Wolfsmond
Die glorreichen Vier gegen die Wölfe der Calla Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 31 August 2019
 
Titel: "Wolfsmond"
Originaltitel: "Wolves of the Calla"
Bewertung:
Autor: Stephen King
Übersetzung: Wulf Bergner
Umfang: 766 Seiten
Verlag: Heyne (D)
Veröffentlicht: 01. Dezember 2004 (D), 03. November 2003 (E)
ISBN: 978-3-453-53023-3
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Alle dreiundzwanzig Jahre werden die Bewohner der Siedlung Calla Bryn Sturgis von den sogenannten Wölfen – Männer mit Wolfsmasken und in grünen Kutten gekleidet – überfallen. Diese stehlen ihre Zwillingskinder, von denen es in der Calla außergewöhnlich viele gibt. Ein paar Wochen später kehren diese dann zwar wieder zurück, mindestens eines davon ist danach jedoch geistig verwirrt. Eben diese Kinder sterben dann meistens auch recht früh, während ihre Geschwister heranwachsen, nur um mitanzusehen, wie es eine Generation später ihren Kindern genauso ergeht. Doch geht es nach Father Callahan, der vor einiger Zeit über eine Tür aus unserer Welt nach Calla Bryn Sturgis gelangt ist, sollen diese Ernten ab sofort der Vergangenheit angehören. Er setzt sich dafür ein, dass die Dorfbewohner Roland und sein ka-tet aus Revolvermännern (und -frauen) darum bitten, den in Kürze bevorstehenden nächsten Angriff der Wölfe abzuwehren. Roland, Eddie, Jake und Susannah erklären sich dazu bereit, haben jedoch auch noch andere Sorgen, als sich auf den bevorstehenden Kampf in der Calla vorzubereiten. So ist die Rose in New York in Gefahr, da Calvin Tower unter Druck gesetzt wird, das Grundstück zu verkaufen. Und Susannah, die das Kind des Dämons in sich trägt, wird zuletzt immer häufig von einer neuen Persönlichkeit, Mia, heimgesucht…

Review: Als ich die "Der dunkle Turm"-Saga zum ersten Mal gelesen habe, gehörte "Wolfsmond" nach "Schwarz" (und neben "Der Turm") zu meinen Favoriten. Das scheint sich auch nun wo ich mir die Reihe zum zweiten Mal vorknöpfe wieder zu bestätigen – und mag damit zusammenhängen, dass Band fünf dem ersten zumindest mal vom überwiegenden Western-Setting her am nächsten ist. Die Grundidee scheint dabei nicht zuletzt von "Die glorreichen Sieben" inspiriert zu sein (bei dem es sich wiederum um ein Remake von Akira Kurosawas "Die sieben Samurai" handelte) – und wenn man zu Roland, Susannah, Jake und Eddie jetzt auch noch Oy, Mia und (zumindest kurzfristig) Callahan zum ka-tet hinzuzählt, käme man wiederum genau auf diese Zahl. Zufall, oder Neunzehn? Das lasse ich euch entscheiden. Jedenfalls hatte es mir das Setup sehr angetan, und vor allem der Einstieg konnte mir sehr gut gefallen. Die Ausflüge nach New York unterbrechen diese spannende Handlung zwar immer wieder, wirklich störend – da er halt auch ziemlich lang war – empfand ich aber eigentlich nur den ersten. Nicht zuletzt, als es danach auch an diesem Schauplatz eine wichtige Mission zu erfüllen gab, die im betreffenden Teil des Romans für Spannung sorgte. Trotzdem war mein persönliches Highlight alles rund um die – im englischen – titelspendenden Wölfe der Calla. Angefangen beim Setup über die Entwicklung der Handlung (wo Eddie und Roland die Wahrheit über Andy in Erfahrung bringen, und sich Jake der Erkenntnis stellen muss, dass der Vater seines neuen guten Freundes ein Verräter ist), bis hin zum dann wirklich packenden Showdown. Der Einfall, in dieses Westernsetting dann auch Elemente aus anderen popkulturellen – nicht King-basierten – Erzählungen einzubinden (wie er dies ja auch schon am Ende von "Glas", mit dem Schloss aus "Der Zauberer von Oz" getan hat), wie dass die Wölfe wie Dr. Doom aussehen, oder Lichtschwerter schwingen, wertete den Roman für mich dann nochmal zusätzlich auf. Die Mischung ist einfach sehr interessant, und lässt "Der dunkle Turm" noch einmal zusätzlich hervorstechen.

Aus Charakterentwicklungssicht wiederum fällt natürlich in erster Linie alles rund um Susannah und ihre neue Persönlichkeit ins Auge: Mia, die Mutter des – mit dem Dämon gezeugten – Kindes, dass sie in sich trägt. Positiv fand ich dabei unter anderem, dass Stephen King bestimmte Entwicklungen nicht unendlich hinauszögert. So reagiere ich seit ein paar Jahren zunehmend allergisch darauf, wenn z.B. Figuren gewisse Dinge in Erfahrung bringen, und nicht gleich alle die es betrifft einweihen. Ich hab das in den letzten Jahren einfach zu oft gesehen, dass diese Geheimhaltung, die keinen logischen Sinn ergibt, für irgendeine von den Autoren gewünschte tragische Entwicklung notwendig ist. Kurz fürchtete ich, bei "Wolfsmond" würde es in eine ähnliche Richtung gehen. Dann jedoch werden eh alle – inklusive Susannah – doch noch ehe es zu einer größeren Katastrophe kommen kann über Mia informiert. Hierin steckt jedoch zugleich mein erster großer Kritikpunkt: Weil bei eben diesem Palaver wäre ich dann doch ganz gern dabei gewesen. Immerhin verfolgen wir dieses ka-tet nun schon seit über fünf Bänden; da wäre ich an dieser entscheidenden Stelle schon gern dabei gewesen, um unmittelbar mitzuerleben, wie Susannah auf diese Erkenntnis reagiert. Zumal – und da schlagen wir die Brücke zum zweiten großen Schwachpunkt von "Wolfsmond" – sich der Roman aus meiner Sicht für andere, für die Handlung rund um Roland und seine Suche nach dem Turm unbedeutendere Momente, wiederum zu viel Zeit nimmt.

Dies bezieht sich in erster Linie auf die beiden ausführlichen Erzählungen von Father Callahan. Es ist knappe zwanzig Jahre her, dass ich "Brennen muss Salem" zum ersten und bislang einzigen Mal gelesen habe. Und auch, wenn ich ihn grundsätzlich als gut in Erinnerung habe, verbindet mich mit dem Roman grundsätzlich nichts, ist er mir nicht übermäßig in Erinnerung geblieben, und habe ich auch noch keine der Verfilmungen gesehen. Dementsprechend hat mich Father Callahans weitere Geschichte wenig bis gar nicht interessant. Und da diese sehr lang waren, und eine wesentlich interessantere und spannendere Handlung für viele Seiten unterbrachen, empfand ich diese Stellen als doch eher mühsam, langweilig bis richtiggehend störend. Mit einem eigenen Sequel zu "Brennen muss Salem", das eben am Ende in "Wolfsmond" überleitet, wäre beiden Geschichten besser gedient gewesen. Denn dann hätte er sich ausführlich Father Callahans weiteren Erzählungen widmen können, und hätten alle, denen "Brennen muss Salem" sehr gut gefallen hat, zugreifen können, um zu erfahren, wie es mit ihm weiterging. Dies den Anhängern seiner Dunklen Turm-Saga mittendrin einfach so aufzuzwingen, sehe ich aber ausgesprochen kritisch.

Fazit: Vom Setting her ist "Wolfsmond" dem ersten Band der "Dunkle Turm"-Saga am Nächsten – was, angesichts meiner Vorliebe für Western, ein wesentlicher Grund dafür sein mag, dass er mir von der bisherigen Reihe am zweitbesten gefallen konnte. Allerdings fand ich die Handlung generell überwiegend packend beschrieben, deren Verlauf sehr interessant, gefiel mir die Idee rund um die Vermischung des Western-Settings mit anderen popkulturellen Elementen, und hatte es mir dann vor allem auch der Showdown – inklusive einer harten Wendung – angetan. Auch die Entwicklung rund um Mia fand ich interessant. Jedoch: Beim großen Palaver, wo man über Susannah mit ihrer neuen Persönlichkeit spricht, wäre ich dann doch lieber "live" dabei gewesen. Vor allem aber fand ich die ausführlichen Erzählungen von Father Callahan, die an "Brennen muss Salem" anknüpfen, doch eher mühsam. Das hätte King aus meiner Sicht mal besser in einem eigenen Sequel untergebracht, dass dann zwar – wie viele seiner Werke – mit der Saga rund um den Dunklen Turm verbunden, jedoch eben nicht so unmittelbar Teil davon gewesen wäre. Denn zumindest ich fand diese Ausflüge in seine Vergangenheit als doch eher lästig. Davon abgesehen war "Wolfsmond" aber ein starker, packender, und nicht nur aufgrund seiner Länge epischer Roman.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel





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