A Girl Walks Home Alone At Night
Stylisher, im Iran angesiedelter Vampirfilm Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 22 April 2015
 
 
Das ewige Leben
Originaltitel: A Girl Walks Home Alone At Night
Produktionsland/jahr: USA 2014
Bewertung:
Studio/Verleih: Say Ahh Productions/Capelight Pictures
Regie: Ana Lily Amirpour
Produzenten: U.a. Ana Lily Amirpour, Justin Begnaud & Sina Sayyah
Drehbuch: Ana Lily Amirpour
Filmmusik: -
Kamera: Lyle Vincent
Schnitt: Alex O'Flinn
Genre: Horror/Thriller/Romanze
Kinostart Deutschland: 23. April 2015
Kinostart USA: 21. November 2014
Laufzeit: 101 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD, Soundtrack
Mit: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh, Mozhan Marnò, Dominic Rains, Rome Shandaloo u.a.


Kurzinhalt: In der abgehalfterten iranischen Stadt Bad City treibt eine – dem Aussehen nach junge – Vampirfrau ihr Unwesen, und tötet jene, die es ihrer Ansicht nach verdient haben: Den Abschaum der Stadt, und jene, welche die schwächeren ausbeuten. Auch Arash wohnt – zusammen mit seinem drogenabhängigen Vater – in Bad City, und geht einem Job als Gärtner nach, um dafür zu sorgen, dass er und sein Vater so gut als möglich über die Runden kommen. Bei einer Halloween-Party lernen sich Arash und die Vampirfrau dann schließlich kennen… und lieben?

Review: Szenenbild. Die Indie-Schiene hat uns in den letzten Monaten und Jahren immer wieder sehr empfehlenswerte Horrorfilme abseits des Mainstream gebracht – und auch "A Girl Walks Home Alone At Night" reiht sich darin nahtlos ein. Eine zweite Tradition, die er fortsetzt, ist jene der abwechslungsreichen, außergewöhnlichen und originellen Vampirfilme. Keine Ahnung woran es liegt, dass gerade der Vampirmythos zu solch völlig unterschiedlichen Interpretationen einlädt, vom romantisch-verklärten Glitzervampir ("Twilight") über brutale Monster-Schocker ("Afflicted") bis hin zu lethargischen Romanzen ("Only Lovers Left Alive") – aber mit "A Girl Walks Home Alone At Night" fügt die Regisseur-Debütantin dem facettenreichen Genre einen weiteren Aspekt hinzu: eine vor Coolheit nur so strotzende, ungemein stilvolle und teilweise schon fast tarantinoeske Mischung aus Horror, Thriller, Drama und Romanze, angesiedelt in einem Land, dass man jetzt nicht unbedingt mit modernem Kino in Verbindung bringt: Dem Iran.

Hierzu sei jedoch gleich festgehalten, dass den Film eine gewisse Künstlichkeit umgibt, die sich bis in seine Entstehungsgeschichte durchzieht. So mag "A Girl Walks Home Alone At Night" zwar im Iran spielen, gedreht wurde aber in Kalifornien. Die Regisseurin und Drehbuchautorin Ana Lily Amirpour hat zwar iranische Wurzeln, wurde jedoch in London geboren und lebt mittlerweile in Los Angeles. Mit anderen Worten: Der Film ist nicht jener popkulturelle Befreiungsschlag des iranischen Kinos, der er vorgibt zu sein. Um die Kritik abzuschließen: Inhaltlich ist er nicht wirklich etwas Besonderes, sondern präsentiert eine überwiegend bekannte Geschichte, die zudem mit zunehmender Laufzeit recht vorhersehbar wird (Ich sage nur: Vater, Katze, und so weiter). Zudem fand ich, dass sich der Film ab der ein-Stunden-Marke leicht zu ziehen begann, und nicht mehr ganz so viel Spaß gemacht hat wie alles, was davor kam. Und auch das Ende hat mich jetzt nicht übermäßig begeistert. Auf der positiven Seite sticht zuallererst der großartige Titel hervor. Während die meisten modernen Filmen mit eher generischen Titeln ins Kino kommen, schafft es "A Girl Walks Home Alone At Night" automatisch, im Kopf des geneigten Zuschauers ein bestimmtes Bild – und damit einhergehende (besorgte?) Gefühle – entstehen zu lassen, das vom Film aber letztendlich Lügen gestraft wird. Denn das titelspendende Mädchen, dass in der Nacht allein nach Hause geht ist nicht das Opfer, sondern vielmehr die Täterin. Wie hier der Spieß quasi umgedreht wird war zwar selbst im Subgenre des Vampir-Horrorfilms nichts Neues mehr (man erinnere sich nur an "So finster die Nacht" – bzw. dessen US-Remake "Let Me In" – sowie "Byzantium"), verlieht dem Film aber nichtsdestotrotz – gerade auch im Wechselspiel zum Titel – einen gewissen Reiz. Generell fand ich das titelspendende "Monster" sehr gut umgesetzt; vor allem den Einfall, die traditionelle Tschador als eine Art verzerrte Variante von Draculas Umhang umzusetzen, fand ich ungemein clever.

Szenenbild. Die größte Stärke von "A Girl Walks Home Alone At Night" liegt aber zweifellos in der visuellen Gestaltung. Die Schwarz/Weiß-Photographie sieht einfach nur wunderschön aus. Sie verleiht dem Film einige optisch imposante Szenen – und zugleich eine gewisse zeitlose Qualität. Als äußerst positiv empfand ich auch die Coolness, die der Film aus praktisch jeder Pore verströmt. Mit der Mischung aus stilsicherer Optik, einem coolen Soundtrack sowie dem einen oder anderen netten Dialog wirkte der Film auf mich dabei stellenweise schon fast tarantinoesk – was sich u.a. auch im immer wieder eingestreuten (oftmals schwarzen) Humor zeigt. Die letzte wesentliche Stärke waren dann die Schauspielerischen Leistungen, wobei insbesondere Sheila Vand in der Titelrolle besticht. Sie verfügt über eine enorme Bildschirmpräsenz, die meine Aufmerksamkeit unweigerlich auf sich zog, wann immer sie auf der Leinwand zu sehen war. Dank ihr funktioniert die namenlose Titelheldin als Angebetete ebenso gut wie als Monster – ist sie doch auf der einen Seite sehr verführerisch, kann jedoch wenn sie das will auch ungemein bedrohlich wirken. Die anderen SchauspielerInnen sind zwar ebenfalls gut (HIMYM-Fans dürfen sich dabei auch auf einen Auftritt von "Ranjit" freuen), verblassen aber im Vergleich zu ihr.

Fazit: "A Girl Walks Home Alone At Night" sei in erster Linie selbsternannten Cineasten bzw. jene, die sich gerade auch im Horrorsektor gerne mal abseits des Mainstream bewegen, wärmstens ans Herz gelegt. Der in Kalifornien gedrehte, aber im Iran angesiedelte, Vampir-Film hat Style im Übermaß, und überzeugt vor allem mit seiner wunderschönen, stilistisch hochwertigen Optik, der aus allen Poren strömenden Coolness, sowie Sheila Vands magnetisierender Performance – gelingt es ihr doch, Verführerin und Monster gleichermaßen zu verkörpern. Und auch wenn es selbst im Subgenre der Vampirfilme bei weitem nicht der erste Film war, der damit punkten konnte, fand ich es dennoch positiv, wie der Film die üblichen Opfer-Täter-Muster – mit denen er ja auch im Titel spielt – auf den Kopf gestellt werden. Inhaltlich darf man sich hingegen keine übermäßigen Innovationen erwarten. Zudem fand ich, dass der Film mit der Zeit ein bisschen abbaut, vor allem aufgrund der zunehmenden Vorhersehbarkeit. Und auch ein etwas stärkeres Ende, das noch länger nachhallt, hätte ich mir gewünscht. Trotz dieser Mankos kann ich allen Horror-Liebhabern aber nur empfehlen, das titelspendende Mädchen auf ihrem Weg nach Hause zu begleiten.

Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2015 Capelight Pictures)


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