Dune - Der Wüstenplanet
Review zu Frank Herberts SF-Epos Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 20 Januar 2021
 
Titel: "Dune - Der Wüstenplanet"
Originaltitel: "Dune"
Bewertung:
Autor: Frank Herbert
Übersetzung: Jakob Schmidt
Umfang: 800 Seiten (D)
Verlag: Heyne (D), Chilton Books (E)
Veröffentlicht: August 1965 (E)
ISBN: 978-3-453-31717-8 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Imperator Shaddam IV beauftragt Herzog Leto Atreides damit, auf dem unwirtlichen Wüstenplaneten Arrakis, auch Dune genannt, das bewusstseinserweiternde Gewürz abzubauen, welches auch die Navigatoren für interstellare Reisen verwenden. Es ist somit eine der wichtigsten und wertvollsten Substanzen des gesamten Planeten. Doch der Auftrag ist eine Falle, mit der Shaddam IV jenen Mann, den er als potentiellen Konkurrenten sieht, aus dem Verkehr ziehen will. Äußerst willige Hilfe erhält er dabei von Letos Erzfeind, dem Baron Harkonnen. Der wiederum hat unter Letos Männern einen Verräter eingeschleust. Als der Angriff des Barons und seinen Truppen dann schließlich erfolgt, verliert Leto zwar wie geplant sein Leben, doch dessen Frau Jessica und ihr gemeinsamer Sohn Paul können entkommen. Jessica gehört dem Bene Gesserit-Orden an – Frauen, die über besondere Gaben verfügen. Ihr Sohn Paul könnte zudem der sogenannte Kwisatz Haderach sein, eine Art Überwesen, dem prophezeit ist, den Imperator zu stürzen. Doch zuerst einmal müssen Jessica und Paul in der lebensfeindlichen Wüste von Arrakis überleben…

Review: Eigentlich hätte Ende letzten Jahres die "Dune"-Neuverfilmung von Denis Villeneuve in die Kinos kommen sollen. Dank Corona wurde der Kinostart nun auf Oktober 2021 verschoben. Normalerweise ziehe ich es ja vor, Romane erst zu lesen, wenn ich die Filme kenne, "Dune" ist aber insofern ein Sonderfall, als ich a) die Geschichte bereits aus der David Lynch-Verfilmung sowie der SyFy-Produktion kenne, und b) den Roman bereits vor rund zwanzig Jahren schon mal gelesen habe (damals auf Deutsch, diesmal auf Englisch). Und da allfällige Fortsetzungen erst recht wieder Jahre auf sich warten lassen werden, und ich mir die "Dune"-Saga schon seit Ewigkeiten mal vorknöpfen will, sah ich den idealen Zeitpunkt gekommen, um neuerlich in Frank Herberts faszinierendes SF-Epos einzutauchen, und mir diesmal nun – zum ersten Mal – auch die Fortsetzungen (sowohl von ihm, als auch von seinem Sohn Brian, sowie Kevin J. Anderson) vorzuknöpfen. Den Anfang machte aber natürlich jener Roman, mit dem alles begann. Und ihr seht es leider schon an meiner Wertung: Ich fand ihn zwar sehr gut, fürchte aber, ihm nicht ganz den Meisterwerk-Status geben zu können, den er im Auge vieler (der meisten?) besitzt. Hauptverantwortlich dafür: Bei aller Wertschätzung des Anspruchs und Tiefgangs, der sich hier wiederfindet (dazu kommen wir dann gleich), aber insgesamt ist "Dune" schon eine ziemlich langwierige (ev. wäre es besser gewesen, ihn – so wie dann die Fortsetzung – in der Mitte zu teilen?) und teilweise leider auch etwas schleppende Angelegenheit. Ich erinnere mich zum Beispiel immer noch mit Schrecken an die Dinnerszene zurück, die zwar zweifellos viele wichtige Hintergründe vermittelt, wo ich aber teilweise den Eindruck hatte, die würde ewig dauern. Kürzen oder die dort vermittelten Informationen aufteilen hätte hier geholfen. Aber auch den Mittelteil rund um den Aufenthalt bei den Fremen fand ich die Spur zu lang.

Dies ist dann eben auch ein wesentlicher Unterschied zu z.B. "Der Herr der Ringe". Auch ein sehr langer, epischer Roman, der zudem wohl auch mehr Umwege (die man vielleicht da und dort auch als überflüssig einschätzen könnte) geht – dem es aber halt gelungen ist, mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zu ziehen. Dies war "Dune" leider nicht ganz vergönnt. Das Beispiel mit "Der Herr der Ringe" – auch wenn aus dem Fantasy-Bereich – ist übrigens ganz bewusst gewählt. Ich weiß es nicht und habe mich auch nicht mit den Hintergründen/Inspirationen von Frank Herberts Werk befasst, könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass J.R.R. Tolkiens ein wesentlicher Einfluss war. Gerade auch, was die Ausarbeitung der hier geschaffenen Welt bis ins kleinste Detail betrifft, sowie generell der Tiefe der hier geschaffenen Mythologie, offenbaren sich zweifellos Parallelen, weshalb man "Dune" wohl guten Gewissens als den "Herrn der Ringe" der Science Fiction-Literatur bezeichnen kann (bzw. die Welt von Dune – die ja dann ebenfalls noch in vielen anderen Werken erweitert wurde – als das "Mittelerde" der Science Fiction). Und in eben diesen Parallelen sah ich dann eben auch die größten Stärken des Romans. Das "worldbuilding" ist wirklich ausgezeichnet, und eröffnet dem geneigten Leser eine so vielschichtige wie faszinierende Welt. In eben diese einzutauchen, war zweifellos interessant. Auch die religiösen Elemente, die Herbert in sein Werk einfließen lässt, hatten es mir durchaus angetan. Zugegeben, seit rund 20 Jahren tut man sich wenn man Begriffe wie Jihad liest wohl etwas schwer, aber das dem Autor eines Ende der 60er entstandenen Buchs vorzuwerfen wäre nun wirklich verkehrt. Aber auch die starken politischen und wirtschaftlichen Komponenten hatten es mir angetan. Und auch die Figuren stechen dank ihrer Vielschichtigkeit positiv hervor. Zumal uns Herbert auch immer wieder an ihren Gedanken teilhaben lässt (etwas, dass man in der Lynch-Version ja dann leider eher schlecht als recht mit den Voice Over-Kommentaren übernommen hat).

Die Geschichte selbst konnte mir ebenfalls gut gefallen; nicht zuletzt, als diese sehr abwechslungsreich ist, und im Verlauf der Handlung doch einige Haken schlägt, wobei natürlich insbesondere die Flucht von Lady Jessica und Paul Atreides eine Zäsur darstellt (weshalb sie sich in meinen Augen eben auch sehr gut dafür angeboten hätte, den Roman an dieser Stelle auf zwei Bände aufzuteilen). Davor geht es in erster Linie um die Ankunft auf Arrakis, sowie natürlich die Verschwörung zwischen Baron Harkonnen und den Imperator, den ungeliebten Rivalen aus dem Verkehr zu ziehen. Danach wiederum rückt Paul noch stärker als zuvor schon in den Mittelpunkt, und erzählt "Dune", wie aus diesem Jungen schließlich eine Messias-artige Gestalt wird. Hier stehen dann Rache, bzw. der Sturz eines unrechten Regimes, im Mittelpunkt. Aber auch der interessanten Kultur der Fremen wird viel Platz gewidmet. Und in den Drogen-Szenen wird es dann teilweise auch durchaus metaphysisch. Der Angriff am Ende ist dann packend geschildert, und lässt einige beeindruckende Bilder im Kopf entstehen, die auch deutlich machen, warum so viele Filmemacher von der Idee fasziniert waren, die Vorlage – trotz aller damit einhergehenden Herausforderungen – auf die große Leinwand zu bringen. Sprachlich mag "Dune" zwar nicht ganz so herausragend sein wie in anderen Aspekten, allerdings gibt sich der Roman auch was das betrifft zweifellos keine Blöße. Vor allem aber ist der wegweisende Charakter des Romans natürlich unbestritten; hat "Dune" doch nicht nur viele ähnliche Romane und Universen, sondern auch einige Filme (abseits der Verfilmungen) beeinflusst. Insofern darf man die Bedeutung von Frank Herberts Epos keinesfalls unterschätzen. In meinem Fall gelang es ihm aber halt leider nicht, mich von Anfang bis Ende durchgehend zu fesseln.

Fazit: "Dune" ist zweifellos ein ungemein vielschichtiger, epischer Roman, der sich in vielerlei Hinsicht von anderen, nicht ganz so tiefgehenden Stoffen abhebt. Angefangen von der detailliert ausgearbeiteten Mythologie, über die politischen Komponenten, bis hin zur Art und Weise, wie Herbert hier religiöse Elemente in sein Werk einfließen lässt. All dies hat auch mich fasziniert und in den Bann gezogen. Die Geschichte ist ebenfalls interessant, abwechslungsreich, und bietet einige dramatische Wendungen. Und die Figuren sind ebenfalls sehr vielschichtig, und profitieren nicht zuletzt auch davon, dass uns Frank Herbert immer wieder an ihren Gedanken teilhaben lässt. Aus meiner Sicht haben sich aber leider da und dort ein paar Längen eingeschlichen, wo – bei aller Wertschätzung für den Detailgrad der Mythologie – doch etwas zu viel Hintergrundwissen auf einmal vermittelt wird, und die Story an sich dadurch leider etwas zum Stillstand kommt. Insbesondere die Dinner-Szene ist mir diesbezüglich in Erinnerung geblieben. Aber auch den Aufenthalt von Paul und Jessica bei den Fremen hätte man entweder kürzer oder doch zumindest packender/interessanter gestalten können. Insgesamt erschien mir der Roman jedenfalls, so sehr ich große Epen grundsätzlich auch schätze, dann doch die Spur zu lang. Sein wegweisender Charakter ist aber unbestritten, und sein Status als einer der absoluten Klassiker des "Science Fiction"-Genres zweifellos hochverdient.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel





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