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Originaltitel: Day 6
Episodennummer: 1x04
Bewertung:
Weltweite Internet-VÖ: 09. April 2021 (Amazon Prime Video)
Drehbuch: Seth Zvi Rosenfeld
Regie: Nelson Cragg
Besetzung:
Deborah Ayorinde als Livia 'Lucky' Emory,
Ashley Thomas als Henry Emory,
Alison Pill als Elizabeth 'Betty' Wendell,
Shahadi Wright Joseph als Ruby Lee Emory,
Melody Hurd als Gracie Emory,
Ryan Kwanten als George Bell,
Brooke Smith als Helen Koistra,
Anika Noni Rose als Ella Mae Johnson,
Christopher Heyerdahl als The Black Hat Man,
Sophie Guest als Doris,
Kim Shaw als Carol Lynn Denton,
P.J. Byrne als Stuart Berks,
Liam McIntyre als Clarke Wendell,
Tim Russ als The Custodian,
Ryan Kennedy als Gary,
Malcolm M. Mays als Calvin,
Moe Irvin als Roland Johnson,
Lisa Banes als Esther Haber,
Michael Harney als Otto Haber,
Peter Mackenzie als Mr. Stoat,
Jeremiah Birkett als Da Tap Dance Man,
Kari Perdue als Janet,
Flor de Maria Chahua als Consuela,
Spencer Watson als Barry u.a.
Kurzinhalt:
Als Henry Emory am Morgen des sechsten Tages nach ihrem Einzug in Compton vor die Tür geht, sieht er nicht nur die in den Rasen eingebrannte rassistische Nachricht, sondern auch lauter schwarze Puppen, die rund um das Haus aufgehängt wurden, so als hätte man sie gelyncht. Nachdem er Livia und ihre Töchter auf den Anblick vorbereitet hat, verlassen sie schließlich das Haus. Während Ruby Lee und Gracie in die Schule gehen, sucht Livia das Haus der Johnsons auf – die erste afroamerikanische Familie, die nach Compton gezogen ist. Dort bietet sich ihr jedoch ein Anblick des Schreckens. Henry erfährt indes in der Arbeit, insbesondere durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten, wieder einmal wenig Wertschätzung – macht ihm dieser doch klar, dass er zur Firmenfeier, die an diesem Nachmittag stattfindet, nicht eingeladen ist. Henry kommt trotzdem, und stellt sich nicht nur dem Firmenchef vor, sondern hat auch wieder eine Vision des steppenden Clowns. Betty sieht sich indes dazu gezwungen, ihre Eltern aufzusuchen, um sich um finanzielle Unterstützung zu bitten…
Review:
Oftmals sind die Grenzen zwischen Gut und Böse in Erzählungen jedweder Art (Bücher, Filme, Serien usw.) recht klar gezeichnet. Und das muss nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, sondern kann vielmehr durchaus befreiend sein – eben, weil diese Grenzen im echten Leben selten bis nie so klar verlaufen. Bei "Them" konnte man bisher ebenfalls meinen, dass diese Grenze recht eindeutig gezogen ist, und wenn es so gewesen wäre, hätte es mich in diesem Fall nicht gestört. Rassismus jedweder Art gehört immer und überall an den Pranger gestellt, und das letzte was ich will ist, mit solchen Menschen zu sympathisieren. Doch "Them" ist eben nicht daran interessiert, es dem Zuschauer leicht zu machen. Bereits in den früheren Folgen gab es einige harte Szenen, die mir schwer im Magen lagen; hier ebenso wieder, wobei sich diesmal eben eine davon just um Betty drehte, die sich bislang jetzt nicht unbedingt um einen Preis als bestes menschliches Wesen aller Zeiten bewarb. Ganz im Gegenteil, befürchte ich doch, dass der willige Helfer, den sie in George scheinbar gefunden hat (und der ihr quasi durch die Blume vorschlägt, die Emorys zu töten), mit seinem Angebot erst recht Öl ins Feuer gegossen hat.
Insofern wäre es ein leichtes – und wie gesagt, nicht grundsätzlich schlecht oder gar verwerflich – wenn die Serie es dabei belassen würde, sie uns hassen zu lassen. Stattdessen zwingt uns "Tag 6" dazu, doch tatsächlich mit ihr Mitleid zu empfinden. Einerseits aufgrund des unerfüllten Kinderwunschs, insbesondere aber natürlich im Hinblick auf die mehr als deutliche Anspielung darauf, dass sie als Kind – und wohl auch noch Erwachsene – von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Ich fand das – auf eine gute Art und Weise – sehr herausfordernd. Eben dies war für mich ganz klar die hervorstechendste Eigenschaft der Episode, die jedoch auch davon abgesehen einige gelungene Aspekte zu bieten hatte. Horrortechnisch stach dabei insbesondere der Besuch von Livia bei den Johnsons hervor. Schon allein im Gespräch mit Ella Mae baut sich eine nette, unheimliche Stimmung auf (nicht zuletzt, wenn sie den "Man in a Black Hat" erwähnt), als sie dann aber in die Küche geht und diese voller Blut ist, läuft einem endgültig ein kalter Schauer über den Rücken. Wie der Gedanke, dass diese Frau Livias eigene Zukunft zeigen könnte, generell erschreckt. Henry sieht andererseits, während der Firmenfeier, wieder den steppenden Clown – und sieht sich wieder einmal mit Rassismus am Arbeitsplatz konfrontiert, insbesondere durch seinen direkten Vorgesetzten; aber selbst dem grundsätzlich sehr nett und freundlich wirkenden Firmenchef rutscht als Henry sich ihm Vorstellung mit dem Hinweis auf die Büsche eine rassistische Bemerkung heraus – was aufzeigt, wie tief verwurzelt dieses Gedankengut damals war (und teilweise auch heute noch ist, egal ob es nun um Rassismus oder Sexismus geht). In Ruby Lees Fall ist die Erscheinung – noch? – nicht unheimlich, aber die Offenbarung, dass sie sich die einzige Person an der Schule, die zu ihr nett ist, nur eingebildet hat, saß auch (wobei ich mir noch nicht sicher bin, ob das einfach nur eine normale imaginäre Freundin ist, oder es eine Verbindung zu den Erscheinungen ihrer Familienmitglieder gibt). Insgesamt gefiel mir "Tag 6" somit wieder um einiges besser als die letzten beiden (ebenfalls alles andere als schlechten) Episoden.
Fazit:
"Them" hat ganz offensichtlich kein Interesse daran, es dem Zuschauer zu leicht zu machen. Natürlich entschuldigt Bettys tragische Geschichte ihr Verhalten gegenüber den Emorys in keinster Art und Weise, aber es verleiht einer Figur, die ansonsten leicht eine eindimensionale Bösewichtin hätte sein können, deutlich mehr Facetten – und drängt uns dazu, für diese abscheuliche Person doch tatsächlich Mitleid zu empfinden. Eben dies fand ich an "Tag 6" herausragend, da ich mich hier echt im Zwiespalt befand. Der Rest der Episode war aber ebenfalls wieder sehr gut, angefangen bei Livias erschreckenden Besuch bei den Johnsons, über Henrys Erfahrungen bei der Firmenfeier, bis hin zur traurigen Offenbarung, dass sich Ruby Lee ihre neue Freundin nur eingebildet hat, bzw. es sich dabei um eine Erscheinung analog zu den Horror-Gestalten handelt, von denen die anderen in ihrer Familie heimgesucht werden – nur halt (noch?) mit freundlichem Gesicht. Mit all diesen Stärken und keinen nennenswerten Schwächen – sieht man davon ab, dass die Horror-Elemente wieder eher mager waren, und sich im Wesentlichen auf den Besuch bei den Johnsons beschränkten – fand ich "Tag 6" somit wieder um einiges gelungener als die beiden Folgen zuvor.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2021 Amazon Prime Video)
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