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Rendezvous mit Übermorgen Drucken E-Mail
Ein zweites Rama-Schiff steuert die Erde an Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 03 Juni 2023
 
Titel: "Rendezvous mit Übermorgen"
Originaltitel: "Rama II"
Bewertung:
Autor: Genrty Lee
Übersetzung: Roland Fleissner
Umfang: 466 Seiten (E, ohne Anhang)
Verlag: Heyne (D), Gollancz (E)
Veröffentlicht: 1989 (E)
ISBN: 978-3-641-11684-2 (D), 978-0-553-28658-7 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Siebzig Jahre nach der Begegnung mit dem ersten außerirdischen Schiff, Rama getauft, fliegt ein zweites solches Raumschiff gleicher Bauart in unser Sonnensystem. Wieder wird ein Team losgeschickt, um dieses zu erforschen, wobei man dabei auf die Erkenntnisse der ersten Rama-Expedition aufbauen kann. Doch bereits vor dem Abflug zeigen sich innerhalb der zwölfköpfigen Crew einige Differenzen – die dann schließlich zu eskalieren drohen, als der Kommandant nur kurz nachdem man Rama II erreicht hat bei einem medizinischen Notfall stirbt. Mit einer Doppelspitze hofft man, die unterschiedlichen Standpunkte unter einen Hut bringen zu können, und beginnt damit, das zweite Rama-Schiff zu erforschen. Nicole des Jardins, die Leiterin der medizinischen Abteilung, bleibt indes vorerst auf dem Raumschiff zurück – wo sie schließlich im Hinblick auf den Tod von Valeriy Borzov auf einen schrecklichen Verdacht stößt…

Review: In meinem Review zu "Rendezvous mit Rama" habe ich als (einzigen, kleinen) Kritikpunkt angebracht, dass Arthur C. Clarke die handelnden Personen doch eher vernachlässigt hat. Nachdem ich nun "Rendezvous mit Übermorgen" gelesen habe, möchte ich das bitte zurücknehmen. Weil, ganz ehrlich: Mir ist es tausendmal lieber, man fokussiert sich in einer "Science Fiction"-Erzählung auf die faszinierenden Wunder, die uns Menschen da draußen im All (hoffentlich) erwarten, statt Menschen mit ihren persönlichen Problemen und gegenseitigen Differenzen in den Mittelpunkt zu stellen, und darob den "Science Fiction"-Aspekt letztendlich völlig zu vernachlässigen – wie es Gentry Lee hier nun bei "Rendezvous mit Übermorgen" tut. So dauert es stolze 150 Seiten ehe wir als Leser beim ersten Ausflug in das zweite Rama-Schiff dabei sind (einige Astronauten betreten dieses schon davor, allerdings hält Lee das nicht für wichtig genug, um uns dabei sein und somit an diesem Erlebnis teilhaben zu lassen). Das besagte erste Drittel wird dazu genutzt, um uns zuerst die Entwicklung der Erde nach dem Besuch des ersten Rama-Schiffs zu schildern, die mich persönlich nicht wirklich überzeugt hat – und die mir vor allem auch zum optimistischen Grundgedanken von Arthur C. Clarke nicht zu passen scheint. Etwas, dass sich dann generell durch das gesamte Buch zieht. Exemplarisch seien die beiden Anschläge auf Rama in ihren jeweiligen Roman erwähnt. Bei Clarke war es eine kleine, abtrünnige, paranoide Gruppe der Menschheit, die sich im Orbit des Merkur angesiedelt hat; hier stimmt die Weltregierung dafür. Dieser Paradigmenwechsel erinnerte mich persönlich stark an den Unterschied zwischen dem alten und neuen "Star Trek", was insofern passt, als ich glaube, dass Arthur C. Clarke und Gene Roddenberry einige Werte und Einstellungen teilten. Bei ihnen waren die Menschen – und Organisationen – im Grunde genommen gut, auch wenn es natürlich immer ein paar schwarze Schafe gab. Bei Gentry Lee – bzw. eben "New Trek" – ist es genau umgekehrt: Der Großteil der Menschen sind schlecht/böse, Organisationen korrupt, treffen falsche Entscheidungen usw. – und es ist an einzelnen heldenhaften, aufopfernden Individuen, es gerade zu richten.

Aber auch abseits dessen konnte ich mit dem Kindergarten, den Genrty Lee hier im Hinblick auf die Beziehungen zwischen den einzelnen Personen präsentiert, nichts anfangen. Mich hat das alles praktisch von Beginn an nicht angesprochen, und fand die diversen Fehden, Intrigen usw. nicht nur nicht interessant, man fragt sich auch, wer zur Hölle die Idee hatte, gerade diese zwölf Leute auf eine solch wichtige Mission zu schicken. Die Crew ist voller instabiler Charaktere, und macht mit ihrem unprofessionellen Verhalten der Mannschaft der Prometheus aus Ridley Scotts gleichnamigen Film alle Ehre. Irgendwo zur Mitte des Romans behauptet doch tatsächlich eine der Figuren, dass man diesmal, im Gegensatz zum ersten Rendezvous mit Rama, "ausreichend vorbereitete menschliche Wesen" auf eine solche Expedition geschickt zu haben. Ich musste sehr lachen. Bedauerlicherweise hatten ähnlich unterhaltsame Momente – selbst wenn sie wie im vorliegenden Fall nur unfreiwillig gewesen sein mögen – Seltenheitswert. Womit wir schon beim nächsten Punkt sind: Der Roman ist einfach viel viel viel viel viel viel viel zu lang, und es tut sich vor allem auch im Vergleich zum ersten Band bei fast doppelter Länge deutlich weniger (und insgesamt halt auch einfach viel zu wenig). Keine Punkte macht Genrty Lee in meinem Fall auch mit den übernatürlichen Untertönen, vor allem rund um Hauptfigur Nicole des Jardins; angefangen bei ihnen Vorahnungen, bis hin zu ihren Träumen/Visionen, sei es damals bei der Zeremonie, oder hier nun während ihres Aufenthalts auf Rama. Wie ihr wisst, reagiere ich auf solche Elemente in einem Science Fiction-Kontext immer ganz besonders allergisch. Vor allem aber setzte Lee in meinen Augen bei "Rendezvous mit Übermorgen" einfach die völlig falschen Schwerpunkte. Ein bisschen mehr als Arthur C. Clarke auf die handelnden Personen einzugehen wäre ja ok gewesen, aber wenn das zweite Rama-Schiff dann eine derart untergeordnete Rolle spielt, ist einfach etwas gehörig schief gelaufen. Und zu allem Überfluss haben mich dann auch noch die wenigen neuen Ideen und/oder Offenbarungen rund um Rama – wie die Lebewesen – nicht wirklich überzeugt. Damit bleibt als einzige ansatzweise interessante Idee das mit der Bibliotheka Galactica. Für stolzte 466 Seiten eine denkbar magere Ausbeute. In jedem Fall frage ich mich ernsthaft, wie Arthur C. Clarke hierfür nicht einfach nur seinen guten Namen hergeben, sondern sogar noch ein (lobendes) Vorwort beisteuern konnte. Wurde er schon senil? Hatte er eine Wette verloren? War er alt und brauchte das Geld? Letztendlich ist das für mich ein größeres Mysterium, als alles, was uns Genrty Lee in "Rendezvous mit Übermorgen" präsentiert.

Fazit: In seiner Fortsetzung zu Arthur C. Clarkes großartigem Science Fiction-Klassiker verliert Gentry Lee das Kosmische zugunsten des Menschlichen völlig aus den Augen. Mir ging es hier viel zu sehr um persönliche Befindlichkeiten einer für solch eine Mission denkbar ungeeigneten, unvorbereiteten und unprofessionellen Crew, denn um das Mysterium rund um Rama. Und als wäre das nicht schon genug, haben mich die meisten der neuen Offenbarung im Hinblick auf das zweite Rama-Schiff dann noch dazu nicht wirklich überzeugt Die übernatürlichen Einschläge schaden "Rendezvous mit Übermorgen" dann ebenso nochmal zusätzlich, wie die völlig übertriebene und vom Inhalt in keinster Weise gerechtfertigten Länge. Wer sich – so wie ich –einen ähnlich wissenschaftlich orientierten (Hard-)SF-Roman wie "Rendezvous mit Rama" erwartet, dem kann zumindest ich von dieser – von Gentry Lee verbrochenen, und aus mir unerfindlichen Gründen von Arthur C. Clarke gutgeheißenen – Fortsetzung nur dringendst abraten. Der Originaltitel von" Rendezvous mit Übermorgen" lautet ja "Rama II". Aus meiner Sicht wäre Drama² deutlich treffender gewesen.

Bewertung: 1/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2014 Heyne)





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