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Startseite arrow Filme von A-Z arrow Game of Thrones - 8x05: Die Glocken
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Episodenbild (c) HBO
Originaltitel: The Bells
Episodennummer: 8x05
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 12. Mai 2019
Erstausstrahlung D: 13. Mai 2019
Drehbuch: David Benioff & D.B. Weiss
Regie: Miguel Sapochnik
Hauptdarsteller: Peter Dinklage als Tyrion Lannister, Nikolaj Coster-Waldau als Ser Jaime Lannister, Lena Headey als Queen Cersei Lannister, Emilia Clarke als Queen Daenerys Targaryen, Kit Harington als Jon Snow/Aegon Targaryen, Maisie Williams als Arya Stark, Liam Cunningham als Ser Davos Seaworth, Conleth Hill als Lord Varys, Rory McCann als Sandor Clegane, Jacob Anderson als Commander Grey Worm.
Gastdarsteller: Pilou Asbæk als King Euron Greyjoy, Anton Lesser als Qyburn, Hafþór Júlíus Björnsson als Ser Gregor Clegane, Laura Elphinstone als Nora, Marc Rissmann als Captain Harry Strickland, Bronte Carmichael als Martha u.a.

Kurzinhalt: Daenerys, die nach wie vor um Missandei trauert, wird sich Lord Varys Verrat gewahr – versucht dieser doch, Jon Snow aka Aegon Targaryen als alternativer Anführer der sieben Königslande in Stellung zu bringen. Nachdem sie sich dieses Verräters entledigt hat, bringt sie ihre Truppen für die Eroberung von King's Landing in Stellung. Tyrion fürchtet, dass es dabei zu erheblichen Verlusten unter der Zivilbevölkerung kommen könnte. Um ein Gemetzel zu verhindern, lässt er den auf seinem Weg nach King's Landing gefangengenommenen Jaime frei, damit sich dieser in den Roten Bergfried schleicht, und Cersei davon überzeugt, zu kapitulieren. Danach soll er die Glocken erschallen lassen, um die Kapitulation der Stadt zu signalisieren. Währenddessen schleichen sich auch Arya und der Hund in die Stadt. Arya möchte Königin Cersei – den letzten Namen auf ihrer Todesliste – ermorden, während es Sandor Clegane auf seinen Bruder, den Berg, abgesehen hat. Am nächsten Morgen versammeln sich Daenerys Truppen vor den Stadtmauern. Während Daenerys mit Hilfe ihres Drachens kurzen Prozess mit der Schwarzen Flotte von Euron Greyjoy macht, rücken ihre Truppen in die Stadt vor. Angesichts der Übermacht, die ihnen gegenübersteht, legt die Stadtwache ihre Waffen nieder, und die Glocken erschallen. Doch Daenerys Rachedurst ist noch nicht gestillt…

Zitate: "Aren't you worried for her?"
"I'm worried for all of us."
(Jon und Varys im Gespräch.)

"I hope I deserve this. Truly, I do. I hope I'm wrong."
(Varys vor seiner Hinrichtung an Tyrion – mit einer Hoffnung, die sich nicht erfüllen sollte.)

"The next time you fail me will be the last time you fail me."
(Danys Drohung an Tyrion.)


Review: Episodenbild (c) HBO "Die Glocken" zeigt leider augenscheinlich, wie ein einziger Moment, der zumindest für mich überhaupt nicht funktioniert hat, eine komplette Folge ansatzweise ruinieren kann. Nicht, dass darin (welche Entwicklung gemeint ist, werdet ihr euch vielleicht ja schon denken können) mein einziger Kritikpunkt an der Folge liegt. So leidet auch "Die Glocken" wieder einmal, wie so vieles in den letzten beiden Staffeln der Serie, darunter, wie man im Vergleich zu früher durch die Geschichte hetzt. Nehmt nur die ganze Entwicklung rund um Jaime. Wenn er einige Folgen lang in Winterfell bei Brienne geblieben wäre, hätten sein Abschied – und sein "Rückfall" – wesentlich größere Wirkung gehabt. Wie ein Süchtiger, der nicht und nicht von seiner Droge wegkommt, so sehr er es auch versucht. So hingegen lagen von seinem Abschied von Cersei, seiner Ankunft in Winterfell, seiner flüchtig-kurzen Beziehung mit Brienne, bis zu seiner Entscheidung, wieder zu seiner Schwester zurückzukehren, einfach nicht genug Episoden, als dass diese Entwicklung die gewünschte Wirkung entfaltet hätte. Man hatte einfach nicht genug Zeit, sich an den geläuterten Jaime zu gewöhnen, um seinen (Rück-)Fall hier so richtig betrauern zu können.

Ich tat mir zugegebenermaßen auch sehr schwer, mit Cersei am Ende Mitleid zu empfinden. Da kann sich Lena Headey schauspieltechnisch noch so sehr ins Zeug legen (und in der Tat macht sie ihre Sache wieder ausgesprochen gut – wie sie alle), aber vor nicht ganz zwei Staffeln sprengte sie einfach mal so die Septe (und tötete dabei einen Haufen Unschuldiger, nur um bittere Rache zu nehmen), krönte sich zur Königin, verweigerte dann ihre Hilfe im Kampf gegen den Nachtkönig (und log auch noch darüber), und erst in der letzten Folge holte sie ihre Untertaten als Schutzschilde in den Roten Bergfried, und tötete Daenerys' BFF Missandei aus reiner Grausamkeit und Trotz. Hier jetzt ist sie geschockt, als sie erkennt, dass die Schlacht verloren ist, wird schließlich von Jaime gefunden, woraufhin sich die beiden ins Untergeschoss zurückziehen – wo jedoch der Fluchtweg versperrt ist. Verzweifelt klammert sich die gestürzte Königin an ihren geliebten Bruder und meint "I don't want to die, not like this" – aber es tut mir leid, wirklich mitfühlen konnte ich mit ihr nicht. Es ist den Machern durchaus anzurechnen, dass sie, was sonst ein triumphales Ereignis für den Zuschauer hätte sein können – Cerseis Sturz – durch die furchtbare Art und Weise, wie dies von statten geht, eine ungeheure Bitterkeit verleihen, und uns damit eine ebensolche Genugtuung verwehren. Das allein reichte aber noch nicht, um mit Cersei an dieser Stelle Mitleid zu empfinden. Zumal ich generell fand, dass es ihr die Serie fast schon zu leicht machte. Sie mit den Folgen ihrer Taten zu konfrontieren, und ihr mehr die Schuld an den Ereignissen hier zu geben, hätte ich persönlich dramaturgisch wesentlich prägnanter gefunden. So etwas wie eben Tommens Selbstmord in "Die Winde des Winters". Das fehlt hier praktisch völlig – weil ihre Untertanten sind ihr ja eh egal. Auch wenn sie hier natürlich den ultimativen Preis zahlt, aber eine richtige Selbstreflexion hat hier leider völlig gefehlt.

Episodenbild (c) HBO Aber auch mit Jaime konnte ich nicht so recht mitfühlen. Ich empfand Bedauern über seine Entscheidung, zu Cersei zurückzukehren, sein Tod war letztendlich aber nur die logische Konsequenz daraus. Auch da hätte man mehr draus machen können – ja fast müssen. Da hätte ich wesentlich lieber auf den – ohnehin enorm macho- und klischeehaften – Showdown zwischen Euron und Jaime verzichtet. Ganz anders der Abschied zwischen Tyrion und Jaime zuvor, der für mich zu den Highlights der Folge zählte. Hier hat wirklich alles gepasst: Es war ein schöner Rückgriff auf frühere Ereignisse (Jaime in Ketten, bzw. die Spiegelung von Jaimes Besuch in Tyrions Zelle in Staffel vier), wunderbar gespielt, aufrichtig, berührend, verdient – und generell eine der leider wenigen Momente aus dieser Staffel, wo eine langjährige Entwicklung/Beziehung zu einem befriedigenden (und schlüssigen, überzeugenden) Abschluss geführt wurde. Aber auch der Einstieg hatte schon so seine Momente – nicht zuletzt, wie Tyrion seinen alten Freund, aus Loyalität zu seiner Königin, verrät, und Lord Varys daraufhin hingerichtet wird. Auch dies war ein tragischer Ausklang dieser langen Freundschaft, der von der Vorgeschichte zwischen den beiden enorm profitierte, und einem doch ein bisschen das Herz zerriss.

Was nun die abschließende Schlacht betrifft, sei festgehalten, dass Miguel Sapochniks inszenatorische Arbeit hier insgesamt einen besseren Eindruck auf mich machte, als bei "Die lange Nacht". Dort waren zwar die ganz großen Höhepunkte ebenfalls phantastisch inszeniert, diesmal verlor man jedoch (nicht zuletzt auch aufgrund des Tageslichts) nicht so schnell den Überblick. Es gab auch wieder einmal, in bester "Game of Thrones"-Tradition, ein paar sehr brutale Szenen, mit denen man die Schrecken des (mittelalterlichen) Krieges verdeutlichte. Ein Punkt, bei dem sich "Die Glocken", angesichts der ganzen zivilen Opfer, generell nicht zurückhält. Die Message ist klar: Der Krieg ist die Hölle – und diejenigen, die dabei den größten Preis zahlen, sind immer die unschuldigen Zivilisten, die in diesem Fall zwischen die Fronten zweier grausam-skrupelloser Tyranninnen geraten. Die letzte halbe Stunde war zudem, da man "Game of Thrones" generell, aber ganz besonders aufgrund des bevorstehenden Endes, so ziemlich alles zutraut – sprich, bei kaum einer Figur kann man sich des Überlebens zu sicher sein – überaus spannend. Die Produktionsqualität war ebenfalls wieder über jeden Zweifel erhaben, von den Sets über die Effekte bis hin zur Musik, und Miguel Sapochnik präsentiert hier einige zum Sterben schöne Einstellungen, sowie auch wieder ein paar nette "tracking shots", die ja so ein bisschen zu seinem Markenzeichen wurden – diesmal in erster Linie rund um Arya. Überhaupt: So ziemlich alles rund um Arya und den Hound konnte mir an der zweiten Hälfte von "Die Glocken" mit am Besten gefallen. Ich gebe zwar zu, auch Aryas Entwicklung hätten ein paar Episoden oder zumindest Szenen mehr gut getan. Mitte der letzten Folge bricht sie auf, um ihren Rachefeldzug endlich zu beenden, und auch den letzten Namen von ihrer Liste zu streichen (schon bei dieser Entscheidung waren wir leider nicht dabei, weil eine Staffel zuvor wendete sie sich ja bewusst von diesem Weg ab, um nach Hause zurückzukehren; was genau hat sich geändert?), hier jetzt kommen sie an, der Hund redet ihr kurz gut zu, und schon dreht sie sich wieder um und geht weg. Ein bisschen plötzlich kam das schon. Dennoch war's grundsätzlich ein schöner Moment, und sorgte zugleich dafür, dass Arya im nachfolgenden Chaos und der Verwüstung quasi unser POV-Charakter wurde (hier folgten D&D somit fast schon dem klassischen Aufbau der Bücher).

Episodenbild (c) HBO Aber auch jene Fans, die seit Mitte der ersten Staffel auf den großen Showdown zwischen Sandor und Gregor warteten (aka "Cleganebowl"), kamen hier nun auf ihre Kosten. Ihr Kampf war, in dieser fast schon postapokalyptischen Umgebung, schön gestaged, und lief ebenfalls angenehm (?) brutal ab – allerdings waren sowohl das Duell an sich als auch dessen unmittelbarer Ausgang schon ein bisschen vorhersehbar, was dem Ganzen dann auch wieder etwas an Wirkung beraubte. Dennoch würde ich das durchaus noch zu den Highlights der Folge zählen. Noch mehr hatten es mir aber die Abenteuer von Arya angetan. Einzig das Zusammenschneiden der beiden, bzw. die Parallelen in ihren Körperbewegungen (Arya bei der Flucht, Sandor im Kampf) fand ich aufgesetzt. Ansonsten waren da aber einige starke Momente darunter – nicht zuletzt, wenn es Arya nicht gelingt, jene Frau, die ihr zuvor das Leben rettete, zu retten (wobei ich da wiederum sagen muss, dass der Tod von ihr und ihrer Tochter leider sehr vorhersehbar waren; im ersten Moment, wo man sie näher sah, war's eigentlich klar, dass die draugehen werden). Vor allem aber die Nachwehen der Schlacht hatten es mir angetan. Wie sich Arya aus dem Schutt erhebt, umgeben von Verwüstung, Ruinen und Leichen, und dann plötzlich das einsame Pferd entdeckt. Das hatte fast schon etwas Magisches.

Leider aber, ich habe es zu Beginn meines wieder einmal überaus langen Reviews schon erwähnt, gab es einen Punkt, der mir "Die Glocken" doch ansatzweise verdorben hat, und das ist Danys Fall. Hierzu sei gleich einmal gesagt, dass mein Problem weniger in dem liegt, was hier passiert. Zwar verstehe ich grundsätzlich jede(n), der/die sich von der Entwicklung hier verraten fühlt. Immerhin war Daenerys mehr als einfach nur ein Fan-Liebling, vielmehr war die Figur ein Vorbild für viele (gerade auch, wenn auch bestimmt nicht ausschließlich) Frauen da draußen. Anfänglich wie ein Stück Ware von ihrem Bruder verkauft, wurde sie zunehmend Herr (bzw. Frau) ihres eigenen Lebens, scharrte Anhänger um sich, gewann an Macht, und trat zuletzt an, um die ganze Welt zu erobern. Und ich gebe zu, auch wenn ich verstehen kann, warum sich D&D hier für diese Entwicklung entschieden haben, aus rein dramaturgischer Sicht, verstehe ich auch jede/n, der was hier passiert als enormen Rückschritt für die Serie empfindet. Lange Zeit schien diese nämlich eine durchaus feministische Agenda zu vertreten – die hier nun leider völlig verraten wird, als man Dany, wie im Review zur letzten Folge ja schon angekündigt, als zu "irrational" offenbart, um zu herrschen/führen. Nichtsdestotrotz muss man anmerken, dass die Entwicklung grundsätzlich in bester "Game of Thrones"-Tradition steht, dahingehend, mit der Erwartungshaltung des Zuschauers zu brechen, und die gängigen Klischees des Fantasy-Genres zu untergaben. So gesehen sage ich, vom Grundsatz her, kann ich die Entscheidung nachvollziehen, und finde ich es ok. Allerdings: Das "Wie" hat für mich leider überhaupt nicht funktioniert. Nun gibt es einige, die schon lange die "Mad Queen"-Theorie verfolgen. Ich persönlich muss gestehen, diese zwar gekannt, bislang in der Serie aber keine Anzeichen in diese Richtung gesehen zu haben. Vielleicht ist es in den Büchern anders (ich kenne erst die ersten beiden), aber… da können noch so viele Leute in den diversen Sozialen Medien behaupten "Wen diese Entwicklung überrascht hat, der hat in den Staffeln zuvor nicht aufgepasst" – für mich wollte es zu Daenerys, so wie sie bislang dargestellt wurde, absolut nicht passen.

Episodenbild (c) HBO Natürlich ist sie in der Vergangenheit auch bereits hart und skrupellos, ja vielleicht sogar grausam, vorgegangen. Allerdings: Bislang richteten sich ihre entsprechenden Aktionen immer nur gegen jene, die ihr oder anderen Unschuldigen Unrecht oder Unheil antaten – und waren somit von einem Sinn nach Gerechtigkeit geprägt – bzw. gegen Soldaten, die sich gegen sie stellte. Man mag mit Danys "Auge um Auge, Zahn um Zahn"-Mentalität nicht einverstanden sein, und mag es übertrieben finden, zwei geschlagene Anführer die ihr nicht die Treue schwören wollten bei lebendigem Leib zu grillen – allerdings kann ich persönlich in keiner dieser Taten Wahnsinn erkennen. Es waren immer rationale, wohl überlegte, logisch getroffene Entscheidungen. Ganz anders hier, wo sie plötzlich aus mir absolut nicht nachvollziehbarem Grund beschließt, die Kapitulation nicht anzuerkennen, und vielmehr die gesamte Stadt in Schutt und Asche zu legen. Vor allem aber: Neben ihrem Wunsch nach dem Eisernen Thron schien die Rettung bzw. der Schutz Unschuldiger bisher ihr größter Antrieb zu sein. Tatsächlich pausierte sie ihren Kampf um den Thron erst kürzlich, und riskierte ihre komplette Armee, und ihr eigenes Leben, um den Nachtkönig und seine Untoten zurückzudrängen.

Dass sie hier jetzt auf einmal ohne Not und aus reiner Grausamkeit Unschuldige ermordet, stellt für mich nicht einfach nur einen Bruch, sondern eigentlich schon eine Ermordung ihres Charakters dar. Emilia Clarke tut ihr möglichstes, um dem Zuschauer diese Entwicklung plausibel zu machen. An ihr lag es nicht. Aber mir persönlich war das einfach viel zu plötzlich und willkürlich. Ganz ganz vielleicht, wenn Cersei Missandei erst in dieser Folge – nämlich genau an dieser Stelle – vor Danys Augen getötet hätte. Selbst dann wäre es immer noch ziemlich weit hergeholt gewesen, aber als reine Affekthandlung hätte ich es vielleicht noch akzeptieren können. Vor allem auch, wenn sie direkt auf den Roten Bergfried losgeflogen und auch wirklich nur diesen zerstört (und dabei eben den Tod Unschuldiger in Kauf genommen) hätte. Aber nicht so. Hier haben wir leider eine Charakterentwicklung, die nur deshalb da ist, weil das Drehbuch sie erfordert. Benioff und Weiss brauchten für den von ihnen gewünschten Verlauf ihrer Geschichte, dass Dany King's Landing niederbrennt, und deshalb tut sie das auch. Logisch aus der Geschichte heraus ergibt es sich nur leider – zumindest für mich – überhaupt nicht. Und als Konsequenz daraus haben leider viele Szenen, die darauf aufbauten, nach dem guten alten "Früchte des vergifteten Baumes"-Prinzip, auch nicht mehr wirklich funktioniert. Weil das einfach alles konstruiert und erzwungen wirkte, statt natürlich, logisch, nachvollziehbar und "verdient". Und dafür, bzw. auf diese Weise, eine der populärsten Figuren auf dem Altar der Plotentwicklung zu opfern, ist nun wirklich eine Schande. Jedenfalls muss ich gestehen, dass vor allem diese letzten beiden Episoden meine "Game of Thrones"-Euphorie erheblich gebremst haben. Bezeichnend: Während ich mir die ersten Folgen immer gleich Dienstag am Abend (ich schaue die Serie auf Amazon Prime) angesehen habe, ließ ich mir diesmal bis Mittwoch Zeit. Und wo ich zu Beginn der Staffel doch tatsächlich noch darüber nachdachte, mir am 21.05. extra frei zu nehmen, um die letzte Folge dann gleich in der Früh schauen zu können, ist davon mittlerweile keine Rede mehr. Nicht zuletzt, als momentan alles auf "Jon landet auf dem Thron" hinauszulaufen scheint – was so ziemlich das uninteressanteste Ende wäre, dass ich mir für "Game of Thrones" vorstellen kann.

Fazit: Episodenbild (c) HBO Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Dies gilt nicht nur für einige der Figuren hier – insbesondere Varys, Jon, Tyrion, und, zumindest früher, auch Dany – sondern vor allem auch die beiden Serienschöpfer David Benioff & D.B. Weiss. Bei aller berechtigter Kritik an der Entwicklung der achten Staffel, und aller verständlicher Enttäuschung in Fankreisen (und auch bei mir) muss ich sagen, dass ich die beiden um die Aufgabe, vor der sie hier standen, nicht beneide. Als sie mit "Game of Thrones" begannen, hatten sie nicht nur eine reichhaltige Vorlage, die sie "nur" adaptieren mussten (was ihnen aus meiner Sicht lange Zeit phänomenal gelungen ist) – und konnten nicht wissen, dass sich GRRM mit den beiden abschließenden Bänden so lange Zeit nehmen und ihnen somit das Material ausgehen würde – sondern hätten wohl nie zu Träumen gewagt, dass ihre kleine Fantasy-Serie zu einem derartigen globalen Phänomen werden würde. Dementsprechend hoch war der Druck, der auf ihnen lastete, und sie tun mir insofern leid, als sie natürlich das Ende nicht absichtlich in den Sand setzen. Was aber halt nur leider auch nichts daran ändert, dass sie aus der Sicht von mir, und vielen anderen, gerade dabei sind, einen ähnlichen Scherbenhaufen zu hinterlassen, wie Dany es in dieser Folge tut. Insofern kann die abschließende Einstellung von Arya in den Ruinen von King's Landing durchaus als Symbolbild für D&D und ihre Serie herangezogen werden.

"Die Glocken" wurde mir dabei in erster Linie von der – für mich – völlig aus dem nichts kommenden und absolut nicht nachvollziehbaren 180°-Wendung bei Danys Charakter verdorben. Es gab davon abgesehen noch ein paar weitere Dinge, die man kritisieren könnte (so war z.B. alles rund um Jaime viel zu überhastet), zugleich aber auch einige Momente, die bei mir grundsätzlich sehr gut funktioniert haben, wie das Lebewohl wischen Tyrion und Jaime, Aryas "Abenteuer" während der Schlacht, Cleganebowl, oder auch die tragische Entwicklung rund um Tyrion und Lord Varys gleich zu Beginn. Und doch wird letztendlich alles andere für mich von diesem einen Moment überschattet, als Dany, anstatt die Kapitulation anzunehmen, sich vielmehr in die Lüfte erhebt und beginnt, King's Landing niederzubrennen. Es mag insofern passen und nur logisch und konsequent sein, als "Game of Thrones" ja – so wie GRRMs Saga, auf der die Serie basiert – mit dem Ziel antrat, mit den gängigen Klischees und Regeln klassischer Fantasy-Heldenepen zu brechen. Aber gerade auch, wenn es um einen derartigen Publikumsliebling geht, die für viele (junge und ältere) Frauen Vorbildcharakter hatte, muss ich eine solche Entwicklung besser vorbereiten/begründen, damit sie nachvollziehbar wird. Man mag ihr Vorgehen in der Vergangenheit auch schon mal unnötig hart, vielleicht sogar grausam, gefunden haben. Aber noch nie hat sie unschuldige Zivilisten angegriffen, oder auch völlig ohne Grund getötet. Hier tut sie auf einmal Beides zugleich – weil es das Drehbuch von ihr verlangt. Für mich ein Verrat an ihrer Figur – und ähnlich "out of character", als wenn es bei "Infinity War" gelungen wäre, Thanos den Handschuh abzunehmen, Captain America ihn sich angezogen und daraufhin er es gewesen wäre, der mit dem Finger schnippt. Zwischen ihren früheren Taten und dem, was sie hier macht, liegt einfach ein derart weiter Weg, der sich für mich nicht allein durch Missandeis Tod – der zudem zu diesem Zeitpunkt auch schon wieder eine halbe Folge her war – oder Jons Zurückweisung rechtfertigen/erklären lässt. Und eben diese Konstruiertheit schmälert letztendlich auch alles, was danach kommt – so handwerklich makellos, mitreißend und teilweise richtiggehend erschütternd es grundsätzlich auch gewesen sein mag – weil es sich nicht natürlich, logisch und/oder verdient anfühlt.

Wertung: 2.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © HBO)

"Game of Thrones" ist über Sky X verfügbar.




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