Die Wahrheit und der Sündenbock
Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 23 September 2020
 
Crais lädt die Moya-Crew zu einem gemeinsamen Treffen mit Waffenhändlern ein, da er Talyns destruktive Waffen durch harmlosere Alternativen ersetzen will. Dann jedoch feuert Talyn plötzlich, und zerstört das Schiff. Wer ist verantwortlich?
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Episodenbild (c) Syfy

Originaltitel: The Ugly Truth
Episodennummer: 2x17
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 08. September 2000
Erstausstrahlung D: 12. Mai 2001
Drehbuch: Gabrielle G. Stanton & Harry Werksman
Regie: Tony Tilse
Hauptdarsteller: Ben Browder als Commander John Crichton, Claudia Black als Officer Aeryn Sun, Virginia Hey als Pa'u Zotoh Zhaan, Anthony Simcoe als Ka D'Argo, Jonathan Hardy als Dominar Rygel XVI, Gigi Edgley als Chiana, Lani Tupu als Pilot.
Gastdarsteller: Lani John Tupu als Captain Bialar Crais, Paul Goddard als Stark, Linda Cropper als Fento, Peter Carroll als Gahv u.a.

Kurzinhalt: Captain Crais hat die Moya-Crew zu einem gemeinsamen Treffen geladen. Er meint, dass Talyn zuletzt immer aggressiver und gefährlicher wurde, weshalb er den Leviathan entwaffnen – oder genauer gesagt, die aktuellen sehr destruktiven Waffen durch harmlosere Varianten ersetzen – will. Dafür braucht er jedoch die Hilfe der Moya-Crew. Doch das geplante Treffen mit den plokavianischen Waffenhändlern geht schief, als Talyn plötzlich das Feuer eröffnet, und das Schiff zerstört. Da jedoch die Waffenkontrolle eigentlich deaktiviert war, muss jemand von der Crew auf den Knopf gedrückt haben – nur wer? Eben dies wollen die Plokavianer herausfinden, welche die Besatzung der Moya – nachdem es Crais gerade noch so gelang, mit Talyn zu entkommen – kurz nach dem Vorfall gefangennehmen und in eines ihrer Gefängnisse stecken. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, dem droht der Tod. Und so werden Aeryn, Zhaan, D'Argo, Stark und John nacheinander befragt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, und den Verantwortlichen ausfindig zu machen. Doch deren Schilderungen widersprechen sich teilweise massiv…

Review: Episodenbild (c) Syfy "Die Wahrheit und der Sündenbock" folgt dem "Rashomon"-Konzept, ein- und dieselbe Geschichte aus der Perspektive mehrerer Figuren zu erzählen – mit allen sich daraus zwangsläufig ergebenden Widersprüchen. Hier sind wir auch schon beim ersten Problem: Klar wird keine Schilderung von Ereignissen jemals 100%ig identisch sein. Einerseits, da wir aufgrund unserer Prägung und Persönlichkeit Dinge ein bisschen anders, zugleich aber halt teilweise auch andere Dinge (mehr) wahrnehmen, da wir auf diese sensibilisiert wurden. Das Stichwort hier ist "selektive Wahrnehmung": Wenn du dir ein blaues Auto kaufst, werden dir auf einmal in erster Linie die anderen blauen Autos ins Auge stechen. Allerdings waren mir die Unterschiede in den Erzählungen/Erinnerungen der Moya-Crew dann doch etwas zu extrem; insbesondere D'Argos Schilderung wich mir viel zu stark ab. Das ließ sich teilweise überhaupt nicht mehr mit den anderen Aufrollungen in Einklang bringen. Die Unterschiede subtiler zu halten, hätte mir besser gefallen. Zudem hätte es einen Reiz haben können, die Rückblenden jeweils immer nur aus der Sicht der betreffenden Person zu zeigen – Stichwort "first person-Perspektive" – gebe aber zu, dass das damals sehr ungewöhnlich und möglicherweise für die Zuschauer auch verwirrend hätte sein können.

Etwas schade fand ich auch, dass ich an der Auflösung nicht wirklich interessiert war. Am schwersten wiegt aber zweifellos, dass mich Starks Opfer leider herzlich wenig kümmerte. Wir haben einfach bislang mit der Figur nicht genug Zeit verbracht, als dass es mir gelungen wäre, zu ihm eine Bindung aufzubauen. Wenn er sich gleich nach ihrer Flucht in "Scorpius und der Aurorastuhl" der Crew angeschlossen hätte, wäre das was anderes gewesen. So aber entlockte mir sein vermeintlicher Tod aber gerade mal ein Schulterzucken. Trotz dieser Kritikpunkte konnte mir "Die Wahrheit und der Sündenbock" aber insgesamt ganz gut gefallen. Auch wenn ich mit der Umsetzung des Rashomon-Konzepts nicht 100%ig glücklich gewesen sein mag, so gefiel mir doch grundsätzlich, dass dieses hier bei "Farscape" aufgegriffen wurde. Die unterschiedlichen Perspektiven sorgten dann auch dafür, dass das Geschehen trotz der Wiederholung von ein und dem selben Moment nicht langweilig wurde; nicht zuletzt, als uns die Art und Weise, wie die jeweilige Person die Ereignisse beschreibt, auch einiges über sie selbst verrät. Aber auch designtechnisch sagte mir "Die Wahrheit und der Sündenbock" wieder durchaus zu, angefangen beim Verhörstuhl über die Aliens bis hin zum wirklich saucoolen Konzept der Gefängniszelle. Und die Auflösung am Ende, dass es Talyn war, der die Waffe abfeuerte, da er wohl nicht wollte, dass diese durch eine vergleichsweise harmlose Variante ersetzt wird, füllt einen nicht nur im Hinblick auf die weitere Zukunft von ihm und der Serie mit Sorge, sondern bedeutet auch, dass Crais zuvor die Wahrheit gesagt hat und damit wieder einen deutlichen Schritt aus dem Bösewicht-Eck heraus machen durfte. Auch das ist zweifellos ein großer Pluspunkt.

Fazit: Episodenbild (c) Syfy An "Die Wahrheit und der Sündenbock" gefiel mir vor allem das coole Rashomon-Konzept, das Design der Aliens, ihres Gefängnisses und ihres Verhörraums, sowie die Offenbarung am Ende – mit der sich erfreulicherweise auch Crais Rehabilitation fortsetzt, während es einen im Hinblick auf Talyn doch eher besorgt zurücklässt. Sehr interessant war zweifellos auch, wie wir durch die unterschiedlichen Rückblenden auch wieder etwas über die Figuren erfahren haben – und insbesondere darüber, wie sie die anderen jeweils einschätzen. Allerdings: Ein bisschen zu extrem waren mir die Unterschiede in der Darstellung dann schon; einen etwas subtileren Ansatz hätte ich hier vorgezogen. Vor allem aber vermochte es der – nicht nur aufgrund des deutschen Titels absehbar falsche – Schuldspruch gegenüber Stark leider nicht, mich zu berühren; dafür haben wir die Figur bislang einfach nicht oft gesehen, und ich dementsprechend noch keine Bindung zu ihr aufgebaut. Abseits dieser Mankos konnte mir "Die Wahrheit und der Sündenbock" aber gut gefallen.

Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2000 Syfy)








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