Der Beweis |
Episodennummer: 3x05 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 29. Januar 1996 Erstausstrahlung D: 20. Oktober 1996 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: Menachem Binitsky Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als Captain John Sheridan, Claudia Christian als Commander Susan Ivanova, Jerry Doyle als Security Chief Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jason Carter als Marcus Cole, Jeff Conaway als Zack Allaln, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Shari Shattuck als Julie Musante, John Schuck als Draal u.a. Kurzinhalt: In ihrer Vorbereitung auf den kommenden Krieg mit dem Schatten wollen sich Sheridan und seine Mit-Verschwörer auf die Suche nach weiteren Verbündeten machen. So gibt es Wesen im All, die fast so alt sind wie die Vorlonen und die Schatten, und sie im kommenden Krieg unterstützen könnten. Mit Hilfe von Draal und seiner großen Maschine auf Epsilon 3 wollen sie sich auf die Suche nach diesen sogenannten Allerersten begeben. Doch noch ehe Captain Sheridan zum Planeten aufbrechen kann, wird er von einer Gesandten der Erdregierung aufgehalten: Julie Musante ist eine Mitarbeiterin von Nightwatch, und soll Sheridan – nach einigen politisch eher ungeschickten Aussagen und Taten – als politische Offizierin zur Seite stehen. Sheridan ist erzürnt, sieht er doch darin einen Eingriff in seine Autorität. Zumal es Musantes Anwesenheit schwerer macht, im Geheimen die Vorbereitungen auf dem Schattenkrieg voranzutreiben. Ein gemeinsames Abendessen soll aus Sicht von Musante aber dabei helfen, die Wogen zu glätten. Währenddessen fliegt Ivanova an seiner statt nach Epsilon 3, um sich in die Große Maschine einzuklinken. Dadurch findet sie nicht nur eine erste Spur auf die Allerersten, sondern stößt auch auf den langersehnten Beweis, dass Präsident Clark in das Attentat auf seinen Vorgänger verwickelt war… Denkwürdige Zitate: "It will be fun… assuming you're not vaporized, dissected or otherwise killed in an assortment of supremely horrible and painful ways. Exciting, isn't it?" (Draal sorgt bei den Anwesenden für Vorfreude auf die Begegnung mit den Allerersten.) "I heard an interesting word the other day. A word I hadn't encountered before." "Good. I'm pleased to hear that you are continuing to expand your frame of reference, G'Kar." (Delenn reagiert auf G'Kars Anfrage ungewöhnlich sarkastisch.) "I like you. You're trouble." (Draals Urteil über Ivanova. Dem kann ich nur zustimmen.) "And when exactly did all this happen?" "When we rewrote the dictionary." (Julie Musante stellt die Parteipropaganda mal für einen Augenblick ein.) "I can't leave without an explanation, she'll be all over me." "Looks to me like she's already all over you." (Ivanova gönnt sich auf Kosten ihres Captains einen kleinen Spaß.) "I think you're about to go where everyone has gone before." (Eine der lustigsten Dialogzeilen der gesamten Serie.) "At least that tells us that they understand our language, they're just not willing to speak to us in it." "Who knew they were French?" (Köstlicher Kommentar von Marcus.) "Claim victory in your heart and the universe will follow." (Ein schönes Sprichwort der Minbari.) Review: Nach drei fast gänzlich unabhängigen Episoden greift man mit "Der Beweis" nun den übergreifenden Handlungsrahmen wieder auf. Was mir dabei gut gefällt: Bereits die letzten "Arc"-Folgen haben einiges an Tempo in die Handlung hineingebracht und die eine oder andere fortlaufende Entwicklung abgeschlossen. "Der Beweis" greift aber wieder einmal bis zu den Anfängen der Serie zurück, und zeigt dadurch auf, wie sehr die Handlung von "Babylon 5" ineinandergreift – auch wenn einem das bislang noch gar nicht bewusst war. Man nehme nur alles rund um Sigma 957. Zum ersten Mal haben wir dieses System in der Episode "Die Macht des Geistes" besucht, als Catherine Sakai G'Kars Warnungen ignoriert hat. Wer hätte damals bei der Erstsichtung gedacht, dass wir diese Wesen jemals wiedersehen würden? Und nun stellt sich heraus, dass es sich um Allererste handelt, und diese wohl im Krieg gegen die Schatten noch eine wichtige Rolle spiele werden. Und auch das Attentat auf Präsident Santiago wird wieder aufgegriffen, und uns die entsprechende Szene sogar noch einmal gezeigt (neuerlich mit Christopher Frankes damaliger gänsehauterzeugender Musik aus "Chrysalis" hinterlegt. Ca. zur Mitte der zweiten Staffel haben wir erfahren, dass Captain Sheridan nicht ganz die ständig lächelnde Frohnatur ist, als die er sich bei seinem ersten Auftritt präsentiert hat, sondern er vielmehr ein Geheimnis verbirgt – gehört er doch einer Gruppe von Verschwörern an, die davon überzeugt ist, dass Präsident Santiago nicht einfach nur einem tragischen Unfall zum Opfer fiel, sondern er vielmehr ermordet wurde – möglicherweise sogar unter Beteiligung des nunmehrigen Präsidenten Clark. Sowohl für Sheridan als auch für uns völlig unerwartet erhält man hier nun den Beweis, dass man mit diesem Verdacht völlig richtig lag. Was ich auch damals nicht erwartet hatte war, wie schnell danach alles ging, und dass diese Videoaufnahme tatsächlich am Ende auf ISN ausgestrahlt wird. Zu diesem Zeitpunkt sah ich mir damals halt auch schon "Akte X" an, dass ebenfalls ansatzweise eine fortlaufende Handlung verfolgte, aber sowohl vor großen Antworten als auch großen Entwicklungen meistens zurückgeschreckt ist. Diese Art der Ankündigung einer großen, dramatischen Wendung oder Offenbarung nur um dann doch noch einen Rückzieher zu machen war für mich zu diesem Zeitpunkt bereits derart in mir drin, dass ich – obwohl "Babylon 5" zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals (z.B. mit dem Krieg zwischen Narn und Centauri, oder der Offenbarung rund um die Expedition von Sheridans Frau) bewiesen hatte, sich nicht vor einer Änderung des Status Quo oder vor definitiven Antworten zu scheuen – fest davon ausgegangen bin, dass dieser Beweis irgendwie spurlos verschwinden würde. Insofern hat mich das damals positiv überrascht. Eine weitere Stärke dieser Szene ist auch, dass "Babylon 5" hier wieder einmal die Aufmerksamkeit des Zuschauers belohnt – denn die Stimme jener Person mit der Clark kennt sollte einem eigentlich bekannt sein. Neben der Fortführung des Handlungsrahmens ist es aber in erster Linie der Humor, der dafür sorgt, dass "Der Beweis" phantastisch zu unterhalten versteht. Es gibt zahlreiche witzige Dialoge (siehe Zitate oben), wobei mir persönlich die "Star Trek"-Anspielung am besten gefällt. Einfach nur köstlich. Aber auch das Zusammenspiel zwischen Marcus und Ivanova ist phantastisch und trägt viel zum hohen Humoranteil der Episode bei. Gut gefällt mir auch, wie frech Ivanova ihnen gegenüber auftritt – und dass es ihr auf diese Art und Weise letztendlich gelingt, sie mit ins Boot zu holen. Interessant finde ich an dieser Szene auch die Reaktion dieser Allerersten auf die Erwähnung der Vorlonen. Marcus tut dies zwar mit einem spöttischen Kommentar ("Ob sie ihnen wohl noch Geld schulden?") ab, aber letztendlich ist es für den Zuschauer ein weiterer kleiner Hinweis darauf, dass sie nicht ganz die Engel sind, die wir in ihnen sehen sollen. Und auch von dieser Handlung abgesehen gibt es einfach zahlreiche witzige Kommentare und lustige Szenen, die viel zum Unterhaltungswert beitragen. Insgesamt zählt "Der Beweis" jedenfalls zweifellos zu den lustigsten Episoden der Serie – und das ganz, ohne dabei an Spannung einzubüßen. Auch abseits des Humors konnte mir die Handlung der Folge gut gefallen. Neben den Rückgriffen auf frühere Ereignisse sowie den Vorwärtsschritten im Handlungsrahmen stach dabei für mich vor allem alles rund um Julie Musante hervor – eine gefährliche Figur mit bedenklichem Gedankengut, aber verführerischem Aussehen, die auch nicht davor zurückschreckt, ihre Reize zum Wohle ihrer Mission einzusetzen. Als sie Sheridans ablehnende Haltung erkennt, versucht sie ihn nach Strich und Faden zu verführen, um ihn so doch noch für sich zu gewinnen und auf ihre Seite zu ziehen. Im Vergleich dazu bleiben Zacks Avancen unbelohnt. Jedenfalls fand ich die Figur sehr interessant. Sie verdeutlichte die Gefahr und die bedenklichen Tendenzen, die mit Nightwatch einhergehen (die Entwicklung dieser Organisation gefällt mir generell sehr gut. Alles beginnt vergleichsweise harmlos, doch Stück für Stück nimmt man den Menschen ihre Freiheit, unter dem Deckmantel größerer Sicherheit), und brachte die daraus resultierende Bedrohung auch näher zu unseren Helden. Zudem wird sie von Shari Shattuck famos und sehr launig gespielt. Insofern finde ich es fast ein wenig schade, dass sie am Ende wieder zur Erde zurückberufen wurde – hätte ich sie mir doch durchaus als wiederkehrende Rolle vorstellen können. Sie ist eine jener Figuren, die man liebt, zu hassen. Besonders gut gefällt mir auch, wie es ihr gelingt, Misstrauen zwischen Zack und Garibaldi zu säen. So verständlich es angesichts seiner Nightwatch-Mitgliedschaft auch sein mag, dass man ihn nicht einweiht, aber… wenn Zack Garibaldi am Ende vorwirft, ihm nicht zu vertrauen, hat er in der Sache recht. Eben dies macht ihren Konflikt so interessant – es gibt keine gute und keine böse Seite, und als Zuschauer kann man die Motivationen beider nachvollziehen. Auf die Gefahr hin, wie eine hängengebliebene Schallplatte zu klingen, aber… auch bei "Der Beweis" muss ich die Spezialeffekte wieder einmal lobend erwähnen und anmerken, dass ich die Kritik, die "Babylon 5" wegen diesen oftmals entgegenschlägt, nicht so recht nachvollziehen kann. Ich habe mir dieser Tage erst "Getrennte Wege", das Finale der 1. "Doctor Who"-Staffel angesehen. Dieses ist 10 Jahre später entstanden, und ich finde, dass sich die Effekte dort schlechter gehalten haben als bei "Babylon 5" (wenn sie auch was die Quantität betrifft durchaus beachtlich waren). Mir persönlich können die Effekte jedenfalls, wenn man von der mangelnden Auflösung absieht, nach wie vor gut gefallen, und ich finde, dass man ihnen ihre Computerherkunft weniger stark ansieht als bei so manch anderen, teilweise auch später entstandenen, Serien. Im Fall von "Der Beweis" stachen für mich ganz besonders der Zoom auf Ivanovas Auge, der Verzerrungseffekt im Weltall als sie nach den Allerersten sucht, die Augen der Schatten sowie das Schiff der Allerersten hervor. In "Die Macht des Geistes" konnte man ja nur einen kurzen Blick darauf erhaschen, hier kann man das Design und die Umsetzung deutlich länger bestaunen. Wirklich toll gemacht. Fazit: Nachdem die letzten paar Episoden vom Handlungsrahmen eher unabhängige Geschichten erzählt haben, greift JMS einige lose Fäden aus der fortlaufenden Handlung endlich wieder auf. Bei der Erstsichtung war ich ganz besonders begeistert, dass dabei in gleich zwei Aspekten sogar bis zur ersten Staffel zurückgegangen wird, nämlich was die Außerirdischen bei Sigma 359 sowie das Attentat auf Präsident Santiago betrifft. Zudem hätte ich eigentlich erwartet, dass der im deutschen titelspendende Beweis in weiterer Folge verloren geht, und die Verschwörer gegen Präsident Clark somit einen Rückschlag würden einstecken müssen – war ich es doch damals u.a. von "Akte X" gewohnt, offene Fragen und bestimmte Entwicklungen möglichst lange hinauszuzögern und zu verschleppen, statt den Status Quo zu verändern und definitive Antworten zu liefern, so wie dies hier der Fall ist. Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor der Episode ist der Humor. Trotz einiger wichtiger Entwicklungen zählt "Der Beweis" wohl zu den amüsantesten Folgen der gesamten Serie; vor allem die Dialoge sprühen vor Witz nur so über. Über den Auftritt von Julie Musante freue ich mich auch bei jeder neuerlichen Sichtung dieser Episode. Sie ist eine gelungene Gegenspielerin, mit der man die Bedrohung die von Nightwatch ausgeht noch einmal verdeutlicht, und diese zudem näher an unsere Helden führt und sie damit stärker in die Bredouille bringt. Insofern finde ich es doch ein wenig schade, dass es bei einem einmaligen Auftritt geblieben ist. Jedenfalls: Die einzelnen Handlungsstränge konnten mir allesamt gefallen, die Episode selbst bietet dank der humorvollen Dialoge sehr gute Unterhaltung, und unter den Effekten finden sich einige Schmankerl. Einzig die ganz großen Höhepunkte mögen "Der Beweis" fehlen. Davon abgesehen aber eine makellose und sehr unterhaltsame Episode, die den Aufwärtstrend fortsetzt. Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "Der Beweis" im SpacePub! Hintergrundinformationen: Vom Skript zur Folge: Wie so oft gibt es kaum Änderungen. So wurde aus Zeitgründen ein netter kurzer Dialog zwischen Draal und Ivanova geschnitten: "Sie fühlen sich eh nicht gerade besonders feindselig, oder?" "Noch nicht. Warum?" "Die Große Maschine missversteht manchmal Gefühle. Sie kann einen Ausdruck für eine Anweisung halten. An meinem ersten Tag hier war ich genervt als ein Käfer über meine Nase krabbelte. Ich zerstörte fast Babylon 5 ehe ich bemerkte was ich da tat." Dafür fehlt im Drehbuch noch Sheridans Anmerkung, dass es in seinem Quartier wohl kalt sein müsse, und mit der er sich gegenüber Musante aus der Affäre zieht. Am Ende wiederum gibt es im Drehbuch eine Szene, wo Marcus Ivanova fragt ob er sich zum Essen anschließen darf – und diese schließlich zustimmt. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 5" Produktionsnotizen: "Der Beweis" hätte eigentlich die vierte Episode der dritten Staffel sein sollen. Da jedoch die Anforderungen an die Effekte sehr hoch waren, wurde "Die Schrift aus Blut" vorgezogen. Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 3: Point Of No Return" Stimmen zur Episode: Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 3: Point Of No Return" Kommentare von JMS Ich stelle also das Drehbuch fertig, reiche es ein, und es wird den einzelnen Abteilungen zugestellt. Am nächsten Tag kommt unsere Kostümdesignerin Ann Bruice-Ailing in mein Büro. "I dachte mir ich schau mal vor bei und versichere mich, dass du mit allem zufrieden bist", sagte sie. "Ja, alles fein", sagte ich, hinter meiner Tastatur hervorluchsend, "könnte nicht besser sein." "Bist du sicher?" "Absolut. Warum?" "Ach… nur so." Und sie ging weg. Am nächsten Tag genau das gleiche. Sie wirkt über etwas besorgt, und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was das sein könnte… und dann traf es mich. Ich ging rüber zur Kostümabteilung und steckte meinen Kopf hinein. "Das mit Zacks Uniform ist nur ein Scherz, Ann. Die Uniform ist in jeglicher Hinsicht perfekt, es ist nur so eine Zack-Sache." Und sie lächelte erleichtert. "Danke, ich dachte du wärst damit nicht glücklich und wüsstest nicht, wie du es mir sagen sollst und wolltest mir die Nachricht daher über die Figuren vermitteln." Wie ich sagte: Menschen sind lustig. Und Show-Menschen sind völlig irre. Ich erfuhr davon erst im Nachhinein, da diese Szene an einem Freitag gedreht wurde, unmittelbar vor der Mittagspause. Freitag war Grilltag am "Babylon 5"-Set. Ich liebe Baby Back Ribs. Kann davon nicht genug bekommen. Ich wollte daher auf Nummer sicher gehen, dass ich den Essenstruck etwas früher erreiche, um sicherzustellen dass ich noch eine gute Auswahl an Ribs bekommen würde. Ich schaute auf den Drehplan, und sah dass Shari die Verführungsszene drehen würde. Und ich dachte: "Hmm… schauen wir mal… nackte Dame… oder Ripperl… nackte Dame… Ripperl…". Die Ribs gewannen, und ich verpasste alles. Was mich zu meiner Theorie bringt dass bevor du die 40 erreichst, die nackte Dame gewinnt. Nach vierzig gewinnen die Ripperl. Es war Jeffs Liebenswürdigkeit die ihn für die Night Watch-Geschichte vorschlug, und er machte einen tollen Job als es darum ging, Zacks wachsende Sorge wegen dieser Situation zu vermitteln. Er mochte diese Episode ganz besonders, da er als Figur viel Zeit damit verbrachte Shari Shattucks… Silhouette anzustarren, insbesondere da dies laut Drehbuch erforderlich und somit absolut vertretbar war. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 5" Ich finde das interessant, denn wir glauben immer, wir seien klüger geworden, wo doch die Geschichte genau das Gegenteil beweist. Die Große Lüge, zwar nicht in aller Öffentlichkeit ausgesprochen, aber laut, entschlossen und mit Überzeugung, war eine der erfolgreichsten Taktiken in der Geschichte. Als Hitler und Goebbels vor einer Menschenmenge standen und die Juden beschuldigten, sie würden Gesellschaft und Kultur zerstören, als sie Pamphlete mit hässlichen Karikaturen in Umlauf brachten, als sie darauf hinwiesen, dass die Juden Untermenschen seien (und dies taten sie sogar in Wochenschauen, die man für die Angehörigen der medizinischen Berufe bereitstellte, die mit der Ausmerzung von "Schwachsinnigen und Juden" beauftragt waren)… als Joseph McCarthy sich vor die Nation hinstellte und eine Liste schwenkte mit den Namen von Kommunisten im Staatsministerium, beim Militär und im Kongress, im Showbusiness und in der Wissenschaft… da war es nicht so, dass die Öffentlichkeit plötzlich aufwachte, die Stimme der Fanatiker hörte und sagte: "He, dieser Kerl ist verrückt!" Sie haben es geschluckt. Weil man ihnen eingeschärft hatte, es zu glauben. Weil sie es glauben wollten. Weil sie Angst davor hatten, es nicht zu glauben. Nein, subtil war Musante nicht. Denn es gibt eben eine Zeit, da ist man raffiniert, und es gibt eine Zeit, da legt man vor seinem handverlesenen Publikum einen grandiosen Auftritt hin und stürzt sich auf die Große Lüge. Hätte sie vor einem größeren Publikum gesprochen, sie hätte ihre Botschaft wohl nicht so scharf formuliert. Aber den Mitgliedern von Nightwatch musste sie es einbläuen, genauso wie es der Hitlerjugend eingebläut wurde, so wie man den Leuten bei den Versammlungen der Antikommunistischen Jugend das Schlagwort Rote Gefahr einbläute, so wie man den kroatischen oder serbischen Soldaten eingebläut hatte, es sei notwendig, Frauen der gegnerischen "Rasse" zu vergewaltigen, damit die daraus entstehenden Babys ethnisch reiner würden… was dann auch geschah. Das meiste ihres Textes wurde nach wirklichen Reden geschrieben, die durch die Jahrzehnte hindurch oder länger fanatische Führer vor ihren Anhängern hielten. Es gibt Passagen von Hitler, von Goehring, von Goebbels… Zitate von McCarthy, von Stalin, von Pat Buchanan und dem Republikaner Dornan. Denn das Volk fiel darauf rein. Es hat funktioniert. Es funktioniert noch. Und es wird weiterhin funktionieren… solange die Leute denken, sie würden niemals auf sowas reinfallen. Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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