Originaltitel:We Is Us Episodennummer: 1x01 Bewertung: Weltweite Internet-VÖ: 07. November 2025 (Apple TV+) Drehbuch: Vince Gilligan, Ariel Levine & Vera Blasi Regie: Vince Gilligan Besetzung:
Rhea Seehorn als Carol Sturka,
Miriam Shor als Helen,
Peter Bergman als Davis Taffler,
Karan Soni als Deshpande,
Allan McLeod als Bob,
Jack Mikesell als Ray,
Woody Fu als Dave,
Blair Beeken als Jenn,
Eric Steinig als Mel,
Bernadette Guckin als Maureen,
Monique Lott als Monique,
Monae Lott als Monae,
Sam Quinn als Craig u.a.
Kurzinhalt:
Astronomen entdecken mit einem Radioteleskop ein Signal aus dem All. Offenbar wird dieses schon seit jeher ausgestrahlt, nur wurde es bislang nicht entdeckt, bzw. als solches – nämlich eben wirklich ein intelligentes Signal mit Muster, statt einfach nur Hintergrundrauschen - erkannt. Nachdem sie es näher untersucht haben, glaubt einer von ihnen schließlich darin eine RNA-Sequenz zu erkennen. Man beginnt daraufhin, diese im Labor künstlich herzustellen. Ein paar Monate später absolviert Carol Sturka die letzte Station ihrer Buchtour. Sie selbst ist mit ihren Romanen eigentlich gar nicht zufrieden, und bezeichnet sie als Schund – doch ihre Fangemeinde ist groß (und enthusiastisch), und dementsprechend ihre Bücher ein voller Erfolg. Dies soll auch wieder für ihr jüngstes Werk gelten. Doch kurz nachdem sie wieder in ihre Heimat Albuquerque zurückgekehrt ist, bricht ihre Partnerin und Managerin Helen vor ihren Augen zusammen. Auch alle anderen rund um Carol agieren plötzlich seltsam, so als hätten sie einen Anfall. Doch das, was danach geschieht, ist sogar noch schlimmer…
Review (kann Spoiler enthalten):
Auch wenn ich von "Better Call Saul" nicht ganz so begeistert war wie manch andere (im Gegensatz zu "Breaking Bad", die definitiv zu den besten Serien gehört, die ich in meinem Leben gesehen habe), aber: Eine neue Serie von Vince Gilligan ist definitiv etwas, das mein Interesse weckt. Er ist – zusammen mit der großartigen Rhea Seehorn (die neben dem auch dort superben Bob Odenkirk definitiv das beste am "Breaking Bad"-Ableger war) – dann auch der Hauptgrund, dass ich die aktuelle Lücke in meiner Reviews-Planung mit eben dieser Serie fülle. Ich habe es dabei geschafft, in den letzten Wochen Spoilern und Berichten weitestgehend aus dem Weg zu sehen, und konnte somit die erste Episode ohne Vorwissen und/oder Erwartungen ansehen. Nach einem noch etwas gemächlichen Start, wo ich noch nicht so recht wusste, wo das ganze hingeht, drehte "Wir sind eins" dann zu einem letzten Drittel auf, dass mit zu den bedrückendsten Minuten TV-(oder Film-)Unterhaltung zählt, die mir heuer untergekommen sind.
Doch der Reihe nach: "Wir sind eins" beginnt sehr mysteriös, nämlich mit der Einblendung eines Countdowns. Mit diesem Gimmick gelang es Vince Gilligan gleich mal erfolgreich, mein Interesse zu wecken. Aber auch alles rund um das Signal aus dem All fand ich interessant. Ich denke, ich bin nicht der Einzige, der an dieser Stelle noch dachte, dass das in Richtung Alien-Invasion gehen würde. Dann kamen die Szenen im Labor, und wenn es einen Punkt gibt, wo ich "Wir sind eins" kritisieren muss, dann ist es beim Ausbruch des Virus. Kann ich mir vorstellen, dass man in dieser Situation so kopflos und unverantwortlich agiert? Natürlich. Dennoch wirkten die Wissenschaftler hier ähnlich dämlich wie jene aus "Prometheus", und finde ich es doch ein bisschen schade, dass der gesamte Plot letztendlich auf ihr Fehlverhalten angewiesen war. Danach springen wir ein weiteres Mal im Countdown nach vor, wenige Stunden vor dessen Ablauf, und lernen die Hauptfigur der Serie, Carol Sturka, kennen. Die VIECC (Vienna Comic Con) ist ja erst etwas mehr als eine Woche her, und auch wenn eine Buchpräsentation in einer Buchhandlung natürlich nicht direkt damit vergleichbar ist, hatte ich bei der Autogrammszene dennoch einen ziemlichen Flashback (und zugleich die Hoffnung, mich nicht ganz so peinlich angestellt zu haben, wie einige ihrer Leser:innen). Sowohl diese betreffenden Szenen, als auch die Nachwehen (zuerst bei der Fahrt im Auto, und dann in der Bar) können mit dem, was danach kommt, zwar nicht mithalten, sind aber essentiell, damit wir Carol näher kennenlernen, und eine Bindung zu ihr aufbauen, ehe dann die Hölle losbricht.
Der betreffende Moment ist wirklich phantastisch umgesetzt. Wie hier die ganze Welt von einer Sekunde aus der nächste völlig außer Kontrolle ist, und auf einmal nichts mehr so ist, wie es davor war, fand ich enorm erschreckend. Gilligan und Seehorn gelang es sehr gut, mich dieses Gefühl nachempfinden zu lassen. Mir gefiel auch die langsame Eskalation. Zuerst die Flugzeuge im Himmel. Dann der Autounfall. Wie im Hintergrund auf einmal Helen mit einer Art epileptischem Anfall zusammenbricht. Das Zucken der Leute in der Bar. Dann die Fahrt zum Krankenhaus, wo ebenfalls alle erstarrt sind. Der tragische Tod von Helen. Und schließlich, wie die Menschen auf einmal wieder zum Leben erwachen, und alle völlig gleichgeschaltet agieren. Bereits davor bot "Wir sind eins" ja eine ziemlich beunruhigende Atmosphäre. Aber das "We just wanna help, Carol." ist mir dann wirklich eingefahren. Es gab glaub ich nicht viel, was ich heuer gesehen habe, und ich gruseliger fand (und ja, das schließt Horrorfilme wie "Weapons" und "Bring Her Back" mit ein).
Eben diese unheimliche Stimmung setzt sich dann bei Carols Flucht im Auto fort (hier fiel mir auch das erste Mal die Musik von Dave Porter positiv auf), und lässt auch sobald sie das Haus erreicht erstmal nicht nach. Denn auch das mit den Kindern, die sie darauf hinweisen, wo sie den Ersatzschlüssel vor ein paar Jahren versteckt hat, war gruselig. Gleiches gilt dafür, wie auf ihren Wunsch sich auf einmal alle Menschen im Viertel zusammenpacken und dieses verlassen, um sie allein zu lassen. Über den Fernseher nimmt man dann schließlich mit ihr Kontakt auf, und es wird endlich offenbart, was hier vor sich geht. Und das ist eben keine typische Alien-Invasion. Vielmehr gab uns die im Signal aus dem All vermittelte RNA-Sequenz ein Mittel, um (fast) alle Menschen telepathisch miteinander zu verbinden, woraufhin diese ein Gruppenbewusstsein gebildet haben. Die Verstorbenen waren eine unerwünschte Nebenwirkung; zudem hat der Prozess aus noch ungeklärten Umständen bei Carol und noch ganzen elf weiteren Personen auf der ganzen Welt nicht funktioniert. Als Ausgangssituation für die Serie ist das zweifellos sehr interessant. Ich muss allerdings auch sagen, dass mir nach diesem packenden Einstieg die Fantasie fehlte, wie hier noch weitere neun Episoden (geschweige denn drei weitere Staffeln) folgen sollen. Mein Interesse hat diese herausragende Pilotfolge aber jedenfalls geweckt.
Fazit:
Apple TV+ mag was die Fülle an Content betrifft mit den anderen Streaming-Anbietern nicht mithalten können, macht dies jedoch mit qualitativ hochwertigen Produktionen wieder wett. Zumindest die Pilotfolge von "Pluribus" passt hier genau ins Bild, und bestätigt eben diesen Ruf, den man sich in den letzten Jahren aufgebaut hat. Vince Gilligan, dessen "Better Call Saul" mich nicht ganz so begeistert hat wie viele andere, meldet sich hier mit einem starken, interessanten Setup zurück, und präsentiert mit "Wir sind eins" vor allem eine der besten Stunden TV-Unterhaltung, die mir im heurigen Jahr bislang untergekommen ist. Bereits die erste Hälfte, wenn er parallel die spätere Entwicklung vorbereitet, und uns zugleich Carol vorstellt, ist interessant. So richtig dreht "Wir sind eins" dann aber auf, wenn sich das Grauen vor unseren Augen entfaltet. In der zweiten halben Stunde baut sich eine ungemein dichte, gruselige Atmosphäre auf, die mir mehrmals Gänsehaut bescherte. Und Rhea Seehorn war in der ersten Folge her mindestens wieder so gut, wie bei "Better Call Saul". Zwar bin ich nach "Wir sind eins" noch etwas ratlos, wie dieses Konzept genug Stoff für eine Serie mit ganzen vier Staffeln (wie von Gilligan geplant) hergeben soll. Der Auftakt war aber jedenfalls mal famos.