Die Seuche
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Originaltitel: Symbiosis
Episodennummer: 1x22
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 18.04.1988
Erstausstrahlung BRD: 23.02.1991
Drehbuch: Robert Lewin, Richard Manning & Hans Beimler
Regie: Win Phelps
Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Denise Crosby als Lt. Tasha Yar, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher
Gastdarsteller: Judson Scott als Sobi, Merritt Butrick als T'Jon, Richard Lineback als Romas, Kimberly Farr als Langor u.a.

Kurzinhalt: Während die U.S.S. Enterprise starke Sonneneruptionen eines Sterns beobachtet, empfängt man einen Notruf, und kommt einem Frachter zu Hilfe, der drohte, in der Atmosphäre eines Planeten zu verglühen. Leider gelingt es der Crew der Enterprise, nur vier Überlebende rechtzeitig vom Frachter zu beamen, ehe dieser auseinanderbrach – da sie darauf bestanden, zuerst die wertvolle Fracht zu bergen. Doch neben den Käufern, ihres Zeichens Ornaraner, befanden sich auch zwei Händler vom Planeten Brekkia an Bord des Frachters, um das Geschäft zu überwachen und die Bezahlung für die Lieferung zu kassieren. Da diese im Frachter verglühte, denken sie gar nicht daran, sie ihnen einfach so zu überlassen – auch wenn es sich um lebensnotwendige Medizin handelt, um eine Seuche auf Ornara zu bekämpfen. Captain Picard kann die Brekkianer davon überzeugen, zumindest den beiden Frachterpiloten die notwendige Dosis der Medizin zu überlassen, um ihr Leiden zu lindern. Als Dr. Crusher die beiden beobachtet, als sie sich das Mittel verabreichen, hegt sie schon bald einen schrecklichen Verdacht…

Denkwürdige Zitate: "That's great!"
(Das seltsame Verhalten der Frachtercrew sorgt an Bord der Enterprise schnell für Verwunderung.)

"Behave yourselves, Gentlemen."
(Tasha zu den vier Gästen, nachdem sich diese im Frachtraum einen Kampf geliefert haben.)

"The Ornarans provide us with the necessities of life, and we provide them with the necessities of living. It is a fair exchange."
(Wäre es sogar - wenn dies denn der Wahrheit entsprechen würde.)

"Mister La Forge, take us out of orbit."
"Destination, sir?"
"I don't care. Let's just get some distance between us and this system."
(Der Ausgang des Dilemmas ist an Picard offenkundig nicht spurlos vorübergegangen.)

Review: ImageEine der größten potentiellen Stärken des Science Fiction-Genres ist es, sich mit aktuellen, wichtigen Themen auseinanderzusetzen, und sie dabei aufgrund des SF-Konzepts in einen neuen Kontext zu stellen, und/oder sie durch bewusste Übertreibung und Überspitzung deutlich zu machen, und/oder diese Themen aus einer bestimmten Distanz heraus und damit einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Eines der Paradebeispiele dafür wird wohl immer die Episode "Bele jagt Lokai" der klassischen "Star Trek"-Serie bleiben. Was immer man von der Folge sonst auch halten mag, selten bis nie wurde die Sinnlosigkeit von Diskriminierung aufgrund unterschiedlicher Hauptfarben prägnanter dargestellt als dort. Auch "Die Seuche" versucht nun, sich mit einem wichtigen Thema auseinanderzusetzen, und ihm durch die Science Fiction-Umgebung neue Aspekte abzugewinnen – ist dabei aber leider längst nicht so erfolgreich. Einerseits, da man rund um die Drogenthematik nur wiederkäut, was ohnehin allen bewusst ist (Drogen sind böse!), und andererseits, weil sich die hier gewählte Analogie kaum vernünftig und nachvollziehbar auf die Gegenwart umlegen lässt.

Zudem leidet "Die Seuche" darunter, dass es im weiteren Verlauf mehr um die Oberste Direktive als um Drogen an sich zu gehen scheint. Gerade auch dadurch verliert man aber irgendwie jedweden Bezug zur Gegenwart/Realität – oder will uns die Episode etwa sagen, dass wir uns aus dem ganzen einfach raushalten sollen?!?! Überhaupt hat mich das mit der Obersten Direktive, und dass sich Picard wegen ihr außerstande sieht, einzugreifen, nicht 100%ig überzeugt. Man sollte meinen, diese wichtigste, oberste Regel arbeitet man einmal vernünftig aus, damit sowohl die Drehbuchautoren als auch die Zuschauer die genauen Rahmenbedingungen kennen. Es scheint jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass Picard zwar auf den Notruf des Schiffes agiert und ihm hilft – und ursprünglich auch kein Problem darin sah ihnen Föderationstechnologie zu übergeben – und dann aber meint, man dürfte ihnen nicht helfen, da man sich dadurch in die natürliche Entwicklung der Kultur einmischen würde. Zumindest bei der klassischen Serie habe ich die Hauptdirektive ganz anders verstanden, nämlich als Schutz für primitive Kulturen, damit sie sich natürlich entwickeln können. Die Ornaraner und Brekkianer verfügen aber bereits über Raumfahrt und wissen, dass es dort auch noch andere Lebewesen gibt. Warum darf man also ihr Raumschiff retten und sogar versuchen, zwischen Käufern und Verkäufern zu vermitteln, nicht aber das Leiden der Ornaraner beenden? Zumal ihnen dieses von den Brekkianern zugefügt wird und diese sich auf ihre Kosten ein schönes Leben machen? Sorry, da kann Picard noch 100x den Turbolift anhalten und eine Rede über die Oberste Direktive schwingen, aber das leuchtet mir einfach nicht ein.

ImageDie schlechteste Szene der Folge ist aber natürlich zweifellos der "Sag NEIN zu Drogen"-Dialog zwischen Wesley, Data und Tasha Yar. Wenn es doch wenigstens Data gewesen wäre, der in seiner Neugier zum Verhalten der Menschen und seiner Naivität die Frage gestellt hätte, warum denn jemand Drogen nehmen würde. Das hätte da nachfolgende Gespräch zwar um nichts besser gemacht, wäre aber doch noch ansatzweise nachvollziehbar und verständlich gewesen. Aber dass man just Wesley (und damit dem Vertreter der jugendlichen Zuschauer) diese Frage in den Mund legt, war nun wirklich schlimmste Manipulation. Überhaupt passt die Szene rein gar nicht hinein und wirkt wie ein Fremdkörper – fast so wie diese typischen "Moral von der Geschicht'"-Szenen gegen Ende der Familien-Soaps der damaligen Zeit (siehe "Full House"). Nur die kitschige Musik, die anzeigt "Achtung liebe Mädels und Burschen, jetzt ganz genau aufpassen!" hat noch gefehlt. Jedenfalls war dieser Dialog ungemein verkrampft und absolut grauenhaft, und zählt für mich ganz klar zu den schlechtesten Szenen der Serie.

Dieser ausführlichen Kritik zum Trotz, hat "Die Seuche" durchaus auch ein paar gute Seiten. So fällt grundsätzlich auf, dass die Serie nun, kurz vor dem Ende der ersten Staffel, endlich ihren Rhythmus gefunden zu haben scheint. Sehr gut gefallen hat mir auch der Einstieg rund um die Sonneneruptionen, wo "The Next Generation" erneut überzeugend einen "sense of wonder" vermittelt. Als positiv erachte ich auch den sowohl im englischen als auch im deutschen irreführenden Titel zur Folge – denn natürlich handelt es sich weder um eine Seuche noch um eine Symbiose. Die Effekte sind wieder einmal herausragend, wobei neben dem Anflug der U.S.S. Enterprise auf die Sonne vor allem noch der Versuch besticht, den Frachter mittels Traktorstrahl davor zu bewahren, in der Atmosphäre zu verglühen. Diese Szene ist zudem, dank des Eindrucks eines Schiffes voller Zugekiffter, auch durchaus amüsant. Die Idee eines Volkes, dass ähnliche wie Zitteraale eine elektrische Ladung als Waffe einsetzen kann, weiß grundsätzlich ebenfalls zu gefallen – wenn diese Idee auch leider sehr in den Hintergrund rückt und nie so recht zur Geltung kommt, und die Szene des zweiten Einsatzes dieser Fähigkeit unter William Frakes unfreiwillig komischem Gesichtsausdruck leidet. Dennoch eigentlich schade, dass diese Fähigkeit nicht später bei einer anderen, prominenteren Rasse nicht mehr aufgegriffen wurde. Und so sehr das im Zentrum stehende Dilemma rund um die Drogenhändler und die oberste Direktive von mir auch kritisiert wurde, so muss ich doch festhalten, dass mir auch wenn ich Picards Argumentation nicht nachvollziehen kann sowohl einzelne Szenen (wie z.B. als Picard die Brekkianer mit seinem Verdacht konfrontiert und erkennt, dass sie die ganze Zeit Bescheid wussten) als auch der sich daraus ergebende und für "Star Trek" untypische getrübte Ausgang gefallen konnten.

Fazit: Image"Die Seuche" leidet etwas darunter, dass ich das im Zentrum stehende Dilemma nicht ganz nachvollziehen konnte. Zumindest ich hatte die Oberste Direktive bisher völlig anders interpretiert, und würde meinen, spätestens mit der Bitte um Hilfe der Ornaraner sollte sich das entsprechende Problem eigentlich erledigt haben. Daher fühlte sich der Konflikt rund um die weitere Vorgehensweise irgendwie sehr konstruiert für mich an. Am schlimmsten an "Die Seuche" ist aber natürlich die belehrende "Keine Macht den Drogen!"-Szene zwischen Wesley, Data und Tasha Yar, die für mich zum schlechtesten gehört, dass "The Next Generation" uns je präsentiert hat. Einfach derart verkrampft und mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger – grauenhaft! Dass die Episode trotz dieser Schwachpunkte kein völliger Reinfall ist, liegt in erster Linie an den erneut begeisternden Effekten, einzelnen gelungenen Szenen zwischendurch, dem amüsanten Einstieg rund um die "bekiffte" Frachter-Crew, sowie dem ungewöhnlich düsteren Ausgang der Geschichte. Ein etwas anderer Umgang mit dieser Thematik wäre in meinen Augen aber wünschenswert gewesen.

Wertung: 2 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)




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