FollowTheBox #9: Fünf erfrischend gute Gründe...
...für das Weltraum-Epos "Babylon 5" Kategorie: Kolumnen - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 02 August 2007
 

ImageNormalerweise wird diese Kolumne ja eher dazu genutzt, unseren Leserinnen und Lesern Insider-Tipps zu präsentieren. Also solche Inhalte, die einer Vielzahl von ScienceFiction-Fans vielleicht nicht so geläufig sind. Vor 5 Jahren hätte Babylon 5 ebenfalls noch sehr gut in diese Kategorie gepasst, doch die kluge Veröffentlichungsstrategie von Warner Deutschland, welche die DVD-Staffelboxen äußerst billig (ein Star Trek-Staffelset kostete damals 3x so viel) auf den Markt brachten, sowie die Mundpropaganda zahlreicher Fans der ersten Stunde oder auch von den "Bekehrten" – deren Anzahl ständig größer wurde – haben hier Abhilfe geschafft. Mittlerweile ist Babylon 5 eigentlich jedem ScienceFiction-Fan ein Begriff.

Sollte es aber tatsächlich irgendwo da draußen in den Weiten des deutschsprachigen Raums noch ScienceFiction-Fans geben, die von Babylon 5 nichts gehört haben oder es zumindest bisher nicht wert fanden, dem Weltraum-Epos eine faire Chance zu geben, dann seien ihnen nachfolgend – passenderweise – 5 Gründe genannt, warum man diese Serie als Fan des Genres einfach gesehen haben muss:

1.) Die erfrischend andere Zukunftsvision
ImageJa, wir sind ins All vorgedrungen! Doch wir haben dabei all unsere Probleme, Vorurteile und Schwächen mitgenommen. Rassistische Organisationen wie die Homeguard haben es auf Außerirdische abgesehen, auf der Station hat sich auf der unteren Ebene eine Art Ghetto gebildet, und innerhalb der Erdregierung kommt es zu einer folgenschweren Intrige. Viele ScienceFiction-Elemente wie die Telepathie werden hier deutlich düsterer und meines Erachtens auch realistischer dargestellt. Wo Deanna Troi bei Star Trek so viel fühlen darf wie sie will, müssen Telepathen bei Babylon 5 strengen Regeln folgen – und sich zudem zwischen einem Leben im Psi-Corps, unter Drogeneinfluss oder im Gefängnis entscheiden. Alles an Babylon 5 wirkt dreckiger, ehrlicher und irgendwie auch realistischer als in anderen ScieneFiction-Serien der damaligen Zeit.

2.) Der auflockernde Humor
Image Zugegeben, es gibt lustigere Science Fiction-Serien als Babylon 5. Im Gegensatz zu z.B. Stargate wird man hier vergeblich Episoden suchen, die rein nur auf Humor setzen. Nichtsdestotrotz vergisst der Schöpfer J. Michael Straczynski (JMS) bei all den dramatischen Ereignissen auch nicht, gelegentlich den einen oder anderen Lacher einzubauen. Der Humor zeigt sich dabei erstaunlich vielschichtig, von plumpen Slapstickeinlagen über ausgefeilte Dialoge bis hin zu amüsanten Albernheiten. Damit sollte eigentlich für jeden Nicht-Vulkanier etwas dabei sein, über das sie/er herzhaft lachen kann.

3.) Die vielschichtigen Charaktere
ImageDie Charakterisierung ist bei Babylon 5 wirklich vorbildlich. Schwarz-Weiß-Zeichnung gibt es nicht, genau so wenig wie man eindimensionale Schablonen finden wird. Alle Figuren haben ihre positiven aber eben auch ihre negativen Seiten, und jeder verfügt über eine eigene Persönlichkeit mit ganz individuellen Eigenschaften und auch Eigenheiten – wie z.B. Garibaldi’s Vorliebe für Daffy Duck. Doch nicht nur, dass die Figuren ausgesprochen vielschichtig sind, sie dürfen sich im Laufe der Serie sogar weiterentwickeln! Zudem wurden für die Serie wirklich großartige Schauspieler gecastet, die alle ihre Rolle nicht einfach nur spielen, sondern LEBEN... und damit viel zum Gelingen von „Babylon 5“ beitragen.

4.) Die großartige Musik
Image Für die Musik von „Babylon 5“ ist der deutsche Komponist Christopher Franke verantwortlich – und mit ihm ist JMS ein wahrer Glücksgriff gelungen. Virtuos kombiniert er ein klassisches Orchester mit Synthesizer-Tönen, und sorgt so für ein außergewöhnliches und originelles Klangerlebnis. Egal ob peitschende Musik während einer Schlachtszene, oder eine ruhig-traurige Melodie während eines dramatischen Moments, Franke versteht es, den Ton einer Szene perfekt einzufangen und durch seine immer passende Musik noch zu verstärken. Ohne seinen Beitrag zu „Babylon 5“ wären viele entscheidende Momente weitaus weniger bewegend und gelungen ausgefallen. Sein Soundtrack ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Serie – und in meinen Augen einer der wesentlichen Gründe für ihren Erfolg.

5.) Der epische Handlungsrahmen
Image„Du hast ein Loch in deinem Gedächtnis.“ Mehr als diese 7 Worte aus dem Pilotfilm brauchte es nicht, und schon war ich süchtig. Keine Frage: Der Handlungsrahmen ist ohne jeden Zweifel die mit Abstand größte Stärke von Babylon 5, und der Hauptgrund warum die Serie so viele Leute fasziniert: Anstatt verschiedene Einzelgeschichten aneinander zu reihen, erzählt Babylon 5 eine epische Geschichte, die sich über 5 Staffeln erstreckt. Ereignisse, Dinge und Personen, die in der 1. Staffel erwähnt oder gezeigt werden, werden plötzlich in der 3. oder 4. Staffel wieder aufgegriffen und erlangen eine neue, bis dahin nicht geahnte Bedeutung. Möglich ist dies durch den immer noch einzigartigen und unerreichten Ansatz, den JMS bei Babylon 5 verfolgte: Im Gegensatz zu anderen Serien, die wenn überhaupt lediglich von Staffel zu Staffel planen, standen bei Babylon 5 die Eckpfeiler des 5 Jahre bzw. Staffeln umspannenden Handlungsrahmens noch vor Produktion der ersten Episode fest.

Diese sorgfältige Vorausplanung ermöglichte es JMS, immer wieder Köder auszustreuen, Andeutungen und Prophezeiungen über zukünftige Ereignisse bzw. das weitere Schicksal der Figuren einzubauen und damit das Interesse am weiteren Verlauf der Handlung immer hoch zu halten. Für letzteres sorgen auch die zahlreichen Cliffhanger, die nicht nur zum Ende der Staffel vorkommen, sondern auch innerhalb einer Staffel immer wieder anzutreffen sind. Immer noch darf sich Babylon 5 damit rühmen, den meines Erachtens fiesesten – aber eben genau deshalb auch besten – Cliffhanger aller Zeiten präsentiert zu haben, nämlich das Finale der 3. Staffel (nach dem Fans welche die deutsche Erstausstrahlung auf Pro 7 verfolgt haben immerhin mehr als ein Jahr auf die Fortsetzung warten mussten). Natürlich musste die Handlung aufgrund äußerer Einflüsse (wie z.B. Änderungen in der Besetzung) immer wieder mal in bestimmten Bereichen verändert werden, trotzdem ist Babylon 5 was die Kontinuität betrifft immer noch unübertroffen.

Babylon 5 ist eine epische Geschichte über Krieg, Freundschaft, Verrat, Liebe, Ehre, Heldenmut, Entscheidungen, und deren – teils tragischen – Konsequenzen. Hier gibt es keinen Reset-Knopf am Ende jeder Episode, ganz im Gegenteil: Jede Folge baut auf die andere auf, und insbesondere in den unheimlich intensiven Staffeln 3 und 4 kann man eigentlich keine Episode auslassen, ohne wesentliche Entwicklungen und Szenen zu verpassen. Durch die fortlaufende, ungemein spannende Handlung entwickelt Babylon 5 eine Intensität, wie ich sie weder vorher noch nachher bei irgend einer anderen Serie erlebt habe. Schon allein die spannende und vielschichtige Geschichte mit zahlreichen interessanten Entwicklungen, überraschenden Wendungen, tragischen Ereignissen und großartigen Momenten macht es lohnenswert, sie mindestens ein Mal im Leben gesehen zu haben. Denn trotz aller anderen positiven Aspekte bleibt „Babylon 5“ in erster Linie eines: Eine packende, hochdramatische und großartige Geschichte, auf die man am Ende zurückblickt und dankbar dafür ist, sie (mit)erlebt haben zu dürfen.

Danke, JMS...



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