The Witcher - 1x01: Des Endes Anfang
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Episodenbild (c) Netflix

Originaltitel: The End's Beginning
Episodennummer: 1x01
Bewertung:
Weltweiter Internet-Release: 20. Dezember 2019 (Netflix)
Drehbuch: Lauren Schmidt Hissrich
Regie: Alik Sakharov
Besetzung: Anthony Mackie als Takeshi Kovacs, Henry Cavill als Geralt of Rivia, Freya Allan als Ciri, Eamon Farren als Cahir, Lars Mikkelsen als Stregobor, Emma Appleton als Renfri, Jodhi May als Queen Calanthe, Adam Levy als Mousesack, Björn Hlynur Haraldsson als Eist, Mia McKenna-Bruce als Marilka, Maciej Musial als Sir Lazlo, Tobi Bamtefa als Sir Danek, Packy Lee als Nohorn, Sonny Ashbourne als Serkis Martin, Matt Devere als Lord Marbury, Kata Petõ als Lady Marbury, John Cummins als Innkeeper, Alexandra Szucs als Isadora, Veronika Varga als Cintra Upper Class Woman, Martin Berencsy als Korin, Daniel Burke als Nilfgaardian Soldier, Kristóf Widder als Nilfgaardian Officer u.a.


Kurzinhalt: Der Hexenmeister Geralt von Rivia verdingt sich als Monsterjäger. Gerade erst hat er in einem finsteren Walt ein spinnenartiges Monster zur Strecke gebracht, da verschlägt es ihn ins Dort Blaviken, wo er kurz nach seiner Ankunft auf die forsche Prinzessin Renfri trifft. Kurz darauf bringt ihn ein junges Mädchen zum Zauberer Stregobor. Dieser meint, Renfri sei die letzte der Kinder von Lilith – Frauen, die während einer Sonnenfinsternis geboren wurden, was als böses Omen gilt. Davon überzeugt, dass Renfri den Untergang der Welt bringen könnte, beauftragt er Geralt, sie zu töten. Kurz darauf trifft er Renfri im Wald, die wiederum den genau gegenteiligen Auftrag für ihn hat, möchte sie doch, dass er Stregobor für sie zur Strecke bringt. Nun muss Geralt eine Entscheidung treffen. In der Stadt Cintra wächst indes Prinzessin Ciri heran. Sie genießt ein relativ unbeschwertes Leben – bis das Königreich von Nilfgaard angegriffen wird. Als die Schlacht verloren scheint, lässt die Königin unter ihren Untertanen Gift verteilen, während sie ihren treuesten Diener damit beauftragt, Ciri sicher aus der Stadt zu schaffen…

Review: Episodenbild (c) Netflix Das für viele – mich eingeschlossen – doch eher unbefriedigende Ende von "Game of Thrones" läutete zugleich den Wettbewerb um ihre Nachfolge ein. Immerhin hat die Serie die popkulturelle Diskussion in den letzten Jahren bestimmt wie maximal noch die Marvel-Filme. Nun muss ich gestehen, dieses Hinterherlaufen immer schon für etwas fehlgeleitet gehalten zu haben. Natürlich gab es schon immer Nachahmer/Mitläufer, die auf den jüngsten Trend aufsprangen und hofften, mit meist geringerem Budget und vor allem deutlich weniger Raffinesse dem nach mehr lüsterndem Publikum das Geld mit mehr oder weniger billigem Abklatsch aus der Tasche zu ziehen. Man nehme nur die Welle an "Fantasy"-Unterhaltung, die im Fahrwasser von "Harry Potter" und "Der Herr der Ringe" entstanden ist, oder auch die Versuche anderer Filmfirmen, auf den "Shared Universe"-Zug von Marvel aufzuspringen. Nur lässt sich ein solcher Erfolg in meinen Augen nie kalkulieren und damit eben auch weder vorhersagen noch erzwingen. Und gerade auch was den TV-Bereich bin ich davon überzeugt, dass "the next big thing" eher etwas aus einem anderen Genre sein wird. Denn: Vor "Game of Thrones" hatten u.a. Serien wie "Breaking Bad", "Akte X" und "Star Trek" ähnlichen Eindruck hinterlassen. Die haben allerdings allesamt nur bedingt etwas miteinander zu tun.

Dies hält jedoch die diversen Sender bzw. Streaming-Anbieter nicht davon ab, auf ein doch eher erwachsenes Fantasy-Publikum ansprechende Serien zu setzen (weshalb ich eben auch "His Dark Materials" nicht wirklich als GOT-Nachfolge-Kandidat sehe, scheint mir die Serie doch – bedingt durch die Vorlage – eher an Familien gerichtet zu sein), in der Hoffnung, die nach mehr Unterhaltung im Stile von "Game of Thrones" lechzenden Fantasy-Fans abgreifen zu können. Der aussichtsreichte Kandidat scheint mir ja eigentlich – no na – die "Herr der Ringe"-Serie von Amazon zu sein. Allerdings dürfte die doch noch 1-2 Jahre auf sich warten lassen. Gleiches gilt für die "Game of Thrones"-Ableger- bzw. Prequel-Serie (wobei ich deren Chancen gerade auch im Hinblick auf die allgemeine Enttäuschung mit dem GOT-Finale als nicht allzu hoch einschätze). Genug Zeit für andere Produktionen, zu versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen, und bis dahin zumindest einen Teil der "Game of Thrones"-Fans auf ihre Seite zu ziehen. (Randnotiz: "Cursed", ebenfalls von Netflix, scheint ins gleiche Horn zu stoßen, und hatte tatsächlich heute erst Premiere. Da ich mir jedoch bevor ich sie mir ansehe endlich mal eines der Standardwerke rund um die Artus-Sage, nämlich Sir Thomas Malorys "Le Morte D'Arthur", vorknöpfen will, werde ich diese erst im Anschluss besprechen.) Auftritt "The Witcher". Die Serie hat dabei nicht nur den Vorteil eines Hollywood-A-Listers – nämlich den aktuellen "Superman" Henry Cavill – sondern bringt zudem Dank der gleichnamigen Videospiele, die auf die gleiche (polnische) Vorlage basierten, schon eine eingeschworene Fangemeinde mit. Ich hingegen gehe an "The Witcher" gänzlich unbedarft heran. Zwar hat die eine oder andere nicht ganz so schmeichelhafte Meinung, die ich zwischenzeitlich aufgefangen habe, meine Erwartungshaltung doch etwas gedämpft. Zudem habe ich mittlerweile einen ganz entscheidenden Hinweis im Hinblick auf die beiden Erzählstränge erfahren (worauf ich jedoch aus Spoilergründen hier noch nicht eingehen werde). Davon abgesehen bin ich aber im Hinblick auf "The Witcher", mangels Kenntnis sowohl der literarischen Vorlage als auch der Videospiele, gänzlich unvorbelastet.

Episodenbild (c) Netflix Mein erster Eindruck war allerdings leider doch eher durchwachsen. Wie gesagt, ich kenne weder die Vorlage noch die Videospiele; dementsprechend wäre es möglich, dass es sich dabei nur um notwendige Elemente für eine werksgetreue Verfilmung handelt. Aber einzelne Aspekte schienen mir schon etwas aufgesetzt, so als würde man krampfhaft versuchen, die "Game of Thrones"-Gemeinde ins Boot zu holen. Brüste? Check. Gewalt? Check. Epische Schlachten? Check. Vor allem letzteres hat man aber gerade auch im Hinblick auf GOT in meinen Augen doch ordentlich vermurkst. Denn: "Game of Thrones" hat sich bis zur ersten großen Schlacht Zeit gelassen – eben, weil man sich Zeit genommen hat, die Rahmenbedingungen abzustecken und die Figuren vorzustellen. Dementsprechend war man bei der Blackwater-Schlacht voll dabei, und fieberte mit den Figuren mit. Das Geplänkel hier mag zwar rein technisch nichts zu wünschen übrig lassen (wenn es auch wohl noch eine ganze Weile dauern wird, bis jemand die Schlacht der Bastarde aus GOT übertrifft), aber ohne jegliche Verbindung zu den Figuren, und ohne Wissen, wer hier denn eigentlich genau gegen wen kämpft, und warum mich das scheren sollte, war es ein sehr sinnbefreites und seelenloses Spektakel. Man könnte auch so sagen: Bei "Game of Thrones" waren die Schlachten das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Hier sind sie der Kuchen. Sprich: Sie verkommen zum Selbstzweck – und wirken daher sehr aufgesetzt und kalkuliert.

Generell passiert in Cintra viel zu viel viel zu schnell. Wenn du den Angriff und die erste Schlacht in der Mitte, und dann die Belagerung und die Niederlage in der letzten Folge der Staffel platzierst, dann haben wir als Zuschauer bis zu dem Zeitpunkt eine Verbindung aufgebaut, die Figuren kennen und hoffentlich schätzen gelernt, und fiebern dann dementsprechend mit. Im Idealfall hat man uns zudem gesagt, warum die Nilfgaard denn eigentlich angreifen, und was genau sie vorhaben, damit wir wissen, was auf dem Spiel steht. Mit einer entsprechenden Grundlage hätten die weiteren Entwicklungen hier – der Abschied von Ciri, sowie die "Gnade" der Königin – eine starke emotionale Wirkung entfachen können. So hingegen nimmt man sie als doch eher unbeteiligter Beobachter zur Kenntnis, ohne dass einen das Geschehen auf den TV-Schirm groß kümmern würde. Das fand ich enorm schade, und falls sich die Macher tatsächlich an "Game of Thrones" orientiert haben sollte (wie es den Anschein hat), so fürchte ich, dass sie dabei die falschen Lehren daraus gezogen haben. Zum Glück kam der Handlungsstrang rund um die Titelfigur bei mir ungleich besser an. Bereits der Einstieg ist optisch nett. Es ist deutlich, dass man bei "The Witcher" im direkten Vergleich zu "Game of Thrones" auf einen stärker künstlichen Fantasy-Look setzt, was sich nicht zuletzt auch gleich bei der ersten Szene im Wald zeigt. Das Monster war zudem nett designt und getrickst, und die Farbgebung, wenn auch etwas eintönig (ich bin sehr froh, dass nicht die komplette Folge in diesem grau-in-grau-Look daherkam), grundsätzlich sehr gut und mit bedacht gewählt. Henry Cavill macht zudem von Anfang an in der Rolle einen guten Eindruck. Vor allem aber hatte es mir in weiterer Folge das Dilemma angetan, vor dem er steht: Welchen der beiden Aufträge soll er annehmen? Seine ursprüngliche Lösung, einfach beide abzulehnen, gefiel mir grundsätzlich sehr gut – sollte sich dann aber als frommer Wunsch erweisen. Letztendlich wird er nämlich von Renfri quasi dazu gezwungen, sich gegen sie zu stellen und sie zu töten.

Episodenbild (c) Netflix Der besagte Kampf war ganz klar das Highlight der Folge – nicht zuletzt, als es zu Beginn eine längere Einstellung ohne erkennbaren Schnitt gab. Zudem hatte dieser Kampf eben genau das, was mir beim Geschehen in Cintra fehlte: Wir haben den Witcher und auch Renfri im Verlauf der Episode zumindest so halbwegs kennengelernt, so dass wir zumindest ansatzweise mitfiebern, wenn die beiden hier am Ende nun gegeneinander kämpfen (wobei es in meinen Augen auch nicht geschadet hätte, sich hier zuerst mal nur auf diesen Handlungsstrang zu konzentrieren, und alles rund um Cintra erst in der nächsten Folge einzuführen; dann hätte man dies sogar noch einmal mehr vertiefen können). Und auch das Ende fand ich gelungen: Denn als Gerolt verhindern will, dass der Zauberer die Leiche schändet, hetzt Stregobor die Dorfleute auf ihn, und lässt ihn zudem mit der quälenden Aussage zurück, dass Gerolt nie wissen wird, ob er sich richtig entschieden hat. All das war durchaus gelungen – wurde nur halt leider immer wieder für die für mich erstmal noch nicht wirkliche interessante Story rund um den Angriff auf Cintra unterbrochen. Ein etwas anderer Aufbau hätte letztendlich beiden Handlungssträngen gut getan. Immerhin, rein von der Produktionsqualität her gibt's nichts zu meckern. Inszenierung, Sets, Kostüme, DarstellerInnen, Musik… alles auf hohem Niveau. Allerdings hat die letzte Staffel von "Game of Thrones" eindrucksvoll bewiesen, dass das alles nicht viel hilft, wenn das Drehbuch nichts taugt. Ganz so weit würde ich bei "Des Endes Anfang" zwar nicht gehen; aber optimal war das nicht.

Fazit: Die erste Folge von "The Witcher" war in meinen Augen doch ein bisschen vermurkst. Ich hätte es besser gefunden, sich beim Serienauftakt mal wirklich nur auf die Titelfigur und sein Abenteuer in Blaviken zu konzentrieren, und dem Geschehen dort mehr Tiefe zu geben. Ab der nächsten Folge hätte man dann langsam Cintra vorstellen können. Mit der ersten Schlacht, geschweige denn dem dramatischen Ausgang des Konflikts, hätte man sich in meinen Augen aber bis zum Staffelfinale Zeit lassen sollen. Bis dahin hätten wir als Zuschauer nämlich auch eine Bindung zu den Figuren aufgebaut. So hingegen war das ein sehr hohles Spektakel. Man stelle sich mal vor, "Game of Thrones" hätte mit "Blackwater" gestartet. So in etwa wirkt "Des Endes Anfang" – der gerade auch was die Cintra-Storyline betrifft weniger wie der Anfang vom Ende als vielmehr das Ende des Anfangs wirkt – nur halt eben ohne Anfang. Das hätte man besser lösen können, ja sollen. Ansonsten wirkt "The Witcher" auf den ersten Blick aber mal nicht uninteressant. Henry Cavill macht in der Titelrolle eine gute Figur, produktionstechnisch gibt's auch nichts zu mäkeln, und die vorgestellte Welt hat durchaus ihren Charme. Dass die Serie das Zeug zum "Game of Thrones"-Nachfolger hat, würde ich nach diesem Auftakt – trotz dem artigen (aber halt eben auch sehr kalkuliert wirkenden) Abhaken solcher Zutaten wie nackte Tatsachen, epische Schlachten und rückhaltlose Gewalteinlagen – aber doch erstmal eher bezweifeln.

Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2019 Netflix)








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