Originaltitel: AKA Customer Service Is Standing By Episodennummer: 3x04 Bewertung: Weltweite Internet-VÖ: 14. Juni 2019 (Netflix) Drehbuch: Jamie King Regie: Liesl Tommy Hauptdarsteller:
Krysten Ritter als Jessica Jones,
Rachael Taylor als Trish Walker,
Eka Darville als Malcolm Ducasse,
Benjamin Walker als Erik Gelden,
Sarita Choudhury als Kith Lyonne,
Tiffany Mack als Zaya Okonjo,
Jeremy Bobb als Gregory Sallinger,
Carrie-Anne Moss als Jeri Hogarth.
Gastdarsteller:
Jessica Frances Dukes als Grace,
Barbara Tirrell als Sal Blaskowski,
Airon Armstrong als Dwayne Blaskowski,
Thomas Pojanowski als Thomas Blaskowski,
Brady Adair als Todd White,
Lori Hammel als Reyna Pincer,
Jennifer Lim als Carly,
Dan Shor als Mathias Cole u.a.
Kurzinhalt:
Jessica wird schlagartig bewusst, dass der Angriff in ihrem Büro wohl gar nicht ihr galt, sondern vielmehr ihrem Besucher, Erik Gelden. Doch warum sollte es jemand auf ihn abgesehen haben? Dieser gibt daraufhin zu, ebenfalls über übernatürliche Fähigkeiten zu verfügen: So kann er erspüren, wenn Leute etwas verbergen. Je schlimmer seine Migräne in ihrer unmittelbaren Nähe, desto schlimmer das Verbrechen – oder zumindest ihre Schuldgefühle. Diese Fähigkeit machte er sich zu Nutze, um drei Leute zu erpressen. Einer von ihnen, so spekuliert er, wollte ihn wohl für immer zum Schweigen bringen, um sein Geheimnis zu bewahren. Nun klappern sie nacheinander die Verstecke ab, wo die drei Erpressungsopfer das Geld hinterlegen sollten, und statten einem nach dem anderen einen Besuch ab, um herauszufinden, wie sie reagieren, wenn sie Erik bzw. Jessica gegenüberstehen. Die ersten beiden erweisen sich als falsche Fährten – doch Kandidat Nummer Drei bereitet dann nicht nur Erik ordentliche Kopfschmerzen…
Review (kann Spoiler enthalten):
Im direkten Vergleich zur vorangegangenen Episode fällt "Auf Abruf" leicht ab. Dies liegt nicht zuletzt an der skurrilen Gangster-Familie, die zwar angenehm schräg, aber dann doch nicht bedrohlich genug umgesetzt war, weshalb sich die Bedrohung für Erik in diesen Szenen für mich nie manifestierte, und die betreffenden Momente doch eher zur Lachnummer verkamen. Auch, was ich von Eriks Fähigkeit halten soll, weiß ich noch nicht so recht. Weil fürs Marvel/Netflix-Universum ist mir das fast schon die Spur zu mystisch. Sehr gut gefiel mir allerdings, dass Erik diese Fähigkeit bislang in erster Linie aus reinem Selbstzweck eingesetzt hat – und nicht etwa, um Unschuldige zu beschützen/rächen, Hinweise an die Polizei zu liefern, oder die Schuldigen zu bestrafen/auszuliefern. Vielmehr ging es ihm einzig und allein darum, jene Menschen, die ihm im wahrsten Sinne des Wortes Kopfschmerzen bereiten zu erpressen, und damit aus ihren Taten einen persönlichen finanziellen Vorteil zu schlagen – auf dem Rücken ihrer Opfer. Das ist moralisch dann doch deutlich ambivalenter, als man das Figuren in solchen Serien sonst meist zugesteht.
Und auch, wenn man dies durchaus zu recht kritisieren kann, hatte es mir vor allem auch Eriks entschuldigend-rechtfertigende Aussage angetan, dass Jessica und er für den Rest ihres Lebens böse Menschen aufhalten könnten, und trotzdem was das Leid auf der Erde betrifft keine wesentliche, messbare Spur hinterlassen würden (wobei er natürlich den Nutzen, den jedes einzelne verhinderte Opfer daraus ziehen würde, ganz bewusst ausblendet). Womit er wohl leider absolut recht hat. Abseits der Tatsache, dass sie mir zu leicht wegkam (da ihr Opfer keine bleibenden Schäden davontragen wird), gefiel mir auch, dass Trish hier zum ersten Mal mit den Konsequenzen ihres Handelns konfrontiert wird, als sie die Gangsterbraut unabsichtlich schwer verletzt. In erster Linie stach an "Auf Abruf" aber die Offenbarung des wohl großen Gegners dieser Staffel hervor. Bereits nach den auffälligen Hinweisen (wie das fehlende Messer), spätestens aber als Gregory Sallinger (gänsehauterzeugend gespielt von Jeremy Bob) dann das erste Mal so richtig in Erscheinung tritt, hat man als Zuschauer nicht mehr den geringsten Zweifel, dass aus Jessicas Sicht aller guten Dinge drei waren, und sie in der Tat den Schuldigen gefunden hat. Nach dem natürlich unvergleichlichen Kilgrave – der Jessica kontrollieren konnte und sie zur unfreiwilligen Mittäterin machte – und der unmittelbaren körperlichen Bedrohung in Form ihrer Mutter hat man mit dem intelligenten Serienkiller zudem einen weiteren spannenden, "neuen" Widersacher für Jessica gefunden. Klar stünde es ihr frei, ihn einfach in Grund und Boden zu stampfen. Doch um ihn im Rahmen der Gesetze aufzuhalten und für seine Verbrechen zahlen zu lassen, ist sie auf die Hilfe von Trish angewiesen – was am Ende dann auch zum netten Hilfe(an)ruf in deren Richtung führt, und damit auch den Grundstein für eine potentielle Versöhnung der beiden legt.
Fazit:
Die erste Hälfte von "Auf Abruf" hatte mich noch nicht so begeistert. Jessica kam für meinen Geschmack über das von Sallinger herbeigeführte Trauma doch eine Spur zu rasch hinweg. Die Gangsterfamilie war mir dann doch die Spur zu schrullig-absurd umgesetzt, auf Kosten ihrer Bedrohlichkeit. Und was ich von Eriks Fähigkeiten halten soll, weiß ich auch noch nicht. Sehr gut gefiel mir aber, wie moralisch ambivalent man seine Figur anlehnte, der die Schuldigen, die er dank seines sechsten Sinns wahrnehmen kann, bislang immer für seinen eigenen Vorteil ausnutzte (sprich: erpresste), statt dafür zu sorgen, dass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Seine Worte, dass es auf der ganzen Welt einfach zu viel Leid gibt – was macht es somit schon, wenn er dieses geringfügig reduziert – sind so erschreckend wie wahr, entbinden ihn allerdings auch etwas gar zu leicht aus jeglicher Verantwortung, denn wenn wir alle so denken würden, würde sich nie etwas ändern. In erster Linie lebte "Auf Abruf" für mich aber von der Offenbarung des großen Widersachers der Staffel. Gregory Sallinger stellt für Jessica Jones mal eine Herausforderung der etwas anderen Art dar, und wie sie diese – zusammen mit Trish – bewältigen wird, darauf bin ich nach "Auf Abruf" nun schon wirklich gespannt.