Das Wunder von Narnia
Wie das Königreich von Narnia erschaffen wurde Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 30 April 2022
 
Titel: "Das Wunder von Narnia"
Originaltitel: "The Magician's Nephew"
Bewertung:
Autor: C.S. Lewis
Übersetzung: Wolfgang Hohlbein
Umfang: 168 Seiten (D)
Verlag: Ueberreuther (D), The Bodley Head (E)
Veröffentlicht: 1968 (D), 02. Mai 1955 (E)
ISBN: 978-3-764-17024-0 (D), 978-1-84149-993-2 (E)
Kaufen: Gebunden (D), Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Da seine Mutter schwer erkrankt ist, lebt Digory bei seiner Tante Letty und seinem eigenbrötlerischen Onkel Andrew. Eines Tages freundet er sich mit dem Nachbarsmädchen Polly an. Sie erkennen, dass die Dachböden beider Häuser miteinander verbunden sind. Über diesen Durchgang gelangen sie dann schließlich auch in Andrews Arbeitszimmer. Dieser drückt daraufhin Polly einen Ring mit einem gelben Stein in die Hand, woraufhin sie verschwindet. Er erzählt Digory, dass die Ringe in andere Welten führen – mit dem gelben reist man eben dorthin, mit dem grünen kehrt man wieder zurück. Allerdings war er nicht mutig genug, um es selbst auszuprobieren. Er gibt nun Digory einen gelben und zwei grüne Ringe, woraufhin dieser Polly folgt. Er findet sie im Wald zwischen den Welten, von dem aus man über Teiche in jeweils andere Welten gelangt. Ehe sie zur Erde zurückkehren, beschließen sie, zuerst eine andere Welt zu erkunden. Es verschlägt sie ins Reich von Charn, einer Welt, die im Sterben liegt. Als er eine Glocke läutet, erweckt Digory damit das letzte noch lebende Wesen dieser Welt – die böse Königin Jadis. Mit ihrer Hilfe gelangt sie schließlich zuerst auf die Erde, und später dann nach Narnia – eine neue Welt, die durch das Lied des Löwen Aslan erschaffen wird…

Review: Nach meiner Reise durch sämtliche Werke rund um Mittelerde möchte ich mich nun den Chroniken von Narnia – geschrieben von J.R.R. Tolkiens langjährigen Freund und Weggefährten C.S. Lewis – widmen. Dabei folge ich der vom Autor gewünschten Reihenfolge, und habe somit nicht mit dem ersten veröffentlichten Band "Der König von Narnia", sondern vielmehr dem später geschriebenen Prequel "Das Wunder von Narnia" begonnen, welches (unter anderem) die Schöpfungsgeschichte dieser magischen Welt behandelt. Dabei fühlte ich mich – insbesondere natürlich dem Gesang, mit dem diese Welt erschaffen wird – teilweise an "Das Silmarillion" erinnert (was deutlich macht, wie sehr sich die Zugänge und die Denkweisen beider Autoren ähnelten); mehr noch als das (und als Tolkiens Mittelerde) ist Lewis jedoch von der biblischen Schöpfungsgeschichte beeinflusst. Dies zeigt sich nicht nur beim "Gott von Narnia" Aslan, dessen Wort/Gesang hier die Welt erschafft, sondern auch einem abgewandelten Sündenfall (der in beiden Fällen mit Neugier zu tun hat; hier läutet Digory aus eben dieser die Glocke, in der Bibel nahm Eva einen Apfel vom Baum des Wissens), und später spielt dann auch noch ein Baum mit magischen Früchten eine Rolle. Nun wisst ihr vermutlich mittlerweile, dass ich persönlich nicht gläubig bin; und doch muss ich sagen, dass mich diese Anleihen nicht gestört haben. Nicht zuletzt, als dass ich persönlich nicht an Gott glaube, ja noch lange nicht bedeutet, dass ich der Bibel ihre Bedeutung absprechen würde. Sie ist nun mal die bekannteste Schöpfungsgeschichte, insofern ist es nur logisch, dass C.S. Lewis (noch dazu, als der katholische Glauben vor rund 100 Jahren natürlich noch eine ungleich größere Rolle gespielt hat, als heute) sich bei seiner eigenen Fantasy-Saga vom Buch Genesis beeinflussen ließ.

Nun sei an dieser Stelle angemerkt, dass ich trotz allem Interesse an der Reihe – die ich bislang noch nie gelesen habe – doch auch mit etwas Skepsis herangegangen bin. Einerseits, da die drei Filme für mich bei weitem nicht an "Der Herr der Ringe" herankamen. Aber eben auch aufgrund des Wissens, dass Narnia im Vergleich zu Mittelerde eben deutlich christlich-katholischer geprägt ist. Letztendlich war ich allerdings zumindest mal von diesem ersten Band der Reihe sehr angetan. Zuerst einmal merkt man, dass C.S. Lewis seinem Weggefährten was die sprachliche Qualität betrifft kaum nachsteht, was "Das Wunder von Narnia" (bzw. "The Magician's Nephew", gab ich doch auch hier wieder der englischen Originalausgabe den Vorzug, und kann somit auch die deutsche Übersetzung durch Wolfgang Hohlbein nicht bewerten) – obwohl sich das Buch (mit Ausnahme von "Der Hobbit" mehr noch als Tolkiens Werke) vornehmlich an Kinder richtet – zu einem richtigen Lesevergnügen macht. Zumal "Das Wunder von Narnia" einerseits flüssig, andererseits eben aber auch durchaus hochwertig geschrieben ist. Darüber hinaus hatte es mir aber auch Lewis' Einfallsreichtum angetan, angefangen bei den Ringen, dem Wald zwischen den Welten, dem sterbenden Königreich Charn (wo übrigens, auch wenn "Die Chroniken von Narnia" zweifellos in erster Linie dem Fantasy-Genre zuzurechnen sind, mit der sterbenden Sonne auch zarte Science Fiction-Elemente Einzug finden), und später dann der Erschaffung von Narnia, und hier insbesondere dem Baum mit den magischen Früchten. Darüber hinaus fand ich es auch faszinierend, wie es Lewis hier gelingt, Atomwaffen in einen Fantasy-Kontext zu setzen (mit dem Todesfluch der Königin). Aber auch von den Figuren war ich durchaus angetan. Digory und Polly waren charmante Hauptfiguren (wenn ich persönlich auch nichts dagegen gehabt hätte, wenn statt Digory vielmehr Polly etwas mehr im Mittelpunkt gestanden wäre), und auch die Nebencharaktere – wie Königin Jadis, die so ziemlich die schlimmsten Eigenschaften der Menschheit in sich vereint, aber auch der feige, Kinder für seine Forschung missbrauchende Andrew – fand ich wenn auch nicht immer sympathisch so doch zumindest interessant. Und eine wichtige Message für Mitgefühl und Güte und gegen Eigennützigkeit hat "Das Wunder von Narnia" dann auch noch mit im Gepäck. Einzig das Ende war mir – so verständlich es im Hinblick auf die kindliche Hauptzielgruppe auch sein mag – ein bisschen zu glücklich. Davon abgesehen war das aber ein wunder- und fantasievoller Auftakt der Chroniken von Narnia!

Fazit: Ich gebe zu, da ich von den drei Filmen nicht übermäßig begeistert war, doch mit einer gewissen Skepsis an den ersten Band der "Chroniken von Narnia" herangegangen zu sein. Letztendlich hat mich "Das Wunder von Narnia" aber (fast) vollständig überzeugt. Obwohl ich selbst nicht gläubig bin, haben mich auch die eindeutig vom christlichen Glauben inspirierten Elemente weniger gestört, als im Vorfeld vermutet; vielmehr fand ich es richtiggehend faszinierend, wie sich C.S. Lewis hier vom Buch Genesis inspirieren ließ, und hier seine eigene Schöpfungsgeschichte erschuf. Die Geschichte war zudem, obwohl erkennbar in erster Linie an Kinder gerichtet, auch für mich als Erwachsener mit Freude zu lesen; einerseits aufgrund ihres Einfallsreichtums, der flüssigen Erzählweise, aber auch, da sie halt auch wirklich schön geschrieben ist. Und die Figuren, sowie die sich aus der Geschichte ergebende Moral, konnten mir ebenfalls sehr gut gefallen. Ob es den weiteren Büchern der Reihe (wo mir die Geschichte zumindest bei dreien schon aus den Filmen soweit bekannt ist) gelingen wird, mich ähnlich zu überzeugen, muss sich natürlich erst weisen, vom ersten Band der Chroniken von Narnia war ich aber – durchaus zu meiner eigenen Überraschung – sehr angetan.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2014 Ueberreuther)





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