Originaltitel: Et in Arcadia Ego - Part 1 Episodennummer: 1x09 Bewertung: Erstausstahlung USA: 19. März 2020 (CBS) Erstausstahlung D: 20. März 2020 (Amazon Prime) Drehbuch: Michael Chabon & Ayelet Waldman Regie: Akiva Goldsman Hauptdarsteller:
Patrick Stewart als Jean-Luc Picard,
Isa Briones als Soji Asha/Sutra,
Michelle Hurd als Raffi Musiker,
Alison Pill als Dr. Agnes Jurati,
Evan Evagora als Elnor,
Santiago Cabrera als Cristobal 'Chris' Rios,
Harry Treadaway als Narek.
Gastdarsteller:
Jeri Ryan als Seven of Nine,
Brent Spiner als Dr. Altan Inigo Soong,
Tamlyn Tomita als Commodore Oh,
Matt Perfetuo als Rune,
Mike Perfetuo als Codex,
Jade Ramsey als Arcana,
Nikita Ramsey als Saga u.a.
Kurzinhalt:
Die La Sirena erreicht Sojis Heimatplaneten Coppelius – doch sie sind nicht allein. Obwohl Jurati den Peilsender entfernt hat, ist es Narek gelungen, sie zu verfolgen, und so kommt es im Orbit des Planeten zu einem Kampf – der vom ebenfalls kurz darauf eintreffenden Borg-Kubus unterbrochen wird. Kurz darauf starten Orchideen vom Planeten, und holen die Schiffe aus dem Orbit herunter – was in allen Fällen zu ziemlich harten Bruchlandungen führt. Nach einem kurzen Abstecher zum Artefakt, wo Picard von Hughs Tod erfährt, bricht man dann schließlich zur Hauptstadt des Planeten auf, wo sie auf eine kleine Androiden-Population treffen – und auch auf Noonien Soongs Sohn Altan Inigo. Doch die Freude über die Rückkehr der verlorenen Schwester, Soji, währt nur kurz. Mittels Gedankenverschmelzung mit Agnes Jurati erfährt die Anführerin der Androiden, Sutra – eine weitere Schwester von Soji – nicht nur vom drohenden Angriff der Zhat Vash, sondern auch, was es mit der Warnung die sie von Commodore Oh erfahren hat auf sich hat. Offenbar gibt es in einer anderen Galaxie künstliche Lebensformen, die nur darauf warten, gerufen zu werden, um ihre unterdrückten und gefährdeten Schützlinge aus anderen Galaxien zu retten – in dem sie jegliches organisches Leben auslöschen. Angesichts der Bedrohung durch den Zhat Vash zieht Sutra tatsächlich in Erwägung, einen entsprechenden Hilferuf auszusenden…
Review (Achtung, enthält Spoiler!):
Ich denke, dass meine Reviews zu "Picard" bisher sehr ausgewogen und fair waren. Bislang gab mir die Serie weder Anlass zu überbordender Begeisterung noch zu vernichtender Kritik. Zumindest bis jetzt. Denn just kurz vor dem Staffelfinale – und damit zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt – hat man sich mit "Et in Arcadia Ego – Teil 1" den ersten Totalausfall der Serie geleistet. Hier hat für mich nämlich leider so gut wie gar nichts funktioniert. Beginnen wir gleich mit einer meiner größten Enttäuschungen: Ich glaube zwar immer noch, dass das Buch "Die beste und einzige Hoffnung" die weitaus bessere erste Staffel gewesen wäre, aber was mir am Konzept von "Picard" – zu Beginn – so gefiel war, dass endlich mal nicht gleich die ganze Galaxis zu retten ist, sondern es nur um das Leben eines einzelnen Individuums ging. Das hat "Picard" angenehm von beiden "Discovery"-Staffeln, allen drei Kelvin-Filmen, bzw. genau genommen generell allen "Star Trek"-Filmen seit "Das unentdeckte Land" (ab da stand nämlich immer mindestens das Schicksal eines Planeten und/oder Sonnensystems auf dem Spiel) abgehoben. Und was macht man nun hier? Nun ist erst recht wieder die gesamte Galaxis – oder zumindest sämtliches organisches Leben darin – zu retten.
Das Problem daran ist zweigeteilt. Auf der einen Seite schließt man bei einem so hohen Einsatz ein Scheitern der Helden nicht mehr in Betracht. Es geht somit nicht mehr um die Frage, ob es ihnen gelingen wird, sondern nur mehr, wie es ihnen gelingen wird. Und das ist halt gleich bedeutend weniger spannend. Und andererseits ist es halt eben enorm einfallslos – weil "Star Trek" zuletzt auf eben diese Bedrohungsszenarien abonniert war. Kann man sich echt nicht mal was anderes einfallen lassen? Wisst ihr, was mir persönlich wirklich gefallen hätte? Wenn Sojis Heimat quasi ausgestorben gewesen wäre. Sprich, es gab nur sehr wenig Modelle, die dort auf Basis von Datas Partikel erschaffen werden konnten, und Soji ist die letzte ihrer Art. In der letzten Folge hätten sich dann Picard und seine Begleiter gegen den Zhat Vash gestellt, mit dem Ziel, dieses eine Leben – und zugleich das letzte Überbleibsel von Data, oder auch die letzte Überlebende einer Zivilisation, wenn man so will – zu beschützen/retten. Das hätte Kraft besessen – eben auch, weil wir Soji mittlerweile kennen und im Idealfall schätzen gelernt haben, und vor allem ein Scheitern unserer Helden nicht von vornherein ausgeschlossen hätte werden können. Aber nein. Stattdessen das x-te Bedrohungsszenario in einer Größe, dass von vornherein klar ist, dass es einfach nicht zum Schlimmsten kommen kann. Gähn. Generell war alles an dieser Episode, vom Handeln der Figuren über ihre Motivation und ihre Fähigkeiten, bis hin zur Entwicklung der Handlung an sich, wieder einmal so zweckmäßig. Ja, dieses Problem plagt "Picard" nun schon länger, aber noch nie war es schlimmer als hier. Angefangen beim sehr beliebigen und entbehrlichen Auftritt von Brent Spiner als ein weiterer Soong (ich glaube schön langsam, die sind nicht wirklich Kinder im klassischen Sinne, sondern vielmehr Klone; anders kannst du das eigentlich nicht mehr erklären; und überhaupt, war es unbedingt nötig, auf einmal ein Kind aus dem Hut zu zaubern, von dem wir aus unerfindlichen Gründen in der Serie nie etwas gehört haben?!), über den seltsam anmutenden Umstand, dass die eine Androidin einfach durch einen Stich ins Auge getötet werden kann, bis hin zu der Tatsache, dass Sutra die Technik der vulkanischen Gedankenverschmelzung gelernt hat, was mit Verlaub einfach überhaupt keinen Sinn ergibt. Das ist eine auf die den Vulkaniern angeborene Telepathie basierende Fähigkeit, keine Technik, die man erlernen kann. Ich kann ja auch nicht lernen zu fliegen, in dem ich die Arme hebe und zu flattern beginne. Das war nun wirklich der größte Blödsinn, der mir bei "Star Trek" seit langem untergekommen ist (und ja, das schließt – leider – "Discovery" mit ein.)
Völlig unklar war mir auch, warum Jean-Luc der kompletten La Sirena-Besatzung von seiner Krankheit (über die wir übrigens immer noch nicht wirklich viel wissen, außer dass sie wohl tödlich ist. Aber: Was genau sind die Symptome, wie ist der Krankheitsverlauf, wie lang hat er noch – sofern er sein Bewusstsein nicht in einen anderen [Androiden-]körper transferiert? Damit hätte Patrick Stewart, Professor Charles X. Xavier sei Dank, ja schon Erfahrung.) erzählen sollte. Dass er Raffi einweiht, vielleicht (wobei die gesamte Serie, und insbesondere auch die sowohl für die Serie als auch Jean-Luc Picard befremdliche "Ich liebe dich"-Gefühlsduselei, darunter leidet, dass ihre angeblich so innige Freundschaft zwischen den beiden bislang nur behauptet, aber nicht gezeigt ist; der Roman schafft hier zwar ein bisschen Abhilfe, kann dies aber auch nicht gänzlich kompensieren. Vor allem aber darfst du dich als Serie für solch entscheidende Aspekte nicht auf solches Zusatzmaterial verlassen; das musst du in der Serie schon schön brav selbst vermitteln. Wenn er dort mit Beverly Crusher gestanden wäre, hätte das ein wirklich wunderschöner, emotionaler Moment sein können. Aber so.). Aber die anderen kennt er gerade mal seit ein paar Tagen. Da platzt man doch nicht mit "Übrigens, ich bin todkrank!" heraus (außer, er hat Small Talk von Data gelernt, der tat sich damit bekanntermaßen ja auch schwer).
Und seine Rede am Ende war auch enttäuschend. Ich wünschte, ich könnte im Zweifel für die "Picard"-Autoren sprechen und annehmen, die war absichtlich so wenig überzeugend verfasst (wobei es eigentlich weniger an seinen Worten lag, als daran, dass die von ihm dort behauptete utopische Version der Föderation bei "Star Trek: Picard" ja leider nicht mehr existiert), denke aber eher, sie können's nicht besser. Jedenfalls wirkt das alles teilweise sehr überhastet, und vor allem völlig hanebüchen zusammengeschustert. Denn natürlich erweist sich Sutra als die böse Zwillingsschwester (auch das ein mittlerweile ungemein ausgelutschtes Klischee; zudem erinnert es enorm an Data und Lore) von Soji, die Picards Angebot mit der La Sirena zu entkommen nicht annimmt, sondern vielmehr die interstellaren Maschinenintelligenzen rufen will, weil sie einerseits davon ausgeht, dass es die nach Jahrmillionen immer noch gibt, und vor allem auch, dass die das Signal von einer Sekunde auf die nächste empfangen und zehn Sekunden später auch schon vor der Tür stehen, um sie zu retten, und alles organische Leben in der Milchstraße auszulöschen. Logisch! Ne, sorry, das ist alles so ein Holler. Letztendlich steuert alles darauf zu, dass Picard ein (vor-?)letztes Mal die Galaxis retten kann (mit tatkräftiger Unterstützung von insbesondere Agnes Jurati, die nach wie vor auf bestem "aufopfernder Heldentod"-Kurs ist, um für ihren Mord an Bruce Maddox Buße zu tun). Zugegeben, es war nicht alles schlecht. Die anfängliche Raumschlacht war mir persönlich zwar wieder mal zu viel "Star Wars" und zu wenig "Star Trek" (wo sich diese eben immer damit auszeichneten, dass sich große Kreuzer beharken, und nicht so kleine Jäger), war aber dank des netten Hintergrunds mit dem Planeten nett anzusehen. Das mit den Orchideen war zwar ein extrem schräger Einfall, bei dem man sich echt fragt, welche Drogen die Macher denn bitte schön zu sich nehmen, um auf sowas zu kommen (die triviale Antwort ist vermutlich, dass sie im Writers Room zufällig gerade einen Strauß Orchideen stehen hatten?), aber es war zumindest mal was anderes. Und vor allem das neuerliche, wenn auch leider wieder sehr kurze, Wiedersehen mit Seven, inklusive kurzem Anspielen der "Voyager"-Titelmusik, hat mir gut gefallen. Das war's aber auch schon – und konnte leider im Gesamtbild kaum noch etwas retten.
Fazit:
"Et in Arcadia Ego – Teil 1" war für mich leider der erste Totalausfall der Serie – und als solcher unmittelbar vor dem Staffelfinale denkbar ungünstig platziert. Der sich ohnehin schon praktisch von Anbeginn durch die Serie ziehende Kritikpunkt der Zweckmäßigkeit nahm hier endgültig astronomische Ausmaße an. Besonders gestört habe ich mich dabei bei der Offenbarung, dass mit Sutra ein Androide eine vulkanische Gedankenverschmelzung vornehmen kann, dem ungewohnt gefühlsduseligen Picard, der nicht nur Raffi sagt, dass er sie (auch) liebt (wobei innerhalb der Serie die tiefe, innige Freundschaft zwischen den beiden bislang leider nur behauptet, aber nicht gezeigt/gefühlt ist, was diesen Gefühlsausbruch nur um so irritierender macht), sondern auch gleich die gesamte La Sirena-Crew (die er größtenteils erst seit einigen Tagen bzw. maximal Wochen kennt) in seinen kritischen Gesundheitszustand einweiht, dem willkürlichen und unnötigen Auftritt eines bislang nie erwähnten Sohns von Noonien Soong (der nur dazu da war, Brent Spiner die Gelegenheit zu einem weiteren Auftritt zu geben), der Tod der einen Androidin lediglich weil man ihr einen spitzen Gegenstand ins Auge rammt, sowie vor allem auch die nicht nachvollziehbare Entscheidung von Sutra, wegen der herannahenden Zhat Vash-Flotte die intergalaktischen Hüter künstlicher Wesen zu rufen, damit die schnell mal die Bedrohung beseitigen, in dem sie jegliches organisches Leben in der Galaxis auslöschen (davon, dass Sutra offenbar erwartet, dass sie das Signal in Windeseile erreicht und sie sogar noch vor der Zhat Vash-Flotte eintreffen, ganz zu schweigen). Das ist alles derart bescheuert und zum Haare raufen, dass ich, hätte ich mich nicht zusammengerissen, jetzt wohl so aussehen würde wie Picard. Am enttäuschendsten an der ganzen Sache ist für mich aber, dass bei einer Geschichte, die damit begann, dass Jean-Luc Picard loszieht um ein einziges Leben zu retten, nun erst recht wieder das Schicksal der gesamten Galaxis auf dem Spiel steht. Einfallsloser geht es nun wirklich nicht mehr. Und Spannung erzeugt man mit so etwas auch nicht (außer vielleicht, man ist fünf – in dem Alter darf man "Picard" aber eben wiederum aufgrund so manch unnötiger Gewalteinlage noch gar nicht anschauen). Und so befindet sich meine Erwartungshaltung im Hinblick auf die nächste – und zugleich letzte – Folge der Staffel auf dem Tiefpunkt.