Cibola brennt
Hinter dem Ring lauert das Protomolekül Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 21 Mai 2022
 
Titel: "The Expanse: Cibola brennt"
Originaltitel: "The Expanse: Cibola Burn"
Bewertung:
Autoren: Daniel Abraham & Ty Franck (als James S. A. Corey)
Übersetzung: Jürgen Langowski
Umfang: 656 Seiten (D)
Verlag: Heyne (D), Orbit (E)
Veröffentlicht: 11. Mai 2015 (D), 17. Juni 2014 (E)
ISBN: 978-3-453-31804-5 (D), 978-0-35650-419-3 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Dank des Ringsystems soll auf New Terra die erste menschliche Kolonie außerhalb unseres Sonnensystems gegründet werden. Doch einige Siedler aus dem Gürtel waren schneller, und beanspruchen den Planeten, den sie Ilus getauft haben, für sich. Sie wollen die Ankunft der ersten offiziellen Gruppe verhindern, indem sie die Landestelle vernichten. Doch das Shuttle trifft früher ein als erwartet, und wird von den Trümmern der Explosion getroffen – wobei einige der Passagiere ums Leben kommen. Die Antwort der UN-Sicherheitstruppen, angeführt von skrupellosen Murtry, ist hart, was erst recht wieder den Widerstand der ursprünglichen Kolonisten weckt. Um zu verhindern, dass die Lage vollständig eskaliert, und in einen offenen Krieg ausartet, schickt die UN James Holden und die Rocinante-Crew nach New Terra bzw. Ilus, um zwischen den Parteien zu vermitteln. Nach ihrer Ankunft zeigt sich jedoch schon bald, dass die Probleme der Menschen auf dem Planeten größer sind als die internen Konflikte: Denn nicht nur, dass sich die Überreste des Protomoleküls wieder zu aktivieren beginnen, in einem alten Artefakt befindet sich zudem eine Maschine jenes noch mächtigeren Feindes, der die Schöpfer des Protomoleküls einst auslöschte…

Review: "Cibola brennt" konnte für mich das bisherige, ausgesprochen hohe Niveau der Reihe leider nicht ganz halten. Und das, obwohl ich kurioserweise fand, dass der Roman in einzelnen Bereichen sogar besser war, als der unmittelbare Vorgänger. Denn dort tat ich mir ja mit gleich zwei POV-Figuren schwer, und fand die betreffenden Perspektiven nicht sonderlich interessant. Zumindest das kann ich im Hinblick auf "Cibola brennt" nicht behaupten. Zwar bleibt es dabei, dass man für meinen Geschmack etwas zu sehr auf einer Seite der Konflikte bleibt – zu Beginn mag "Cibola brennt" noch einen anderen Eindruck vermitteln, aber dann wechselt Havelock ja auch wieder auf "unsere" Seite – und das Autorenduo aus meiner Sicht die Chance verpasst, uns auch mal in einen Haupt-Bösewicht wie in diesem Fall z.B. Murtry Einblick zu geben, was ich irgendwie schon auch ganz spannend fände. Dennoch: Im Gegensatz zu "Abaddons Tor" konnte ich diesmal mit allen von ihnen etwas anfangen, und fand die jeweilige Perspektive spannend. Angefangen mit Dauerbrenner Holden, über den bereits aus "Leviathan erwacht" bekannten Sicherheitsoffizier – und früheren Miller-Kollegen Havelock, die Wissenschaftlerin Elvi, bis hin zum unfreiwilligen Terroristen Basia. Vor allem letzteren fand ich aufgrund seiner zunehmenden Schuldgefühle und generell der netten, mitschwingenden Ambivalenz, enorm interessant. Und generell gelang es dem Autorenduo rasch (und eben auch besser als bei "Abaddons Tor"), mich eine Bindung zu den zwei neuen Figuren herstellen zu lassen. Aber auch über das Wiedersehen mit Havelock (welches für mich insofern unerwartet kam, als es die Figur ja nicht in die TV-Adaption der vierten Staffel geschafft hat) habe ich mich gefreut. Und Holden – und damit zugleich die Perspektive aus Sicht der Rocinante-Crew – ist natürlich immer gut; insbesondere auch deshalb, da in seinen Kapiteln neben dem Versuch, Frieden zu schaffen, mit dem Protomolekül und den Feinden dessen Schöpfern auch immer das größere Ganze und eine Mischung aus Wunder und Furcht vor dem, was im All lauert, im Mittelpunkt steht. Darüber hinaus macht "Cibola brennt" in einzelnen Momenten aber auch immer deutlich, dass sich die Figur im Verlauf der mittlerweile vier Romane doch weiterentwickelt hat, und der Holden hier nicht mehr ganz derselbe ist, wie noch zu Beginn von "Leviathan erwacht".

Auch an den schriftstellerischen Qualitäten des Duos hat sich im Jahr zwischen "Abaddons Tor" und "Cibola brennt" nichts geändert (im Übrigen muss ich sie an dieser Stelle man für ihre Konsequenz loben; im Gegensatz zu anderen Autoren die ihre Fans mittlerweile über ein Jahrzehnt auf eine Fortsetzung warten lassen – und ja, ich denke, ihr wisst, von wem ich spreche – haben die ihr Epos konsequent durchgezogen; die ersten sieben Bände wurden jeweils im Abstand von gerade mal einem Jahr veröffentlicht, beim achten kamen noch ein paar Monate dazu, erst der letzte hat sich, sowohl Pandemie-als auch Serien-bedingt, verzögert, war mir zweieinhalb Jahren aber auch noch verschmerzbar. Dafür an dieser Stelle einen ganz großen Applaus!). Nein, das Problem an "Cibola brennt" ist vielmehr die Story. Wobei "Problem" jetzt zugegebenermaßen auch schon wieder zu viel gesagt ist, weil so schlimm ist es nicht. Es fängt ja mit dem Terroranschlag sehr vielversprechend an. Die Konflikte auf Ilus waren ebenfalls sehr packend geschildert. Und mit der Flutwelle erreicht man hier dann recht früh einen dramaturgischen Höhepunkt. Aber genau das ist eben der Knackpunkt: Danach geht "Cibola brennt" nämlich irgendwie ziemlich die Luft aus. Bei der TV-Verfilmung war alles in den Höhlen sehr packend umgesetzt, hier hingegen fand ich, dass sich alles rund um die Viecher dort, die Augenwürmer und so weiter, doch ordentlich gezogen hat. Aber auch den Nebenstrang rund um die gefangene Naomi fand ich entbehrlich. Ich könnte jetzt echt nicht sagen, was das groß beigetragen hätte, außer Havelock den letzten Push zu geben, um die Seiten zu wechseln – und das hätte sich ja wohl anders auch lösen lassen. Jedenfalls schlichen sich in der zweiten Hälfte des Romans doch immer wieder Passagen ein, wo nicht wirklich etwas weiterging, und die ich als doch ein bisschen mühsam empfand. Das Finale reißt dann zwar wieder einiges heraus, auch das fand ich aber in den früheren Romanen (und der Serie) packender, als hier. Das allerletzte Epilog-Kapitel, mit Bobbi und Avasarala – und der Betrachtung der Auswirkungen der Ringportale auf den Mars – war dann aber wieder klasse (und wartete u.a. mit dem wunderbaren Bonmot "Arjun says it makes me cranky." "He can tell?" auf – Köstlich!). Ich hoffe jedenfalls, dass die in weiterer Folge auch wieder als POV-Figuren zurückkehren werden!

Fazit: Ein bisschen kurios ist es ja schon: Im Gegensatz zum letzten Roman, wo die Kapitel von Bull und Anna für mich doch ziemlich abfielen, konnte ich diesmal eigentlich mit allen POV-Figuren etwas anfangen. Vor allem Basia war aufgrund der moralischen Ambivalenz höchst spannend, aber auch Elvi fand ich ok, das Wiedersehen mit Havelock war ebenfalls nett, und auf Dauerbrenner Holden ist sowieso immer Verlass. Und so ist es im Fall von "Cibola brennt" vielmehr die Story, die mit den bisherigen Bänden der Reihe leider nicht ganz mithalten kann. Zwar beginnt es recht vielversprechend, es schleichen sich aber zwischendurch auch immer Längen ein. Vor allem aber erreicht "Cibola brennt" den dramaturgischen Höhepunkt mit der Flutwelle zu früh – und knickt der Unterhaltungswert danach leider für einen längeren Zeitraum ziemlich ein. Erst zu Ende hin dreht der Roman dann doch wieder etwas auf. Ganz so dramatisch wie es jetzt vielleicht klingt war es zwar nicht, da auch der vierte Band der Reihe überwiegend wieder sehr gute Science Fiction-Unterhaltung bot. In meinen Augen konnte er aber halt nicht ganz an die vorangegangenen Teile anknüpfen.

Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2017 Heyne)





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