A GEEKs LiFE #9: Wie man "Babylon 5"-Fan wird...
Der schmale Grat zwischen Faszination und Fanatismus Kategorie: Kolumnen - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 29 September 2007
 
ImageWas veranlasst jemanden dazu, sich in seiner ohnehin spärlichen Freizeit stundenlang hinzusetzen und zu einer Serie, die bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, Reviews, Produktionsnotizen, Produktübersichten und anderes zu verfassen? Mehrere Stunden auf Ebay zu verbringen, um alle Offiziellen Magazine zusammenzusammeln und auch andere Memorabilia wie Poster oder ein kleines Mini-Comic zu ersteigern? Sich alle Staffeln auf DVD zuzulegen, nur um ein paar Jahre später auch zur Monsterbox zu greifen; und sich neben der amerikanischen The Movies-Box auch die deutschen Einzelveröffentlichungen zuzulegen? Und sich zudem auch alle Soundtrack-CD's, Romane, Comics etc. zu kaufen? Alles mögliche an Hintergrundmaterial zusammenzusammeln und jedes Detail zur Produktion der Serie zu verschlingen? Und nicht zuletzt: Sich die neue DVD extra auf amazon.com zu bestellen, nur um 3 Wochen vor den anderen deutschen Fans in den Genuss des neuesten Abenteuers zu gelangen; und jeden Tag nach der Versandbenachrichtigung zu Hause anzurufen, in der vagen Hoffnung dass die DVD mittlerweile eingetroffen ist? Es ist ein schmaler Grat zwischen Faszination und Fanatismus. Und manchmal bin ich mir nicht mehr so sicher, auf welche Seite ich falle.


Abtauchen in epische Tiefen
Image "Babylon 5" ist nun wahrlich nicht die einzige Serie, zu deren Fan ich mich zähle. Egal ob andere SF-Universen wie natürlich Star Trek, Stargate und Star Wars oder auch Serien ganz anderer Genres wie Akte X, Lost, 24, Boston Legal etc., es gibt viele Serien/Filme, von denen ich mich guten Gewissens als Fan bezeichnen würde. Nichtsdestotrotz nimmt Babylon 5 bei mir definitiv eine Sonderstellung ein. Warum das so ist, habe ich ja teilweise bereits in meinen "Fünf guten Gründen" zu erläutern versucht - habe mich dabei allerdings auf sehr objektive Aspekte konzentriert. Aber was genau hat mich eigentlich so überzeugt und dazu geführt, dass ich so ein großer Fan der Serie wurde?

Nun, die bereits ausführlich besprochene epische Handlung ist sicher einer der Hauptgründe dafür. Bereits als Kind hatte ich ein Faible für solche Geschichten. Wenn ich mit Actionfiguren, Lego oder was auch immer gespielt habe, dann habe ich mir dazu immer eine spannende Geschichte ausgedacht. Als Teenager begann ich dann schließlich, mich der Literatur zuzuwenden, und auch hier habe ich dank Stephen Baxter schon bald meine Vorliebe für große Geschichten entdeckt. Auch heute liegen mir im Fernsehen – wie man ja auch an der Auswahl meiner Lieblingsserien erkennen kann – solche mit fortlaufender Handlung mehr als jene mit recht unabhängigen Einzelgeschichten. Nicht umsonst zählt neben "Babylon 5" die Krimi/Anwaltsserie "Murder One – der Fall Jessica" zu meinen absoluten Favoriten.


Eine ordentliche Portion Science Fiction
Ein weiterer Grund ist sicher, dass ich schon immer eine Vorliebe für das Science Fiction-Genre hatte. Schon als Kind habe ich mir gerne die Original Star Trek-Serie angesehen und die Abenteuer danach mit Freunden nachgespielt. Da wurde schnell mal ein einfacher Stein zu einem Kommunikator umfunktioniert, etc. Auch der Weltraum übte auf mich schon immer eine besondere Faszination aus. An der Schwelle zur Pubertät lechzte ich förmlich nach mehr Science Fiction-Unterhaltung, da die wöchentliche Dosis TNG einfach zu wenig war, um meinen Hunger zu stillen. Selbst rückwirkend betrachtet eher schwache Serien wie "Space Rangers" verschlang ich gierig. Insofern war gleich mein Interesse geweckt, als ich auf Pro Sieben den ersten Trailer zu dieser neuen SF-Serie sah. Babylon 5 hat mich also genau zum richtigen Zeitpunkt erwischt – ich war alt genug, der Serie folgen und die Handlung wertschätzen zu können, und andererseits noch jung genug, um neben der Schule ausreichend Zeit dafür zu finden, sie mir anzusehen.

Und dann waren da noch die computergenerierten Effekte. Ich weiß, vor allem heutzutage werden diese gerne als eine der großen Schwächen von Babylon 5 angesehen, war die Serie doch ein Vorreiter auf diesem Gebiet, was bedeutet, dass die entsprechende Technologie noch nicht so ausgereift war und man zudem noch nicht die Möglichkeiten hatte, die sich heute bieten. Doch damals... ich hatte da schon einen Computer, und auch am PC gefielen mir jene Spiele mit Handlung deutlich besser als reine Ballerspiele (weshalb ich schon immer eher zu Jedi Knight, Half-Life etc. tendierte als zu Quake oder Doom). Als dann schließlich in den PC-Spielen, dank Vorreitern wie Wing Commander etc., Zwischensequenzen immer wichtiger wurden, die natürlich ebenfalls am PC animiert wurden, war ich Feuer und Flamme für diese Sequenzen. Egal ob Command & Conquer, Wing Commander oder Jedi Knight, ich freute mich nach jeder erfolgreichen Mission auf eine neue, für damalige Verhältnisse gut animierte Zwischensequenzen. Dass diese heutzutage – bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. in Adventures – fast vollständig fehlen bzw. nur mehr in Spielegrafik präsentiert werden ist einer der wesentlichen Gründe, warum mich Computerspiele heutzutage nur mehr selten mein Interesse wecken. Die Effekte von Babylon 5 boten nun ebenfalls computergenerierte Grafiken – aber in einer damals noch nicht bekannten Qualität, die selbstverständlich sämtliche Zwischensequenzen aus Computerspielen alt aussehen ließ. Ergo: Auch wenn ich heutzutage etwas anders denke und CGI in Filmen und Serien eher kritisch betrachte, damals trafen diese genau meinen Geschmack und waren für mich eine wesentliche Stärke der Serie.

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Ein zweites Zuhause
Doch es gibt noch einen anderen, wesentlichen und deutlich persönlicheren Grund, warum Babylon 5 in meinem Fanherzen immer einen ganz besonderen Platz einnehmen wird. Mal abgesehen von der langen Pause nach der 3. Staffel, nach der ich ohnehin schon sehnsüchtig auf die Fortsetzung gewartet hatte, überschnitt sich die Rückkehr mit großen persönlichen Problemen, die mir viel Kummer und Sorgen bereitet haben. Keine Sorge, ich habe jetzt nicht vor, euch meine ganze Lebens- und Leidensgeschichte zu erzählen, daher belassen wir es auch schon dabei, ohne näher ins Detail zu gehen. In dieser schweren Zeit bot mir Babylon 5 Woche für Woche Zuflucht. Ich bin mir sicher, dass JMS darüber nicht sehr erfreut sein würde, dass ich seine Serie quasi zur Realitätsflucht missbraucht habe. Und einige werden sich auch insofern darüber wundern, als dass Babylon 5 mit ihrer anspruchsvollen Handlung und den zahlreichen tragischen Ereignissen nicht gerade luftig-lockere Unterhaltung bietet, die eigentlich für eine solche Flucht prädestiniert sein würde.

Für mich war die Serie aber eben gerade aufgrund der komplexen Handlung, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordert hat, sowie den zahlreichen Wendungen genau richtig, um mich von meinen Sorgen abzulenken. Und das nicht nur während ich die aktuelle Folge sah, sondern auch danach, als ich noch über zahlreiche Wendungen nachdachte und überlegt habe, was diese oder jene Andeutung wohl bedeuten mag. Vor allem aber: Dadurch, dass "Babylon 5" eben meine Friede-Freude-Eierkuchen-Welt bot, wirkte sie gerade in solch einer Zeit als ich selbst Probleme hatte realistischer. Dadurch, dass mir die Handlung und die Personen realer erschienen, fiel es mir um so leichter, mitzufiebern und ich fühlte mich der Geschichte viel verbundener. Je mehr ich gefühlsmäßig in die Serie investierte, um so leichter fiel es mir, die Welt um mich herum zu vergessen. In dieser einen Stunde am Samstag Nachmittag war nichts wichtiger als die Serie. Das Telefon konnte läuten wie es wollte, es interessierte mich nicht: Eine Stunde lang wurde ich in eine faszinierte Welt entführt, in eine unheimlich spannende und packende Geschichte, und fühlte mit den Figuren mit, erlebte Höhen und Tiefen – und schließlich den ungemein emotionalen Abschied, der mir aufgrund meiner Verbundenheit zur Serie besonders schwer fiel.


Unvergessliche Momente
ImageIch denke, jeder von uns kann wohl eine Geschichte erzählen, wie er zu seiner Lieblingsserie kam, und warum es gerade ihr so gelang, ihn so in seinen/ihren Bann zu ziehen. Dies war meine. Und auch wenn diese Ereignisse schon wieder Jahre in der Vergangenheit liegen, hat Babylon 5 auf mich bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Immer noch bin ich begeistert von den Figuren, der Geschichte, der Musik etc. - wobei ich gar nicht verhehlen will, dass bei dieser Begeisterung sicher auch ein Hauch von Nostalgie – und auch Dankbarkeit – mitschwingt. "Babylon 5" ist genau zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben getreten, und hat mir über eine sehr schwere Zeit hinweggeholfen und sie etwas erträglicher gemacht. Allein dafür werde ich der Serie und JMS ewig dankbar sein...




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