Interstellar |
Christopher Nolans gewaltiges SF-Epos
Kategorie:
Filme -
Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum:
Mittwoch, 24 Dezember 2014 |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]()
Kurzinhalt: Die Menschheit hat die Erde ausgebeutet und eine Ernte nach der anderen schlägt fehl. Schon bald wird der Planet die Reste der Menschheit nicht mehr ernähren können. Im Orbit von Saturn jedoch erscheint ein Wurmloch in eine andere Galaxie – zu einem Sternensystem mit mehreren bewohnbaren Planeten. Ein letztes Forscherteam der NASA macht sich auf den Weg, die interstellare Reise anzutreten, um für Menschheit ein neues zu Hause zu finden - und gibt dafür alles auf… Review von Christian Siegel: ![]() Ich weiß, dass es nach ersten euphorischen Reaktionen einiger Kinogänger – und vermeintlicher Nolan-Fanboys – in den letzten Wochen ein bisschen einen Backlash gegen "Interstellar" gegeben hat. Das ist ja generell ein Phänomen, das sich in den letzten Jahren vermehrt beobachten ließ. Viele Filme werden zu Beginn gefeiert – und die Jubelstimmen sind so laut, dass sie das leise Gemurmel der sporadischen Kritiker übertönen. Bzw. scheinen sich auch viele angesichts des allgemeinen Tenors nicht zu trauen, eine andere Tonlage anzustimmen. Erst ein paar Monate später trauen sich diese dann plötzlich vermehrt aus der Versenkung hervorkriechen, und meinen, man habe es ja schon immer gesagt – sooooo toll sei XYZ dann auch wieder nicht. Manchmal kann ich bei so einem Backlash zustimmen, und manchmal nicht. Bei "Interstellar" hatte ich nun den Eindruck, dass dieser Backlash deutlich früher und schneller kam als üblich. Und ich denke, dies liegt daran, dass er insgesamt eine kleinere Schnittmenge an Zuschauern so richtig begeistern wird, weshalb diese zwar ihren Jubel umso lauter in die Welt schreien – aber der Chor ist halt doch vergleichsweise klein, weshalb es den kritischen Stimmen leichter fällt, sich Gehör zu verschaffen. Im Falle von "Interstellar" schlage ich mich jedoch mal ganz klar auf die Seite der "Nolan-Fanboys" – zähle ich mich doch zu jener kleinen Schnittmenge, die der Film absolut begeistert und faszinierend hat. Für mich ist "Interstellar" – wobei meine Vorliebe für das SF-Genre hier natürlich eine wesentliche Rolle spielt, gar keine Frage – jedenfalls der Film des Jahres, und jener, den es für meinen FilmRückblick nach aktuellen Stand zu schlagen gilt. ![]() Das Ende ist – neben der Länge des Films, die von vielen bemängelt wird – überhaupt so ein Knackpunkt, und jener Aspekt, wo "Interstellar" bei vielen dann durchfällt. Dazu kann ich eigentlich nur sagen: Ich kanns verstehen – teile diese Ansicht aber nicht. Es verlangt tatsächlich eine gehörige Portion "suspension of disbelief", und die Rührseligkeit dieses Moments macht es auch nicht leichter, es zu schlucken, wie auch der metaphysische Aspekt (Stichwort Liebe als fünfte Dimension) oder die Tatsache, dass der Film bis zu diesem Zeitpunkt doch noch relativ wissenschaftlich fundiert und geerdet war. Der Raum am Ende ist definitiv weniger Science Fiction und mehr Fantasy. Für mich hat es allerdings funktioniert – wobei die Tatsache, dass ich die "große Wendung" bereits nach der ersten Erwähnung des Geists habe kommen sehen, sicherlich dabei geholfen hat, mich auf diese Auflösung einzustimmen. Ich hatte demnach mehr als 2 Stunden Zeit, mich darauf einzustellen und damit anzufreunden. Dass ich die Auflösung somit recht früh schon kannte, sah zumindest ich im Falle von "Interstellar" nicht als Manko. Im Gegenteil, konnte ich mich doch ob meiner eigenen Cleverness auf die Schulter klopfen. Zudem ging es in diesem Moment in meinen Augen ohnehin mehr um die Emotionen als den Inhalt. Und mit der Szene mit der Hand und dem Shuttle konnte man mich zumindest in einem kleinen Detail doch auch noch überraschen. Jedenfalls, für mich hat das Ende – trotz seiner Rührseligkeit – absolut funktioniert; was wohl wesentlich ist, wenn einem der Film ähnlich begeistern soll, wie es ihm bei mir gelungen ist. ![]() Letztendlich ist dies natürlich nur ein kleines Detail – aber ich denke, mittlerweile zeichnet sich ein Muster ab, und genau darum geht’s mir: Ich las in den letzten Wochen viel Kritik bezüglich "Interstellar", und jetzt stehe ich da und schreibe ein Review und komme mir schon fast ein wenig blöd vor, weil ich da nirgends zustimmen kann und den Film am liebsten in den Himmel loben würde. Ich komme mir vor wie einer dieser Nolan-Fanboys, die alles an seinen Filmen gut finden und sobald jemand sich erlaubt, etwas schlechtes über Nolan oder einen Film zu sagen, Smeagol-artig die Hände an die Ohren legt und "Ich hör nicht zu, ich hör nicht zu" sagt. Und es ist ja auch nicht so, als würde ich die andere Seite dieser Gleichung nicht kennen – lest nur mal mein Review zum gefeierten "Prisoners" aus dem letzten Jahr, der mich richtiggehend geärgert hat. Letztendlich ist es aber natürlich immer schöner, wenn man einen Film genießen und in die negativen Kritiken nicht einstimmen muss – und zumindest für mich war dies bei "Interstellar" der Fall. Letztendlich mochte ich einfach alles an ihm. Christopher Nolan wurde zu Beginn seiner Karriere oftmals vorgeworfen, dass seine Filme kalt und gefühllos wären. Bei "Interstellar" kann dies wohl niemand mehr behaupten – steht die Liebe hier doch vielmehr im Zentrum. Was ich dabei aber unter anderem so großartig und lobenswert fand, ist die Tatsache, dass es nicht etwa um die klassische romantische Liebe geht, als vielmehr jene zwischen Vater und Tochter – etwas, dass in dieser Intensität im Bereich des Blockbuster-Kinos doch eher selten beleuchtet wird. Allein dies hebt "Interstellar" schon wohltuend von der Konkurrenz ab. ![]() Auch die Thematik des Films gefiel mir sehr gut. "Interstellar" geht teilweise sehr sachlich und entsprechend trostlos mit dem Thema interstellarer Reisen und einer möglichen Rettung für die Menschheit um. So ergibt Plan B wohl in der Tat am meisten Sinn – wenn es wohl auch für die auf der Erde zurückbleibenden und dort dem Untergang geweihten Menschen kein großer Trost sein mag. Zwar gibt es natürlich auch noch Plan A, aber es hat schon Seltenheitswert, dass ein Film derart nüchtern an das Thema interstellarer Reisen – und eine mögliche Ausbreitung der Menschheit ins All – herangeht. Eine weitere wesentliche Stärke des Films ist natürlich auch die Optik. Egal ob das Schwarze Loch, die phantastisch ausgedachten und umgesetzten Lebensbedingungen auf den beiden Planeten (wo "Interstellar" wirklich mal etwas neues bot) oder dann die Szene im Raum am Ende – "Interstellar" bietet zahlreiche optisch beeindruckende Szenen, die man auf einer so großen Leinwand wie möglich bestaunen sollte, und die zudem teilweise wieder auf das IMAX-Format optimiert wurden und dort die ganze Leinwand ausfüllen. Und auch den Schauspielern ist allesamt großes Lob auszusprechen. Matthew McConaughey befindet sich seit ein paar Monaten ja überhaupt auf einem neuen Karrierehoch, dass sich in meinen Augen auch mit "Interstellar" ungehindert fortsetzt. Jessica Chastain und Anne Hathaway sind in ihren jeweiligen Rollen genauso gut, wie man dies zu erwarten gelernt hat. Und vor allem auch der jungen Murph, Mackenzie Foy, ist ein ganz großes Lob auszusprechen, da sie in den gemeinsamen Szenen mit McConaughey die Basis schafft, auf die Chastain in weiterer Folge dann aufbauen kann. Ohne dieses Fundament, das die Vater-Tochter-Beziehung glaubwürdig und nachfühlbar macht, würden weite Strecken des restlichen Films nicht funktionieren. ![]() Fazit: Dietmar Dath von der FAZ schrieb über den österreichischen Horrorfilm "Ich seh, ich seh": "Ich kann mir nicht helfen, mir gefällt sowas." Besser könnte ich meine Gefühle gegenüber "Intersteller" auch nicht ausdrücken. Als großer Fan des Science Fiction-Genres, dem leider nur allzu selten ähnlich anspruchsvolle Kost serviert wird, habe ich Christopher Nolans jüngsten Film förmlich verschlungen. Dabei verstehe ich jeden, dem der Film zu lang ist, und der vor allem auch mit dem Ende wenig anfangen kann und es als zu phantastischen, metaphysischen und übertriebenen rührseligen Quatsch abtut. Für mich hat es aber nun mal eben voll und ganz funktioniert. Angefangen von der berührenden Vater-Tochter-Beziehung, mit der Nolan hier eine äußerst menschliche Geschichte ins Zentrum seines Weltraum-Epos stellt, über die clevere Art und Weise mit er der Zeitdilatation spielt, den zahlreichen optisch beeindruckenden Weltraumszenen, den durchgehend phantastischen schauspielerischen Leistungen (mit besonderen Erwähnungen für Matthew McConaughey, Jessica Chastain und Mackenzie Foy), Hans Zimmers mitreißender Filmmusik bis hin zum – für mich – großartigen und sehr berührenden Ende, hat mich "Interstellar" für fast drei Stunden begeistert, verzaubert und fasziniert. Für mich persönlich ist er Christopher Nolans Meisterstück (bisher), jener Film wo er alle Fähigkeiten die er über seine Karriere hinweg erlernt hat perfektioniert und zu einem unvergleichlichen Filmerlebnis vereint. Und auch wenn ich mir sicher bin, dass der Film im Heimkino im Vergleich zur IMAX-Leinwand ein bisschen an Wirkung verlieren wird, freue ich mich jetzt schon darauf, in ein paar Monaten noch einmal mit Matthey McConaughey und Christopher Nolan auf diese beeindruckende interstellare Reise aufzubrechen. Wertung:10 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler: ![]() "Interstellar" erlaubt seinem Landeraumschiff zwar Manöver, die für existierendes Gerät unmöglich sind, hält sich aber sonst an die Physik, ganz wie "Gravity" u.ä. es vorgemacht hat. Die größte Erklärlücke ist hier m.E., wie es für den Lander möglich ist, mehrfach auf Planeten (mit Atmosphäre & vielfacher Schwerkraft) zu landen und wieder zu starten, wo auf der Erde noch eine mehrstufige Rakete nötig war, um damit überhaupt ins All zu kommen. Neben den atemberaubenden Szenen im All – vom Wurmloch, über die Planeten hin zum schwarzen Loch gibt es da natürlich noch die Besetzung, die besser kaum hätte sein können. Das Drama um eine Familie, die stellvertretend für alle Familien, den Kampf um die Zukunft mit der zusehends feindlichen Umwelt und mit sich selbst austragen muss, wird zum Dreh- und Angelpunkt auch über Raum und Zeit hinaus. Und hier unterscheidet sich "Interstellar" auch deutlich vom eher geschichtslosen "Gravity" – denn Nolans Film hat neben der - tatsächlich vorkommenden - Action abseits des Weltraums an sich, auch deutlich fantastische Ecken und Kanten. Es werden Konzepte aufgegriffen, die nur sehr schwer vermittelbar sind und hier hilft die aufgebaute Vorgeschichte ungemein. "Interstellar" hat für mich sehr viel von "2001". Vom Weltraum als grundlegendem Spielort mal abgesehen, gibt es hier thematisch viele Überschneidungen. Vom kosmischen Ereignis, über die Reise und eine Spiralen der Verzweiflung, zur Hoffnung für die Zukunft. Ich fand es tatsächlich schade, dass der Film aufhörte, als er aufhörte. Ich hätte gern noch mehr gesehen. ![]() Fazit: Geht ins Kino & bringt Sitzfleisch mit, denn "Interstellar" ist mit rund 170 Minuten bei den Filmen mit Überlänge ganz oben mit dabei. Er ist wirklich etwas zu lang geraten. Der ein oder andere Punkt – gerade anfangs – wurde zu breit ausgewalzt. Doch grundsätzlich hat Nolan hier wieder ganze Arbeit geleistet. Er hat ein fantastisches Ensemble zusammengestellt, das Matthew McConaughey grandios anführt, und eine alte Idee mit fantastischen Bildern, einer spannenden Atmosphäre und zutiefst persönlichen Geschichten verwoben. Daumen hoch. Wertung:9 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2014 Warner Bros.)
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zum Film im SpacePub! Weiterführende Links: Advents-SPECiAL 2014
Kommentar schreiben
|