HOME PROJEKTE LINKS CHAT JOBS DATENSCHUTZ ARCHIV
Startseite arrow Filme von A-Z arrow Picknick am Valentinstag
Picknick am Valentinstag Drucken E-Mail
Elegische Aufarbeitung eines unerklärlichen Ereignisses Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 15 Oktober 2025
 
Halloween-SPECiAL

 
Picknick am Valentinstag
Originaltitel: Picnic at Hanging Rock
Produktionsland/jahr: Australien 1975
Bewertung:
Studio/Verleih: McElroy & McElroy/British Empire Films Australia
Regie: Peter Weir
Produzenten: Hal McElroy & Jim McElroy
Drehbuch: Cliff Green, nach dem Roman von Joan Lindsay
Filmmusik: -
Kamera: Russell Boyd
Schnitt: Max Lemon
Genre: Thriller/Dama
TV-Premiere BRD: 24. Juli 1977
Kinostart Australien: 08. August 1975
Laufzeit: 115 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Mit: Rachel Roberts, Anne-Louise Lambert, Vivean Gray, Helen Morse, Kirsty Child, Tony Llewellyn-Jones, Jacki Weaver, Frank Gunnell, Karen Robson, Jane Vallis, Christine Schuler, Margaret Nelson, Ingrid Mason, Jenny Lovell, Dominic Guard, John Jarratt u.a.


Kurzinhalt: 14. Februar 1900 in Victoria, Australien. Mitten im Sommer, und bei brütender Hitze, bricht eine Gruppe von Internatsschülerinnen mit ein paar Lehrkräften zum Hanging Rock auf, um dort ein Picknick abzuhalten. Nach einer Weile beschließen vier der Mädchen – Miranda, Irma, Marion und Edith – ein bisschen spazieren gehen zu wollen, um die Felsen zu erkunden. Sie verabschieden sich von den anderen – und kehren nicht mehr zurück. Man sucht die Gegend ab, doch die vier Mädchen sind spurlos verschwunden. Am nächsten Tag wird ein größerer Suchtrupp organisiert, dem sich auch die beiden jungen Männer Michael und Albert – welche die Mädchen auf ihrem Weg zum Hanging Rock als letzte gesehen haben – anschließen. Eine Woche später, nachdem alle die Hoffnung schon aufgegeben haben, wird dann auf einmal Irma wieder gefunden. Doch diese kann sich an nichts mehr erinnern…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Es gibt diese Filme, wo man in objektiver Hinsicht die Faszination, die sie für manche Menschen besitzen, zwar nachvollziehen kann, es einem allerdings partout nicht gelingen will, diese zu teilen. "Picknick am Valentinstag" ist einer dieser Filme für mich. Und das, obwohl er eigentlich noch sehr vielversprechend beginnt. Ich habe ihn mir mittlerweile (im Abstand von mehreren Jahren) zwei Mal angesehen, und in beiden Fällen gelang es ihm, mich in der ersten halben Stunde noch voll in Beschlag zu nehmen. Eben dort gelingt es Peter Weir nämlich noch ausgezeichnet, mich in den Bann zu ziehen. Die Inszenierung, bei der er teilweise stark auf den damals beliebten Weichzeichner setzt. Die Panflöten-Musik von Gheorghe Zamfir. Einzelne Einstellung, die fast schon den Eindruck eines Gemäldes vermitteln. All dies verleiht "Picknick am Valentinstag" eine wunderbare, träumerische Atmosphäre, zugleich aber auch irgendwie Entrücktes, und vor dem Verschwinden der Mädchen auch zunehmend Entrisches. So weit, so gut.

Leider aber: Nach diesem faszinierenden, mysteriösen und durchaus fesselnden Auftakt verliert mich der Film nach dem Verschwinden der vier jungen Frauen zunehmend. Aus meiner Sicht wusste man mit diesem interessanten Setup nicht wirklich etwas anzufangen. Die langsame Erzählweise, die bis zur Erreichung dieses Höhepunkts voll gepasst hat, und einen eben diesen erwarten ließ, erscheint mir danach eher hinderlich – zumal man dann auch nicht mehr wirklich auf irgendetwas zusteuert. Der Film mäandert langsam und ohne wesentliche Höhepunkte vor sich hin, und läuft letztendlich auch (im Großen und Ganzen) ins nichts. Und aus den wenigen dramatischen Ereignissen, die sich danach noch zutragen, vermochte er in meinem Fall leider auch nichts herauszuholen; wohl, weil wir die betreffenden Figuren bis dahin zu wenig kennenlernten, und ich dementsprechend nicht wirklich eine Bindung zu ihnen aufbauen konnte. Nur um das klarzustellen: Mein Problem ist in keinster Weise, dass es keine Erklärung für das Verschwinden der Mädchen gibt, und wir nicht erfahren, was mit ihnen geschehen ist – ja selbst dann nicht, als eine von ihnen wieder auftaucht. Mir scheint es nur so, als hätte der Film danach irgendwie nicht mehr wirklich etwas zu erzählen gehabt, und würde ziellos vor sich herirren, bis er irgendwann mal einen Punkt erreicht, den man für das Ende der Geschichte angemessen hält. Er steuert – auch in emotionaler Hinsicht – auf nichts zu. Vor allem aber macht mir "Picknick am Valentinstag" zu wenig aus dem unerklärlichen Verschwinden der vier (bzw. dann drei) Mädchen. Was macht das mit ihren Schulkameradinnen? Mit den Lehrerinnen? Der Direktorin? Der ganzen Gemeinde? Ja, da und dort – teils aus dem Nichts – greift man dies zwar schon auf. Mir war es aber zu wenig, um eine ganze Stunde Laufzeit mitreißend zu füllen.

Fazit: Szenenbild. In der ersten halben Stunde bin ich immer voll drin, und vom Geschehen faszinierend. Danach jedoch weiß der Film in meinen Augen zu wenig mit dem faszinierend-mysteriösen Setup anzufangen. Man macht mir einfach aus den Auswirkungen des unerklärlichen Verschwindens zu wenig. Der Film mäandert danach vor sich hin, zieht sich stellenweise ordentlich, und erreicht auch eher einen beliebig wirkenden Schluss- denn einen markant-eindringlich-berührenden Höhepunkt. Nicht nur das zugrundeliegende Mysterium an sich, sondern auch das sich daraus entfaltende Drama bleibt mir zu vage, und nicht wirklich greifbar. Was bei ersterem für mich prima funktioniert; nicht aber bei letzterem, wo ich einfach eine gewisse Bindung brauche, ich andocken muss, um wirklich mitfühlen zu können. Dessen ungeachtet: Inszenatorisch, musikalisch und was die Landschaftsaufnahmen betrifft, ist "Picknick am Valentinstag" zweifellos eine Wucht. Ich wünschte nur, ich könnte die Faszination, die der Film – in seiner Gesamtheit – für manche besitzt, (besser) nachempfinden.

Wertung: 5 von 10 Punkten
Christian Siegel


Harrys Horror-Hintergründe:
In eigener Sache:
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich den zum ersten Mal gesehen hab, irgendwann an einem Nachmittag in den 90ern im (glaub ich) ORF, in meinen frühen Teen-Jahren. Und ich kann mich auch noch gut erinnern, dass ich ihn größtenteils nicht richtig verstanden hab, trotzdem aber irgendwie von dem ganzen Szenario fasziniert war. Aber am allerbesten kann ich mich daran erinnern, dass mich das Ende schockierte. Das dürfte das erste Mal gewesen sein, dass ich etwas Ungelöstes in Filmform gesehen hab. Ich war wie vor den Kopf gestoßen, dass es zum Schluss keine Aufklärung gab, was da jetzt mit den verschwundenen Mädchen wirklich passiert ist. Und DAS, ja, genau DAS ist wohl der Hauptgrund, warum ich inzwischen mehr als verliebt in diesen Aussie-Klassiker bin.

Nachdem ich ihn mir in den Nuller Jahren als SZ Cinemathek DVD gekauft hab und da dann erst zum zweiten Mal gesehen hab, da war's dann um mich geschehen. Nicht nur, dass ich ihn da erst richtig verstanden hab, nein, mich hat das Teil dann so dermaßen geflasht, dass ich dann irgendwie durch ein Loch im Raum- und Zeitgefüge gefallen und auf diesem verdammten Felsen gelandet bin. Hab wochenlang wie besessen versucht, das Rätsel zu lösen und irgendwelche Hinweise zu finden, die eventuell eine Antwort auf die vielen Fragen geben könnte, die der Film ja ganz bewusst aufwirft. Mir ist das seither nur mit zwei anderen Filmen so intensiv passiert: mit "Final Exam (1981)" und mit "Primer (2004)", Zusammen mit "Picknick" könnten diese drei Filme nicht unterschiedlicher sein, aber alle drei haben eine Art von Inszenierung gemeinsam, die an entscheidenden Stellen dicke Fragezeichen aufwirft, auf die ich scheinbar ganz schlimm allergisch reagiere. Bei "Picknick" war's am Heftigsten (bis zu einem gewissen Punkt häng ich wahrscheinlich auch heute noch immer auf dem Hanging Rock herum lol), aber auch bei den anderen Zweien ertappe ich mich bei jeder Sichtung aufs Neue, wie ich in den unterschiedlichsten Szenen genauer hingucke um eventuell diesmal einen versteckten Fingerzeig zu finden, der mich laut HEUREKA ICH HAB'S! aufschreien lässt.

Ach, ach, als verschrobener Filmfan hat man's nicht leicht.

Titel:
Szenenbild. Zum Titel hab ich nicht allzu viel zu sagen. Im Original heißt er "Picnic at Hanging Rock", genauso wie die 1967er Buchvorlage von Joan Lindsay. International hat man zumeist diesen Titel so oder ähnlich übernommen, oder ihn in die jeweilige Sprache übersetzt. Große Ausnahme: der deutschsprachige Raum. Hier, und nur hier, hat man den Schwerpunkt auf das Fest des heiligen Valentinus gelegt und den Film "Picknick am Valentinstag" getauft. Ich hab keine Ahnung warum. Besagter Feiertag spielt im Film eine recht untergeordnete Rolle. Der Film kam in Deutschland auch erst im Sommer heraus. Und Filme wie "Blutiger Valentinstag" (1981) oder "X-Ray – Der erste Mord geschah am Valentinstag" (1981) waren noch Jahre entfernt, also auch keine kommerzielle Anbiederung an genrefremde Werke. Naja, egal. Irgendwer vom Verleih hatte die Idee dazu und… hm, irgendwie war das eine recht feine Idee. Der Titel hat was, wirkt dezent mysteriös und macht neugierig. Das Wort "Valentinstag" wirkt in dem Zusammenhang nicht kitschig. Das "Picknick" wiederum lässt mich immer ein bisschen an den großartigen Strugatzki-Roman "Picknick am Wegesrand" denken (später als "Stalker verfilmt, aber ich schweife ab). Fazit: ein interessanter englischer Titel. Ein interessanterer deutscher Titel.

Fassungen:
Was war das für ein allgemeines Augen-Aufreißen, als Regisseur Peter Weir 1998 für eine neue DVD-Veröffentlichung des Criterion Labels der Welt seinen Director's Cut präsentierte. Wer sich erwartete, einen längeren, vielleicht epischeren Film zu bekommen, wurde rasch eines besseren belehrt: gerade mal eine Minute mehr an quasi-neuem Material, dafür wurden ganze 8 Minuten rigoros entfernt! Hauptdarstellerin Anne-Louise Lambert hat diese Entscheidung stark kritisiert und ich kann sie ja auch irgendwie verstehen. Wenn man mit der Kinofassung aufgewachsen ist bzw. diese lieben gelernt hat, dann tut diese Entscheidung sicher weh. Nichtsdestotrotz: Ich halte den DC für die bessere Fassung. Die Entfernung des Subplots rund um Irma und Michael ist grundsätzlich schon ziemlich radikal, allein schon weil Michaels ruppige Frage "What happened on the rock?" und Irmas Nicht-Beantwortung dessen ein wirklich starker Moment ist. Aber irgendwie führt das Ganze letztendlich doch nirgendwo hin und zieht den ohnehin schon sehr langsamen Film fast ein wenig zu sehr in die Länge. Der Director's Cut funktioniert besser, weil er einfach runder ist. Besseres Pacing, strukturell einfach funktioneller. Man kommt weit angenehmer von A nach B. Auch hab ich das Gefühl, dass die inzwischen starke Freundschaft von Michael und Albert durch diese angedeutete Semi-Romanze vollkommen abgeschwächt wird, während sie im DC intakt bleibt. Diese beiden so unglaublich unterschiedlichen Charaktere haben sich ihre Bromance redlich verdient. Irma würde da nur stören ;-).

Szenenbild. 2023 veröffentlichte das Label "Second Sight" eine neue 4K Edition des Films, inklusive einer bisher nie auf Home Media veröffentlichten Fassung: nämlich die originale australische Kinofassung, die verglichen zur internationalen 115 Minuten-Auswertung, ganze 4 Minuten länger ist. Jedoch versäumt man hier nicht allzu viel: ein paar längere Kamerafahrten, ein paar längere Dialoge, sowie eine kurze, unspektakuläre Szene, die zwar international fehlte, von Weir dann aber in seinen Director's Cut integriert wurde. Noch was? Ja, für eine deutsche VHS Veröffentlichung wurde die Schere an einigen unaufregenden Szenen angesetzt, das aber rein nur aus Straffungsgründen. Es existiert auch noch eine Fassung, die mit der Anfangsszene, also der Hanging Rock im Nebel, endet und angeblich in europäischen und japanischen Kinos gezeigt wurde.

Meinung:
Dass ich den Film, ähem, mag sollte inzwischen jeder bereits wissen. Und wie heißgeliebt er generell von Cineasten wird, ist auch kein Geheimnis. Daher schließe ich diesen Sermon mit den schönen Worten von Skript-Schreiber Cliff Green, der 2011 in einen Interview folgende sagte: "Writing the film and later through its production, did I—or anyone else—predict that it would become Australia's most loved movie? We always knew it was going to be good—but that good? How could we?"

Harry
(Bilder © 1975 British Empire Films Australia)


Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2024





Artikel kommentieren
RSS Kommentare

Kommentar schreiben
  • Bitte orientiere Deinen Kommentar am Thema des Beitrages.
  • Persönliche Angriffe und/oder Diffamierungen werden gelöscht.
  • Das Benutzen der Kommentarfunktion für Werbezwecke ist nicht gestattet. Entsprechende Kommentare werden gelöscht.
  • Bei Fehleingaben lade diese Seite bitte neu, damit ein neuer Sicherheitscode generiert werden kann. Erst dann klicke bitte auf den 'Senden' Button.
  • Der vorgenannte Schritt ist nur erforderlich, wenn Sie einen falschen Sicherheitscode eingegeben haben.
Name:
eMail:
Homepage:
Titel:
BBCode:Web AddressEmail AddressBold TextItalic TextUnderlined TextQuoteCodeOpen ListList ItemClose List
Kommentar:




  fictionBOX bei Facebook   fictionBOX bei Twitter  fictionBOX als RSS-Feed

TV-Planer
Im Moment keine TV-Einträge vorhanden