Doctor Who - 12x03: Orphan 55
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Episodenbild (c) BBC

Originaltitel:Orphan 55
Episodennummer: 12x03
Bewertung:
Erstausstrahlung UK: 12. Januar 2020
Erstausstrahlung D: -
Drehbuch: Ed Hime
Regie: Lee Haven Jones
Hauptdarsteller: Jodie Whittaker als The Doctor, Tosin Cole als Ryan Sinclair, Mandip Gill als Yasmin Khan, Bradley Walsh als Graham O'Brien.
Gastdarsteller: Laura Fraser als Kane, Gia Ré als Bella, James Buckley als Nevi, Julia Foster als Vilma, Amy Booth-Steel als Hyph3n, Will Austin als Vorm, Col Farrell als Benni, Lewin Lloyd als Sylas u.a.

Kurzinhalt: Graham gewinnt für sich, die Doktorin und die anderen Begleiter, einen Aufenthalt im luxuriösen Tranquility Spa. Mittels Teleporter werden sie direkt aus der TARDIS ins Urlaubsparadies transferiert – welches sich jedoch schon bald als trügerisch herausstellt. Nicht nur, dass dort scheinbar gerade ein Computervirus sein Unwesen treibt, die Doktorin wundert sich zudem darüber, dass die Techniker über den Sauerstoffgehalt der Luft besorgt sind. Und dann fallen auch noch aggressive Monster über das Ressort her. Des Rätsels Lösung: Das Spa wurde auf einem sogenannten "Orphan Planet" errichtet. So nennt man Planeten, die einst bewohnbar waren, mittlerweile aber lebensfeindlich sind. Normalerweise sind solche dementsprechend unbewohnt, da jedoch Orphan 55 einst ein Paradies war, haben ein paar Lebewesen die Katastrophe überlebt, und sind nun zu diesen Monstern mutiert. Als einer der Besucher des Spa die lebensfreundliche Zone des Ressorts verlässt, eilen die Doktorin und ihre Begleiter zusammen mit den restlichen Besuchern und einigen Sicherheitskräften hinterher, um ihn zu retten. Im Ödland machen sie dann schließlich eine schreckliche Entdeckung…


Review (kann Spoiler enthalten): Episodenbild (c) BBC Ich zähle ja zu jenen, die von der elften Staffel alles andere als begeistert waren – wobei ich nur immer wieder betonen kann, dass das Problem nicht bei Jodie Whitaker bzw. generell einer weiblichen Doktorin liegt, sondern vielmehr an den Drehbüchern, sowie der aus meiner Sicht zu vielen Begleitern (ich halte 1-2 nach wie vor für ideal). Nach dem mich positiv überraschenden Staffelauftakt "Spyfall", der bei mir die Hoffnung weckte, dass Season 11 eventuell nur ein Fall von Anfangsschwierigkeiten gewesen wäre, folgte mit "Orphan 55" sogleich die Ernüchterung. Denn die war nicht einfach nur die bisher mit Abstand schwächste Folge der dreizehnten Doktorin, sondern stellt für mich generell einen der absoluten Tiefpunkte von "New Who" da. Mit Ausnahme der gewohnt hohen Produktionsqualität (vor allem der trostlose Planet sowie die Monster waren grundsätzlich ja gut umgesetzt) sowie den ebenfalls gewohnt guten schauspielerischen Leistungen kann ich nämlich leider genau gar nichts an positiven Aspekten hervorheben. Und diese rein kosmetischen Aspekte helfen halt leider – wie man immer wieder feststellen kann – nichts, wenn das Drehbuch ein Schmarrn ist.

In der letzten Staffel war Ed Hime für die zweitbeste Folge verantwortlich, nämlich "It Takes You Away". "Orphan 55" erweist sich jedoch leider als völliger Griff ins Klo – und das praktisch schon von Beginn an. Angefangen bei der zumindest unvorsichtig wirkenden Entscheidung, sich von dem Würfel einfach irgendwo hin transferieren zu lassen, ohne TARDIS, und dort dann auch falls mit diesem etwas passieren würde dort festzustecken, über das mittlerweile doch ordentlich ausgelutschte Konzept eines trügerisch-falschen Paradieses, bis hin zu so dämlichen Einfällen wie dem Computervirus, der sich auch auf Menschen überträgt, und bei diesen unter anderem dazu führt, dass man am Daumen lutscht (was zur Hölle?!), waren bereits die ersten paar Minuten ziemlich schwach. Dazu gesellten sich in weiterer Folge dann auch noch nicht nachvollziehbare Entscheidungen, wie z.B., dass alle überlebenden Besucher mit dem Panzerwagen ins unwirtliche Ödland aufbrechen – inklusive eines kleinen Jungen! –, um den Vermissten zu suchen, statt in der relativen Sicherheit des Ressorts zu warten, oder auch, wenn Bella den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt wählt, um ihre familiäre Beziehung zu einer der anderen öffentlich zu machen; wie ich generell ihre ganze Motivation nicht nachvollziehbar fand. Buhuhu, Mami hat mich als Kind vernachlässigt, drum sprenge ich das Spa in die Luft! Auch hier wieder: Was zur Hölle?! Am schlimmsten war aber dann ohnehin alles rund um die Auflösung, um welchen Planeten es sich bei Orphan 55 handelt. Einerseits, weil man sich hier dermaßen von "Planet der Affen" inspirieren ließ, dass es echt nur mehr unfreiwillig komisch war. Und andererseits, da man diese Offenbarung dann als Sprungbrett zu einem aufgesetzten, belehrenden Diskurs über die Klimakrise nutzt.

Episodenbild (c) BBC Die Krux an der Sache ist: Ich bin der Chor! Damit meine ich, analog zum englischen Sprichwort "zum Chor predigen", dass ich in der Sache voll und ganz auf der Seite der Episode bin. Wie es der Zufall so will, finden gerade heute wieder weltweit Klimastreiks statt, und ich unterstütze das voll und ganz, und stehe uneingeschränkt auf Seiten der Kinder, Jugendlichen, Lehrer, und wer auch immer sich sonst noch daran beteiligt. Ich finde es auch wirklich beachtlich, wie es mit Greta Thunberg einer jungen Frau gelungen ist, gerade auch Menschen in ihrem Alter auf der ganzen Welt zu inspirieren. Sprich: Ich sollte eigentlich für die Aussage hier genau die Zielgruppe sein. Aber sorry, nein. Nicht so. Ich fand die Offenbarung ja generell schon konstruiert (zumal sie sich halt zudem auch mit früheren, anderen Zukunftsvisionen rund um die Erde spießt, die bei "Doctor Who" bereits präsentiert wurden; nicht zuletzt "Das Ende der Welt" – wobei dieses Problem zugegebenermaßen frühere Folgen auch schon hatten), aber wie die Doktorin dann am Ende eine Brandrede praktisch genau in die Kamera hält (statt die TARDIS zu nehmen um Mutter und Tochter, die ihnen zur Flucht verhalfen, vor dem sicheren Tod zu bewahren) war derart ungeschickt und aufgesetzt, dass sie selbst mir nur ein Augenrollen entlockte. Was, so behaupte ich jetzt einfach mal, nicht die Intention dahinter war.

Fazit: Dass ich mich als jemand, der die Klimakrise für die größte Herausforderung unserer Generation sieht, und Aktionen wie "Fridays For Future" voll und ganz unterstützt, bei meiner Meinung zu "Orphan 55" auf Seiten der (überwiegend, aber nicht ausschließlich rechtskonservativen) Klimawandelleugner wiederfinde (die nun politisch nun wahrlich nicht weiter von meiner Einstellung entfernt sein könnten), sagt eigentlich schon alles. "Orphan 55" versagt leider völlig dabei, wenn es darum geht, dieses wichtige Thema vernünftig zu vermitteln, oder gar wachzurütteln. Statt einer warnenden Analogie bekommen wir hier vielmehr eine einfallslose, platte und unfreiwillig komische "Planet der Affen"-Variante, wo die darin enthaltene Lektion nicht einfach "nur" mit dem erhobenen Zeigefinger vermittelt, sondern vielmehr dem Holzhammer eingeprügelt wird. Vor allem die Rede der Doktorin am Ende fand ich diesbezüglich einfach nur peinlich. Und das – noch einmal – obwohl ich in der Sache ja eigentlich voll und ganz übereinstimme! Dass musst du auch erst mal schaffen. Aber auch davor war die Episode schon kein Highlight, und irritierte mich vielmehr mit viel zu vielen uninteressanten Figuren, deren Schicksal einem egal ist (immerhin etwas, dass wir – untypischerweise – mit der Doktorin zu teilen scheinen), ihrem teilweise nicht nachvollziehbaren Verhalten, einigen saublöden Einfällen (am Daumen lutschen), und dem abgenutzt-uninteressanten "trügerisches Paradies"-Konzept. Hatte ich nach dem überraschend gelungenen Staffelauftakt noch Hoffnung geschöpft, Chris Chibnalls "Doctor Who"-Ära könnte es ja vielleicht doch noch gelingen, an Davies und Moffat anzuknüpfen, fürchte ich nun vielmehr, dass er gerade auf dem besten Weg ist, diese britische Institution, die seit der Wiederbelebung 2005 fester Bestandteil des "Science Fiction"-Angebots im Fernsehen war, wieder zu Grabe zu tragen.

Wertung: 1 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2020 BBC)




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