shannon hat sich nun also auch der zweite Teil des Rutherfordschen Geschwisterpärchens verabschiedet – und irgendwie fragte ich mich danach, was die Macher eigentlich genau damit bezweckten. Wollten sie uns wieder einmal davon überzeugen, dass bei „Lost“ niemand sicher ist, in dem sie Shannon als Bauernopfer auswählten? Wenn ja, hat das zumindest bei mir insofern nicht funktioniert, als das Shannon – so wie Boone – bisher eine der unwichtigsten Figuren war. Wollte man damit einfach dem Aufeinandertreffen der beiden Gruppen mehr Zündstoff verleihen? Falls ja, wirkt das ganze schon ein wenig konstruiert. Oder wollte man damit gar eine dramatische, bewegende Wendung schaffen, die den Zuschauer schockiert und erschüttert? Falls dies das Ziel war, dann sind die Macher aus meiner Sicht gescheitert. Denn dann hätten sie sich eine andere Figur als Shannon aussuchen müssen. Nun will ich auf der Society-Zicke nicht unnötig rumhacken. Sie hatte schon auch ihre Momente, keine Frage. Trotzdem haben es die Macher bis zu dieser Episode nicht wirklich geschafft, sie mir näher zu bringen. Wann immer etwas passiert ist, dass sie halbwegs sympathisch gemacht hat, wurde dies ziemlich bald durch eine andere Aktion von ihr wieder zunichte gemacht. Man denke nur an Boone’s Tod und ihren nachfolgenden, irrationalen Rachefeldzug gegen Locke. Zugegeben, die Macher taten alles menschenmögliche, um gerade noch rechtzeitig die Kurve zu kratzen, mit tragischen Flashbacks, die einen geradezu dazu zwingen Mitgefühl für sie zu empfinden – was sogar funktioniert hat. Schade nur, dass man dies erst 5 vor 12 gemacht und damit die Vorteile eines Handlungsrahmens negiert hat. Denn wenn man diese Rückblende schon früher gebracht hätte, hätten wir über einen längeren Zeitraum hinweg eine Bindung zu ihr aufbauen können. Und genau das ist ja der Vorteil einer fortlaufenden Handlung: Wir lernen die Figuren kennen und schätzen, sie werden für einen längeren Zeitraum Teil unseres Lebens, und wenn es sie dann erwischt, dann trifft uns das auch entsprechend härter. Jedenfalls wirkten die Flashbacks im Nachhinein betrachtet ziemlich konstruiert und auch manipulativ. Vielleicht wollte man aber auch weniger, dass wir um Shannon trauern, als mit Sayid mitzufühlen? Doch selbst er büßte bei mir angesichts seines Liebesschwurs an Sympathien ein. Denn entweder hat er Shannon eiskalt angelogen, oder er hat seine große Liebe Nadia wirklich schon wieder vergessen. Beides macht ihn nicht unbedingt sympathischer. Wie auch immer: Die große dramatische Wendung am Ende hat bei mir jedenfalls etwas ihre Wirkung verfehlt. Auch der Konflikt zwischen Charlie und Locke erschien mir etwas konstruiert, und hat mich nicht wirklich überzeugt. Das einzige, was "Verlassen" zu retten vermochte, waren die wieder einmal mysteriös-verstörenden Szenen mit Walt, sowie die spannende Handlung rund um die Wanderung der anderen Überlebenden quer über die Insel. Und auch wenn das Ende nur bedingt gewirkt hat, an der wieder einmal hervorragenden Inszenierung lag dies nicht. Und wenn schon sonst nichts, sorgt es immerhin für eine spannende Ausgangssituation für die kommende Episode… Fazit: Wenn du eine der Hauptfiguren in einer hochdramatischen Szene aus der Serie schreibst, willst du natürlich nicht, dass deine Zuschauer dies achselzuckend zur Kenntnis nehmen. Was also tun, wenn die entsprechende Figur bisher etwas stiefmütterlich behandelt wurde und wohl nur wenige Sympathiepunkte gesammelt hat? Man schreibt ihr eine tragische Hintergrundgeschichte auf ihren hübschen Leib und präsentiert sie dem Zuschauer kurz vor ihrem Tod, um ihm so vielleicht doch noch ein Tränchen entlocken zu können - was zumindest bei mir nicht wirklich funktioniert hat und in erster Linie einen verzweifelt-billigen Eindruck hinterließ. Hätte es am Ende der Episode eine andere Figur erwischt, wäre die Wendung mindestens doppelt so bewegend und schockierend ausgefallen. So erschien Shannon's Tod vor allem sehr zweckmäßig und bequem. Dennoch, die Inszenierung dieser dramatischen Wendung war wieder über jeden Zweifel erhaben, und auch das erneute, mysteriöse Auftauchen von Walt sowie die Reise der anderen Überlebenden ins Camp konnten mich überzeugen. Dennoch hinterlässt "Verlassen" angesichts der Tatsache, wie wenig mich Shannon's Tod berühren konnte, einen bitteren Nachgeschmack… Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © ABC)
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