Under the Skin |
Jonathan Glazers kontroverses SF-Meisterwerk
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Montag, 01 Dezember 2014 |
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Kurzinhalt: Irgendwo in Schottland: Eine namenlose, attraktive junge Frau liest auf der Straße Anhalter auf, verführt sie, und bringt sie zu sich nach Hause. Doch haben sie ihr Haus einmal betreten, kommen sie nie wieder heraus. Unerbittlich setzt sie ihre Mission fort – bis ein Ereignis sie eines Tages dazu bringt, eine Reise der Selbstfindung zu beginnen… Review: ![]() Wohlgemerkt: Es ist ja nicht so, dass ich die kritische Ansicht dahinter nicht verstehen könnte. Aber mir gehen halt diese typischen Internet-Übertreibungen wo alles immer gleich das beste oder schlechteste aller Zeiten ist, ziemlich auf den Wecker. Dennoch kann ich voll und ganz verstehen, wie man dieser Meinung sein kann. "Under the Skin" ist definitiv nichts für jedermann; er ist ein sehr un- und vor allem auch außergewöhnlicher Film, der viele mit seinem schon fast meditativen Stil sowie der Angewohnheit, wenig bis nichts zu erklären, das meiste nur anzudeuten, und vieles auch einfach der Phantasie des Zuschauers zu überlassen, vor den Kopf stoßen wird. Von der Tatsache, dass der Film über keinen nennenswerten Plot verfügt, ganz zu schweigen. Viele Szenen sind sehr ausgedehnt und mögen dem einen oder anderen sinnlos erscheinen – für mich trugen sie allesamt etwas zum Film bei; und sei es nur, dessen Atmosphäre zu verstärken. Gleiches gilt bezüglich des Soundtracks, der ebenfalls sehr speziell ist, und als jemand der auch schon die eine oder andere Filmmusik gehört hat die ihm den Film selbst verdorben hat da ich mir ihr einfach nichts anfangen konnte, fühle ich mit jedem mit, dem es bei "Under the Skin" ebenso erging. Allein: Ich kann zwar auf objektiver Ebene verstehen, wie man all diese Kritikpunkte vertreten kann – teile sie jedoch selbst nicht. Der einzige Grund, warum er von mir (noch) nicht die Höchstwertung bekommt, ist die Tatsache, dass der Film nach einem herrlich mysteriösen Einstieg doch etwas braucht, um Fahrt aufzunehmen, und die Szenen in denen sich Scarlett Johansson nichtsahnende Beifahrer schnappt für sich genommen noch nicht übertrieben packend sind. Das ist aber auch schon der einzige Kritikpunkt, den ich gegenüber "Under the Skin" vorzubringen habe. ![]() Worauf man sich auf jeden Fall im Vorfeld einstellen sollte ist, dass "Under the Skin" ein Film ist, der wenig bis gar nichts klar ausdrückt und/oder erklärt. Vieles wird nur angedeutet, und gerade auch die Bedeutung einzelner Szenen und Entwicklungen sind letztendlich der Interpretation des Zuschauers überlassen. Insofern verstehe ich eben die vielen negativen Kritiken voll und ganz. Wenn einen der Film von Beginn an nervt, ist man natürlich auch nicht gewillt, dem Film seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und tatsächlich über ihn nachzudenken. Hier kommt wieder der Spiegel zum Tragen: Wenn ihr genervt hineinschaut, werdet ihr wohl auch nicht viel anderes aus dem Film herausbekommen. Generell lebt der Film weniger von seiner Handlung als der Stimmung, der Atmosphäre, und davon, bestimmte Gefühle zu vermitteln. Zudem steckt er voller Symbolik. Dementsprechend ist "Under the Skin" dazu gedacht, die Phantasie des Zuschauers anzuregen. Es ist ein Film der will, dass man über ihn nachdenkt und seine eigene Interpretation findet. Bei jenen, die der Film schon früh verliert, oder die sich einen geradlinigeren Film á la "Species" erwarten, kann und wird das natürlich nicht funktionieren. Aber: Wenn ihr es so wie ich schaffen solltet, euch auf ihn einzulassen, so steht euch in meinen Augen ein ganz außergewöhnliches und beeindruckendes Filmerlebnis bevor, dass hoffentlich noch lange nachhallen wird. ![]() Ohne zu viel verraten zu wollen möchte ich noch kurz auf ein paar Szenen eingehen, die mir in Erinnerung geblieben sind und/oder mich nach der Sichtung so schnell nicht wieder losgelassen haben. Zuerst einmal seien die grandiosen Sequenzen mit der Falle genannt. Ich bin mir sicher, dass diese für viele zu schräg und seltsam sein werden, aber ich fand sie – nicht zuletzt da sie visuell so interessant umgesetzt waren – einfach nur phantastisch. Unvergesslich ist für mich auch die Szene mit dem Baby am Strand, die mir auch bei der Zweitsichtung noch ungemein nahe gegangen ist. Ein vergleichsweise kleiner Moment, aber für mich dennoch so wichtig, da es einfach so viel über die Figur ausgesagt hat: Die Szene, in der Scarlett Johanssons Figur hinfällt – mehr sage ich dazu nicht, um euch nicht zu viel zu verraten. Gut gefallen hat mir auch, wie uns der Film quasi in ihre Haut schlüpfen lässt, da wir die Ereignisse überwiegend nur aus ihrer Perspektive erleben. Vor allem zu Beginn, als sie mit ihrem Auto durch Schottland fährt und Anhalter aufgabelt, sind wir quasi mit ihr in diesem Auto gefangen – und so wie sie vom Rest der Menschheit isoliert. Hier hilft übrigens auch der O-Ton, in dem die Leute die sie trifft teilweise mit einem derart starken schottischen Akzent sprechen, dass man sich selbst wie ein Außerirdischer vorkommt. Den deutschen Ton habe ich noch nicht ausgetestet, aber ich könnte mir vorstellen, dass dies bei der Übersetzung verloren gegangen ist. So toll einige individuelle Momente zuvor auch waren, mir persönlich gefiel das letzte Drittel ganz klar am besten. Dort gab es für mich auch die meisten und größten Höhepunkte – doch diese genauer zu besprechen, würde leider schon zu viel vorwegnehmen, weshalb ich es bei dieser allgemeinen, oberflächlichen Feststellung belassen will. ![]() Fazit: Ok, Leute, wie lange kennen wir uns jetzt schon? Für mich ist das heuer das mittlerweile achte Advents-Special; aber ich weiß natürlich nicht, wie lange ihr mir schon zulest. Jedenfalls: Wem vertraut ihr mehr? Mir, oder irgend so einem dahergekommenen amazon.de-Rezensenten, der in typischer, heillos übertriebener Internet-Manier "Under the Skin" als schlechtesten Film bezeichnet, den er je gesehen hat? Eben. Also, hopp hopp, DVD und/oder Blu-Ray besorgen, und einen der außergewöhnlichsten Science Fiction-Filme der letzten Jahre erleben! Scherz beiseite: Auch wenn ich die negativen Rezensionen auf amazon und/oder der IMDB in keinster Weise teile, kann ich sie absolut nachvollziehen. Weshalb ich auch meine obenstehende Liebeserklärung an den Film dezidiert nicht als Aufforderung zum Blindkauf missverstanden wissen will. Dafür ist "Under the Skin" schlicht und ergreifend zu speziell, lässt sich einfach nicht vorhersagen, wie er einem gefallen wird. Für mich kann ich allerdings nur festhalten, dass mich der Film nach beiden bisherigen Sichtungen so schnell nicht losgelassen hat, und dies wohl auch in absehbarer Zeit nicht tun wird. Er ist ein beeindruckendes, außergewöhnliches und faszinierendes filmisches Kunstwerk zu dem ich in meinem Leben sicherlich noch häufig zurückkommen werde, und dem man als Science Fiction-Fan auf jeden Fall zumindest mal eine Chance geben sollte – selbst wenn ihr dann letztendlich nichts mit ihm anfangen könnt. Wertung:9 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2014 Senator Film)
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