Raum |
Zugleich packender Thriller und berührendes Drama
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Samstag, 27 Februar 2016 |
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Kurzinhalt: Vor sieben Jahren wurde die damals siebzehnjährige Joy von Old Nick entführt. Seither wird sie in einem kleinen Schuppen gefangen gehalten. In ihrer Gefangenschaft hat sie auch ein Kind bekommen, Jack, den sie so gut als möglich vor der Tristheit ihrer Existenz beschützt, in dem sie ihm alle möglichen Lügengeschichten erzählt. Nach seinem fünften Geburtstag hält sie ihn jedoch für alt genug, endlich die Wahrheit zu erfahren. Daraufhin schmieden die beiden einen gefährlichen Plan, der ihnen die Freiheit bringen soll… Spoiler-Warnung Ich bin sehr unvorbereitet in "Raum" gegangen und habe die Inhaltsangabe bewusst kurz gehalten, um den größten "Twist" – bzw. die Besonderheit – des Films, von dem zumindest ich im Vorfeld nichts wusste, nicht vorwegzunehmen. Allerdings werde ich auf diesen im Zuge meines Reviews eingehen. Wenn ihr den Film ebenfalls so unvorbereitet wie möglich sehen wollt, solltet ihr euch deshalb aufs Lesen des Fazits beschränken. Review: ![]() Jedoch – und das ist das Bemerkenswerte an "Raum" – wo sich andere Autoren und/oder Filmemacher auf ihr Leben im Bunker beschränkt und ihre letztendliche Flucht als den großen, triumphalen Höhe- und Schlusspunkt des Films inszeniert hätten, um dem Zuschauer mit dem entsprechenden Hochgefühl zurückzulassen, ist "Raum" fast noch mehr als an ihrer Tortur im Raum selbst an der Herausforderung interessiert, nach dieser Erfahrung in ein möglichst normales Leben (zurück)zu finden. Vor allem aus Sicht von Jack ist dies ungemein interessant, immerhin kennt er kein anderes Leben, als jenes im Raum. Auf einmal sind da neue, unbekannte Menschen, viel Licht, ungemein viel Platz – und einfach generell eine ganze, weite Welt um ihn herum. Dass ihm diese Umstellung zu Beginn alles andere als leicht fällt, ist absolut verständlich, und auch wenn ich kein Psychologe bin, wirkte die Art und Weise, wie "Raum" sich diesem Thema näherte, sehr plausibel und authentisch. Aber auch für Joy ist die Rückkehr in ein normales Leben kein Honigschlecken. Sie muss nicht nur mit Ressentiments gegen ihre frühere Freundinnen, die ein normales Leben führen konnten, fertig werden, sondern auch mit Schuldgefühlen sich selbst gegenüber, nicht schon früher bzw. mehr getan zu haben, um zumindest Jack die Flucht und ein normales Leben zu ermöglichen. Nun hat sie die Angst, keine gute Mutter zu sein, und das Leben ihres Sohnes für immer ruiniert zu haben. Verstärkt werden diese Gefühle für ein fieses Interview, das einen überaus kritischen Blick auf die skandalgeilen Medien wirft, denen meist mehr an ihren Quoten als am Respekt gegenüber den Opfern gelegen ist (kleine Randnotiz: Die entsprechenden Interviewszenen ließen mich den österreichischen Journalisten Christoph Feurstein, der Natasha Kampusch nach ihrer Flucht interviewt hat, noch einmal um einiges mehr wertschätzen, als ich das damals schon tat). ![]() Fazit: "Raum" beginnt als ungemein packender, bedrückender Thriller, und wandelt sich dann – nach einer für mich unerwarteten Wendung – zu einem zwar nicht mehr ganz so fesselndem, aber immer noch höchst gelungenen und bemerkenswerten Drama. Im Mittelpunkt steht dabei die Tortur von Joy und ihrem kleinen Sohn Jack, und wie diese die Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen, bewältigen. Vor allem in der ersten Hälfte gibt es dabei einige ungemein spannende und beängstigende Momente, während danach die emotionalen Szenen überwiegen – beides hatte jedoch auch mich seinen Reiz. Neben Lenny Abrahamson stilvoller und ruhiger Inszenierung, welche die Geschichte, die Figuren und ihren Leidensweg in den Mittelpunkt rückt, sowie der Handlung an sich (basierend auf Emma Donoghues gleichnamigen Roman, die auch das Drehbuch für den Film verfasst hat), stechen in erster Linie die schauspielerischen Leistungen hervor, wobei mich vor allem Brie Larson und Jacob Tremblay ungemein beeindruckt haben. Trotz ein paar kleinerer Schönheitsfehler ist "Raum" ein außergewöhnliches Thriller-Drama, das sich der Grundthematik zugeneigte Cineasten unbedingt vormerken sollten. Wertung:9 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2016 Universal Pictures International)
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