Der letzte Befehl |
Episodennummer: 5x17 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 17. Juni 1998 Erstausstrahlung D: 06. März 1999 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: John Flinn III Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als President John Sheridan, Tracy Scoggins als Captain Elizabeth Lochley, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Security Chief Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Wayne Alexander als Drakh, Josh Clark als Kulomani, Joshua Cox als Lt. Corwin, Damian London als Regent, Thomas MacGreevy als Minister, Bart McCarthy als Daro, Robin Sachs als Na'Tok, Neil Bradley als Dr. Liberano Varda u.a. Kurzinhalt: Nach der offenen Kriegserklärung zwischen der Republik der Centauri und der Interstellaren Allianz haben sich Häufigkeit und Intensität der Scharmützel zwischen beiden Flotten erhöht. Als die Centauri beginnen, Hyperraum-Sprungtore ins Visier zu nehmen – was gegen eine der Konventionen der Kriegsführung, der sich alle Mitglieder der Allianz verschrieben haben, widerspricht – sieht sich Präsident Sheridan dazu gezwungen, die White Star-Flotte aktiv in den Krieg ziehen zu lassen. Als Reaktion darauf erfolgt ein Angriffs aufs Hyperraum-Sprungtor nahe Babylon 5. Währenddessen fliegen Delenn und Lennier mit einem White Star-Schiff los, um sich mit dem Grauen Rat zu treffen. Dieser soll den Bau einer neuen Schiffsklasse – schweren Kreuzern für die Interstellare Allianz – genehmigen. Doch auf dem Weg dorthin werden sie von einer Flotte der Centauri angegriffen. Daraufhin treibt das White Star-Schiff antriebslos und schwer beschädigt durch den Hyperraum. Dr. Franklin und Lyta brechen indes auf Wunsch von Vir zur Heimatwelt der Drazi auf, um zu ergründen, warum diese die Leichen der toten Centauri nicht zurückgegeben haben – und machen eine erschreckende Entdeckung. Die Drazi und Narn beschließen unterdessen, sich nicht länger nur verteidigen zu wollen, sondern Centauri Prime direkt anzugreifen. Als Sheridan davon erfährt, fliegt er mit einem White Star-Schiff los, um sie aufzuhalten. Und Londo schafft es mit einem Trick, die Zelle die er sich mit G'Kar teilte zu verlassen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Bei seinem Treffen mit dem Regenten erfährt er die Ausmaße der drohenden Katastrophe, die über Centauri Prime hereinzubrechen droht… Denkwürdige Zitate: "Don't take any unnecessary risks." "People always say that. They want to find lives in which risk is unnecessary. There's only one problem with that. It's impossible." (Delenns gut gemeinter Rat an Sheridan.) "I didnt' say yes, Vir." "I'm sorry. I assumed…" "Don't." (Sheridans wutentbrannte Rede an die Allianz. Sein abschließendes "You've got a war?" erinnert zudem an "Sense8".) "You picked a terrible moment in your social evolution to develop principles." (G'Kar zum mit ihm inhaftierten Londo.) Review: Was der zweiten Hälfte der fünften Staffel im Allgemeinen und "Der letzte Befehl" im Besonderen gelingt bzw. auch nochmal schön auf diese eine Folge komprimiert wurde, ist die langsame Eskalation der Ereignisse. Die Folge mag ein bisschen brauchen, um sich richtig Tempo aufzunehmen, aber in den letzten zehn Minuten überschlagen sich dann förmlich die Ereignisse: Die Entdeckung von Franklin und Lyta auf Drazi, der Angriff auf den Weißen Stern von Delenn und Lennier, Londos Gespräch mit dem Regenten, der Angriff auf Centauri Prime… hier gelingt es JMS fantastisch, so richtig auf die Tube zu drücken, und den Eindruck eines immer schneller werdenden Zuges zu vermitteln, der auf eine Katastrophe zusteuert. Das war wirklich phantastisch. Nicht, dass die halbe Stunde zuvor nicht auch schon gelungen gewesen wären. Dort stach für mich unter anderem der nächtliche Besuch hervor, den Londo erhält. Die Experimentier-Szene erinnert unweigerlich an "Akte X", die Masken – und langen Finger – der Hyach sehen sehr gut aus, und mit dem Auftritt des Drakh ahnt man dann schon, was genau auf Centauri Prime denn eigentlich vor sich geht. Eine nette kleine, kurze Horrorgeschichte, welche die gewünschte Gänsehauterzeugende, furchteinflößende Wirkung bei mir nicht verfehlte. Der wahre Höhepunkt von Londos Handlung auf Centauri Prime war aber natürlich das abschließende – und letzte – Gespräch mit dem Regenten; genau so, wie dieser es ihm ein paar Folgen zuvor versprochen hat. Londo hat sich über die Serie hinweg stark verändert haben, aber etwas haben der Londo von jetzt und der Londo von damals gemein: Ihre Liebe zu ihrer Heimat, zu Centauri Prime. Insofern kann man auch seine erschütterte Reaktion nachvollziehen und mit ihm mitfühlen, als ihm der Regent offenbart, dass er alle Schiffe die zur Verteidigung der Heimatwelt eingeteilt waren weggeschickt und zugleich das planetare Verteidigungssystem deaktiviert hat. Damit ist Centauri Prime dem anstehenden Angriff der Narn und der Drazi hilflos ausgeliefert. Sowohl Londo's schockiert-entsetzte Reaktion als auch Damian Londons Darstellung des Regenten jagen mir jedes Mal aufs Neue einen kalten Schaue über meinen Rücken. Auf Babylon 5 gibt es indes nach längerem wieder einmal ein Wiedersehen mit Captain Lochley (die zuletzt eher in der Versenkung verschwand), die jedoch auch hier nicht sonderlich viel zu tun bekommt, vom Angriff auf das Sprungtor abgesehen. Bei der Handlung von Sheridan und Delenn schlägt JMS indes zwei Fliegen mit einer Klappe, in dem er einerseits der Ablegerserie "Crusade" den Weg ebnet, und andererseits Delenn und Lennier auf ihren schicksalhaften Flug mit dem White Star-Schiff aufbrechen lässt – wobei sich mir, warum auch immer, bei ihrer Notlage auch früher schon nie so recht ernste Spannung bei mir einstellen wollte. Noch interessanter hingegen ist die Entdeckung, die Lyta und Franklin – eine nette Paarung, die wir ja jetzt auch schon länger nicht mehr hatten, und die auch hier wieder für Laune sorgt – auf der Heimatwelt der Drazi machen. Hier offenbart sich dann auch JMS' Erfahrung im Krimiserien-Bereich, als die ganzen Hinweise, Indizien und offene Fragen der letzten Episoden auf einem Schlag aufgegriffen und beantwortet werden: Die Interstellare Allianz soll dazu gebracht werden, Centauri Prime anzugreifen – und die Narn (die längst nicht alle so geläutert sind wie G'Kar, und teilweise nach wie vor auf Rache brennen) und die Drazi (welche diese Erkenntnis bewusst vor den anderen verbargen, um in den Krieg ziehen zu können, da sie sich davon einen wirtschaftlichen Vorteil erhoffen) gehen ihnen auch sogleich auf den Leim. All dies mündet letztendlich in einem – für "Babylon 5" eher seltenen – klassischen Cliffhanger, der einen die nächste Folge schon herbeisehnen lässt. Ein paar kleinere Kritikpunkte gibt es dann aber doch auch noch. So sind die Effekte – vor allem zu Beginn der Folge – nicht auf dem Niveau, wie man es selbst von "Babylon 5" (sprich, mittlerweile eh schon ein bisschen veraltet aussehend) gewohnt ist. Insofern kann ich das Gefühl nicht abschütteln, dass JMS – beim Herumprobieren im Hinblick auf "Crusade", wie viel machbar ist – hier etwas zu viel von Netter Digital (die in der vierten Staffel zwar grundsätzlich sehr gute Arbeit leisteten, an Foundation Imaging aber nie wieder ganz herankamen) verlangte, mit den Weltraumkämpfen, dem Besuch der Drazi-Heimatwelt, und so weiter. Dadurch fehlt diesen Szenen irgendwie der letzte Punch. Womit ich auch nicht viel anfangen konnte, ist die Art und Weise, wie Londo G'Kars Zelle verlässt. So etwas ist nun mal einfach nicht mein Humor. In der Art und Weise, wie Vir einfach Lyta übergeht und davon ausgeht, dass sie schon zustimmen wird, erschien mit die Folge auch etwas verkrampft darauf hinweisen zu wollen, dass Byron mit seiner Sichtweise recht hatte. Aber vor allem auch zu Vir wollte mir das irgendwie so gar nicht passen. Und abschließend sei noch festgehalten, dass der Angriff auf Centauri Prime bei der Erstsichtung insofern ein bisschen verwirrend ist, als zumindest ich dachte, dass das irgendwie mit der Zukunft in Verbindung stand, die Sheridan in "Tausend Jahre durch die Zeit" sah. Fazit: Mit "Der letzte Befehl" setzt sich der Aufwärtstrend folgt, wobei nach einer schon sehr gefälligen und unterhaltsamen ersten halben Stunde dann vor allem die letzten zehn Minuten begeistern. Dort dreht JMS die Spannungsschraube dann schon fast bis zum Zerreißen an, präsentiert einige sehr gut vorbereitete Offenbarungen und hochdramatische Entwicklungen, wobei vor allem die Ereignisse auf Centauri Prime, rund um den Regenten, schockieren. Londos gepeinigt-fassungslose Reaktion kann man ihm jedenfalls gut nachfühlen – und sorgt auch wieder einmal dafür, dass einem die Figur sympathisch wird und man mit ihm mitfühlt. Aber auch die Story mit Franklin und Lyta auf der Heimatwelt der Drazi konnte mir gefallen. Kleinere Kritikpunkte verhindern allerdings die absolute Höchstwertung. Beim Angriff aufs Sprungtor kam irgendwie keine Spannung auf, auch um Delenn und Lennier machte zumindest ich mir nicht so recht Sorgen. Lochleys Auftritt wirkt etwas beliebig. Die Effekte sind, vor allem zu Beginn, nicht auf dem von der Serie gewohnten Niveau. Einen anderen Weg, um Londo aus der Zelle herauszubekommen, statt auf Fäkalhumor zu setzen, hätte ich auch vorgezogen. Und zumindest bei der Erstsichtung ist der Angriff auf Centauri Prime im Hinblick auf die Ereignisse aus "Tausend Jahre durch die Zeit" ein bisschen verwirrend. Insgesamt ist "Der letzte Befehl" aber eine wirklich mitreißende Folge, die das niederschmetternde Gefühl, auf eine unvermeidbare Katastrophe zuzusteuern, sehr gut einfängt. Wertung: 4.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "Der letzte Befehl" im SpacePub! Stimmen zur Episode: Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire" Kommentare von JMS Und nirgendwo ist dieses Grauen greifbarer als in der Performance von Damian London als Regent der Centauri. Als wir den Regenten zum ersten Mal trafen, war er ein Geck, comic relief, nicht ungleich wie Londo zu Beginn unserer Geschichte… und nun, ebenfalls nicht ungleich Londo, wird er zur tragischen Figur. Es ist dieser Wandel, was er sagt und wie er es sagt, das dabei hilft, das Gefühl des Entsetzens weiter zu verstärken. Es wäre das einfachste und naheliegendste in der Welt, dass der Regent über die anstehende Verwüstung spricht, die Bomben und Leichen, zerstörte Städte, Millionen von Toten. Aber das würde nur das ohnehin offensichtliche aussprechen. Eben deshalb willst du vielmehr in die genau gegenteilige Richtung gehen. Er sagt, dass er wohl bleiben wird, um den Himmel zu beobachten, "der aufleuchten wird", und ergänzt dann, dass es "wunderschön" werden sollte. Das war ein unterschwelliger Rückgriff zu "Ich denke… Pastelle!". Hier, am Ende, ist Schönheit das letzte, an das er sich festhalten kann. Und die Bomben fielen. Und ich stand am nächsten Morgen, dem Weihnachtstag, auf, um schrieb weiter… Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 13" Naja, eigentlich ist es das, was ich die ganze Zeit gesagt habe… je größer der geplante Effekt, desto länger der stille Anlauf. Und nochmals: der Handlungsbogen war die ganze Zeit da, auch wenn es nicht so zu sein schien: das ganze begann, als die Überfälle anfingen, was eine ziemliche Zeit zurückreicht. Und Lyta wäre nicht in dieser Position, würde ihre Fähigkeiten nicht so offen einsetzen, wenn sie nicht mit Byron (wörtlich und im übertragenen Sinne) durchs Feuer gegangen wäre, und sein Schicksal sie nicht mehr oder weniger aus ihrem Schneckenhaus herausgeworfen hätte. Die alte Lyta wäre nie einfach aus eigenem Antrieb zur Heimatwelt der Drazi gereist: aber das Geld, dass sie braucht um ihrem und Byrons Traum zu folgen trieb sie an. Es war ALLES da, mehr oder weniger offensichtlich. Und ohne das, ohne diesen bedachten und vorsichtigen Aufbau, hätte diese Episode (und noch mehr die danach) nie so gut - wenn überhaupt - funktioniert. Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und übersetzt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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