Star Trek V - Am Rande des Universums |
oder: "Wozu braucht Gott ein Raumschiff?"
Kategorie:
Filme -
Autor: Björn Flügel, Christian Siegel - Datum:
Montag, 11 August 2008 |
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Kurzinhalt: Auf Nimbus III, dem "Planeten des galaktischen Friedens", nimmt der geheimnisvolle Vulkanier Sybok die Botschafter der Föderation, der Klingonen und der Romulaner gefangen. Die neue Enterprise unter dem Kommando Captain Kirks wird damit beauftragt, die Geiselnahme zu beenden. Doch Sybok gelingt es, mit seiner Gefolgschaft die Enterprise zu übernehmen, um so sein eigentliches Ziel zu verfolgen: Die Suche nach Sha'Ka'Ree, wo den Mythen zufolge Gott "leben" soll. Review von Björn Flügel: So mythisch die Inhaltsangabe klingt, so mythisch beginnt der mittlerweile 5. Teil der erfolgreichen "Star Trek"-Kinoreihe. Die Szene, in der Sybok mithilfe seiner hypnotischen Fähigkeiten den mittellosen Bauern J'Onn bekehrt, sind grandios und versprechen ein faszinierendes Abenteuer. Auch die folgenden Szenen machen Appetit auf mehr. So verbringen wir einen Landurlaub mit dem legendären Triumvirat Kirk-Spock-McCoy. Es gibt Marschmelonen (Marshmallows), Lagerfeuergesang und reichlich Melancholie. Ohnehin hat der Humor einen recht großen Stellenwert in Star Trek V. So verirren sich ausgerechnet die Navigatoren Sulu und Chekov im Wald; ausgerechnet Scotty, der die Enterprise nach eigenem Bekunden wie seine Westentasche kennt, stößt sich an einem Balken den Kopf; die mittlerweile "gereifte" Uhura tritt als erotische Fata Morgana auf; nur um einige Beispiele zu nennen. Damit folgt der Film der Tradition einiger herausragender TV-Episoden und seinem überaus erfolgreichen Vorgänger "Star Trek IV - Zurück in die Gegenwart". Dass Star Trek mittlerweile selbst zu einem Mythos geworden ist, wird in der Szene sichtbar, in der die Enterprise die große Barriere durchquert: Kirk steht an dem nostalgischen Steuerrad, und die Kamera schwenkt auf die Inschrift: "To boldly go where no man has gone before." Damit wird deutlich, dass man inhaltlich zu den Ursprüngen der TV-Serie zurückkehrt und sich auf das "Star Trek"-eigene Thema, nämlich die Erforschung des Unbekannten, besinnt. Aber trotz einiger Glanzlichter ist der Film der unbestrittene Tiefpunkt der Serie. Das Drama beginnt mit den erbärmlichen Spezialeffekten. Die Szene, in der die Raumfähre in den Hangar kracht, war sicher als große, dramatische Szene gedacht, doch das tricktechnische Ergebnis ist alles andere als spektakulär. Hier wird deutlich, wie fatal sich solche dilettantischen Tricksequenzen auswirken. Die Szenen mit dem Bird of Prey sind geradezu lachhaft, und wenn man voraussetzt, dass Spezialeffekte dazu dienen, einen Film zu illustrieren, muss man in diesem Fall sagen, dass die Spezialeffekte den Film lediglich diskreditieren. Nicht nur, dass sie laienhaft gemacht sind, sie strotzen auch nur vor Einfallslosigkeit. Dass "Gott" als Lichtersäule dargestellt wird, ist schon ziemlich banal. Viel von der Enterprise, dem wohl berühmtesten Raumschiff der Filmgeschichte, gibt es auch nicht zu sehen, wobei die besten Szenen immer noch die sind, die man aus Star trek IV übernommen hat. Weiter geht es mit der bescheidenen Ausstattung. Man erinnere sich an die pompöse Ausstattung der Enterprise im ersten Kinofilm und betrachte diese "neue" Enterprise. Man fragt sich, ob das Schiff nur noch ein kleiner Raumkreuzer ist. Dass man Teile der Innenausstattung aus ST:TNG übernommen hat, ist zwar nicht unbedingt störend, aber man hätte sich zumindest die Mühe machen können, die Sets umzudekorieren. Als Fan stellt man zudem folgende Überlegung an: Zwischen ST V und ST:TNG liegen beinahe 80 Jahre. Ist also die Enterprise-A immens fortschrittlich oder die Enterprise-D immens altmodisch? Die neue Kommandobrücke ist allerdings recht ansehnlich und markiert den (verfrühten) Übergang zu ST:TNG. Positive Erwähnung verdient auch das nostalgische Beobachtungsdeck, das schließlich zum Schauplatz einiger denkwürdiger Szenen wird. Der Soundtrack von Altmeister Jerry Goldsmith ist alles Andere als eine musikalische Offenbarung. Das Intro (inkl. "The Mountain") und das Thema "A Busy Man" sind zwar schön anzuhören, doch vergleicht man das Gesamtwerk mit dem Soundtrack des ersten Films, ist die Enttäuschung groß. Dem Score fehlt es an der Dynamik, die man von Goldsmith (auch in anderen Filmproduktionen) gewohnt ist. Die Story insgesamt - und das ist der Hauptkritikpunkt - l-läuft ab einem gewissen Zeitpunkt völlig aus dem Ruder. Die besten Szenen sind unbestritten die, die das familiäe Verhätnis der Crew in den Mittelpunkt stellen. Begonnen bei den Szenen am Lagerfeuer bis hin zu den Szenen mit Sybok, in denen er unsere Helden mit ihrem Schmerz konfrontiert und Kirk feststellt, er brauche seinen Schmerz um zu wissen, wer er ist. Doch was wird aus der Grundidee - der mystischen Suche nach Gott - gemacht? "Gott" entpuppt sich als verstoßenes, wutschnaubendes Wesen. Wer sich im Star-Trek-Universum auskennt, erkennt sofort die Parallelen zur TNG-Episode "Die schwarze Seele (Skin of Evil)". Hätte man einige metaphysische Betrachtungen in den Plot einbringen können, verläuft die Suche nach Gott höchst bodenständig. Dabei wirkt Sybok eher wie ein fanatischer Sektenführer. Dass er auch noch als Spocks Halbbruder enttarnt wird, erfüllt keinen ersichtlichen Zweck und ist dem Hauptplot eher abträglich. Denn anstatt Gottes Wesen zu hinterfragen, konzentriert man sich fortan lieber auf die vulkanischen Brüder. Hätte man diesbezüglich andere Schwerpunkte gesetzt, hätte der Film insgesamt an Tiefgang gewonnen. Die Suche nach Gott bietet natürlich kaum Gelegenheit, auch noch eine spannende Raumschlacht zu präsentieren, also schrieb man kurzerhand die Klingonen ins Drehbuch. Doch diese handeln höchst klischeehaft, und der "große" Showdown ist nicht nur auf Grund der erbärmlichen Trickeffekte völlig uninteressant. Die Klingonen als Schurken werden lediglich auf einen Gastauftritt reduziert und wirken in keiner Weise bedrohlich. Ohnehin kommt dieser "Konflikt" recht konstruiert herüber. Es ist allzu offensichtlich, dass die Handlung gerade zum Schluss keinem roten Faden mehr folgt und dass das bescheidene Budget zu zahlreichen Improvisationen zwang. Als Kirk von dem klingonischen Bird of Prey gerettet wird, ertappt man sich bei der Frage: "Hä, was soll das denn?". Nachdem Leonard Nimoy (Spock) mit Star Trek III & IV zwei erfolgreiche Beiträge zum Thema Star Trek abgeliefert hatte, nahm hier William Shatner höchstpersönlich Platz auf dem Regiestuhl. Auch wenn kein Kritiker gut auf seine Regiearbeit zu sprechen ist, muss man fairerweise die minimale finanzielle Ausstattung berücksichtigen, die zu zahllosen Änderungen am Originaldrehbuch führten und Shatner kaum die Möglichkeit ließen, das Abenteuer zu inszenieren, das er eigentlich im Sinn hatte. Fazit: Die harsche Kritik an "Star Trek V - Am Rande des Universums" ist durchaus berechtigt, aber trotz allem hat der Film auch seine Stärken. In keinem anderen Star-Trek-Film stehen die familiäre Atmosphäre und der Humor dermaßen im Vordergrund. Der Plot geht über eine gute Science-Fiction-Idee hinaus, und in einigen (wenn auch wenigen) Momenten befasst man sich mit philosophischen und religiösen Grundfragen. Daher ist der Film weit gehaltvoller als manch anderer Vertreter seines Genres. "Star Trek V - Am Rande des Universums" macht trotz aller Schwächen Spaß und ist für mich der sympathischste aller Filme der Reihe. Und dass wohl eines der berühmtesten Zitat der Star-Trek-Filme ("Wozu braucht Gott ein Raumschiff?") gerade hier ausgesprochen wird, zeichnet ihn aus. Wertung:6 von 10 Punkten
Björn Flügel
Review von Christian Siegel: "Am Rande des Universums" wird von nicht wenigen als der schlechteste Star Trek-Film angesehen, und es fällt mir schwer, ihnen dabei zu widersprechen. Dem oftmals dafür gescholtenen William Shatner ist dafür jedoch meines Erachtens kein Vorwurf zu machen – denn er kann für dieses Debakel noch am wenigsten. Ganz im Gegenteil, was Ästhetik und Bildersprache betrifft, würde ich seine Arbeit für "Star Trek V" sogar deutlich über jene von Leonard Nimoy stellen – der mit "Auf der Suche nach Mr. Spock" einen noch schwächeren Film abgeliefert hat, und bei "Star Trek IV" Glück mit dem von vielen geschätzten Drehbuch hatte. Allerdings kann ich mich an keine einzige denkwürdige Einstellung aus seinen Filmen erinnern. Ganz anders William Shatner: Schon allein der Einstieg in der Wüste ist sehr stimmungsvoll, auch den Nationalpark Yosemite nutzt er für einige imposante Bilder, und vor allem die Leere und Weite des "Gottesplaneten" Sha'Ka'Ree vermittelt er wirklich perfekt. Generell ist die Inszenierung durchaus stilvoll und mit einigen guten Momenten. Schon allein der Einfall mit dem Steuerrad und der "To boldy go..."-Beschriftung ist sehr gelungen. Sonst zeigt er seine Stärke vor allem in den ruhigen Szenen, wie z.B. während des Urlaubs in Yosemite (am Lagerfeuer), als Sybok Pille und Spock dazu bringt, sich ihrem Schmerz zu stellen, oder auch beim großen (wenn auch unspektakulären) Finale mit "Gott". Die Actionszenen können allerdings zugegebenermaßen schon deutlich weniger überzeugen (und sind generell äußerst rar gesät) – was jedoch aus meiner Sicht zu einem Großteil auch an einem der größten Probleme des Films liegt; aber dazu später mehr. Interessant ist auch, dass gerade der sonst oftmals als Egomane angesehene William Shatner den Nebenfiguren mehr Zeit auf der Leinwand einräumt, als dies in den anderen Filmen der Fall war. Egal ob Scotty, Uhura, Chekov oder Sulu, jeder hat seinen Moment, in dem er glänzen kann. Lediglich den teilweise etwas plakative Humor (wie Scotty, der gegen eine Strebe läuft) hätte er meines Erachtens eindämmen sollen, davon abgesehen kann ich an seiner Inszenierung nicht wirklich etwas kritisieren. Mit etwas besserem Drehbuch hätte das mit ihm hinter dem Regiestuhl ein toller Film werden können! Womit wir schon bei einer der größten Schwächen des Films wären: Bereits die Drehbücher zu Teil 3 und 4 der Reihe waren aus meiner Sicht nicht so der Hit – aber "Am Rande des Universums" ist ein absoluter Tiefpunkt. Verzweifelt versucht man, eine verworfene Idee zu "Star Trek - Der Film" wieder aufzugreifen und daraus einen ähnlich epischen Film zu machen wie das erste Kinoabenteuer von Kirk & Co., und fällt insgesamt leider ziemlich auf die Nase. Es passiert den ganzen Film über einfach so gut wie nichts. Zuerst haben wir die Star Trek-Crew auf Landurlaub, dann nimmt Sybok Geiseln auf Nimbus III, dann stiehlt er die Enterprise, und schon ist man auf Sha'Ka'ree. Die dort gefangene Kreatur offenbart sich schon bald als falscher Gott – und von einem ziemlich unnötigen Nebenplot rund um einen kampflustigen jungen klingonischen Captain mal abgesehen war's das auch schon. Und trotz einiger guter Szenen zwischendurch und einem der besten Momente der Star Trek-Geschichte ("Wozu braucht Gott ein Raumschiff?") – das war einfach deutlich zu wenig, um durchgehend gute Unterhaltung zu bieten. Ein Grund für das Scheitern von Star Trek V ist aber auch das mickrige Budget. Wo man bei Star Trek I genug Geld hatte, um in zahlreichen imposanten Einstellungen zu schwelgen und durch die lange Fahrt durch die Wolke eine tolle Atmosphäre aufzubauen, ist der Flug durch die angeblich soooo große und bedrohliche Barriere derart unspektakulär, dass es eine Schande ist. Generell sind die Effekte auf einem Niveau, für das sich "Star Trek" eigentlich schämen muss. Vor allem die schlecht ausgeleuchteten Weltraumszenen, die es an jedwedem künstlerischen Anspruch vermissen lassen, sind ein absoluter Graus. Die Modelle werden derart stark (und von allen Seiten) beleuchtet, dass es völlig unnatürlich und einfach nur billig wirkt. Auch die anderen Effekte sind nicht besser; vor allem die Phaserstrahlen sehen extrem schlecht aus. Ernsthaft: Es gibt unzählige Star Trek-Parodien oder auch Fanproduktionen, die mit weitaus besseren Special Effects aufwarten können, als sie "Star Trek V" zur Schau stellt. Last but not least muss auch noch der dümmliche deutsche Titel gescholten werden. Da fliegen Kirk & Co. ins Zentrum unserer Galaxis, und dem deutschen Verleih fällt kein sinnvollerer Titel ein als "Am Rande des Universums"? Mal ganz abgesehen davon, dass dadurch die schöne Anspielung auf den Einleitungssatz der Serie ("Space – the final frontier...") verloren geht, aber... liebe Leute, das ist einfach nur peinlich. Womit sich der deutsche Titel leider perfekt an den Film selbst anpasst... Fazit: Trotz des schwachen und viel zu handlungsarmen Drehbuchs und den billigen Effekten... "Star Trek V" ist kein völliger Reinfall, und aus meiner Sicht Leonard Nimoy's erster Regiearbeit "Auf der Suche nach Mr. Spock" sogar leicht überlegen. Neben Shatner's stilvoller Inszenierung (er macht aus der Handlung und dem mickrigen Budget wirklich was er kann) ist es vor allem das Dreigestirn Kirk, Spock & McCoy, und wie sehr ihre gemeinsame Beziehung in den Mittelpunkt rückt, was "Am Rande des Universums" rettet. Das, und natürlich die guten bis großartigen Momente zwischendurch, wie Kirk's Besteigung von El Capitan, den Szenen am Lagerfeuer, dem nachdenklichen Gespräch am Ende beim Steuerrad, der interessanten Offenbarung über McCoy's Vergangenheit und vor allem die geniale "Wozu braucht Gott ein Raumschiff?"-Szene, die diesen Film gerade noch so zu retten vermögen. Kein Film, den ich unbedingt alle paar Monate mal sehen muss, und den besten Star Trek-Filmen weit unterlegen – aber auch nicht der komplette filmische Reinfall, als der er oftmals gescholten wird... Wertung:5 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Paramount Pictures)
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